Brad Pitt macht jetzt Kunst. Das dürfte sich herumgesprochen haben. Im finnischen Tampere stellt er diese aus – zum Beispiel Kerzenständer aus Porzellan (er hat die Porzellangestalterei während des Lockdowns entdeckt). Daneben hausförmige Glasklötze, die inwendig zerschossen sind. Titel: «Selbst zugefügte Schusswunden am Haus». Inhalt: das zerstörte Zuhause, die traumatischen Folgen der Scheidung von Angelina Jolie, Verlust familiärer Geborgenheit etc.
Oder ein Fries, auf dem Männer zu sehen sind (ihre Körper sind dem natürlich perfekt konturierten Künstlerkörper nachempfunden), die sehr aggressiv aufeinander losgehen, die einen mit, die anderen ohne Waffen. Was will uns Brad Pitt damit sagen? Ist es etwa ... sein Kampf mit den eigenen Dämonen?
This is Brad Pitt's debut sculptural art from a recent exhibition in Europe. Actually shockingly good lol. pic.twitter.com/rZdabQa1jr
— 🆖 (@NathanGuergis) October 11, 2022
Neben den Werken von Pitt finden sich in dem Museum auch andere. Archaische Skulpturen des britischen Bildhauers Thomas Houseago, etwa ein bandagiertes Skelett. Da offenbart sich ein Angeschlagener. Und: Keramik von Nick Cave. 17 kitschige kleine Teufelsfigürchen. «Ich habe Hunderte davon», sagt Cave jetzt im Magazin der «Financial Times», sie seien für ihn «eine Reise zu einer Art Freisprechung von einer Reihe niederschmetternder Ereignisse». Auch Pitt geht es um «eine radikale Inventur des Selbst, darum, brutal ehrlich mit mir zu sein und alle zu berücksichtigen, die ich verletzt haben könnte».
I know everyone else was looking at Brad Pitt on today’s @ftweekend HTSI cover, but my eyes were stuck on the grey concrete, bcs it is in Tampere,
— Heli Suominen 🇫🇮 (@helisuominen) October 15, 2022
Finland! @VisitTampere #art @SaraHildenArt pic.twitter.com/WtEYfMkoqc
Die drei haben sich in einer Art Therapiegruppe der Schmerzensmänner gefunden. Wollen gemeinsam über Süchte, Trennungen und Verluste hinwegkommen. Pitts Scheidung, Nick Caves verstorbene Söhne, Houseagos Erkenntnis, dass er als Kind missbraucht wurde. Pitt hat die beiden anderen vor sechs Jahren zusammengebracht und jetzt verbringen sie jede freie Minute gemeinsam, finden sich sehr, sehr gut und sagen einander öfter «I love you».
«Unser gegenseitiges Elend wurde komisch», sagt Pitt, «und aus diesem Elend heraus kam eine Flamme der Freude in mein Leben.» Gelegentlich gesellen sich Gesellen wie Regisseur Spike Jonze und Flea von den Red Hot Chili Peppers dazu.
“Our mutual misery became comic,” Brad Pitt tells Victoria Woodcock in this weekend's cover story, which steps inside the new art collective formed by Pitt, Nick Cave, and Thomas Houseago. “And out of this misery came a flame of joy in my life.” pic.twitter.com/3jrtpsiynz
— PlanBEntertainment (@BradPittPlanB) October 18, 2022
«Wir sind bloss drei Dudes, die zusammen was machen», sagt Houseago und spricht davon, dass er selbst die Zeit zu dritt als «Wiedergeburt» betrachtet. Cave erzählt, wie er am Morgen in die Küche des Hauses am See, wo sie die «Financial Times» empfangen, gegangen sei: «Ich mache Kaffee, in Unterwäsche, und sehe, dass Brad da sitzt. Er beginnt, Gitarre zu spielen und singt einen meiner Songs für mich – ‹Palaces of Montezuma› –, und dann kommt Thomas im Pyjama und singt mit.» Bromance galore.
True bromance: Brad Pitt, Nick Cave and Thomas Houseago @SaraHildenArt’s ”WE” showing until 15 Jan 2023 in @Tamperekaupunki, Finland. https://t.co/fXbcZSEeSa #art
— Ilkka Tomperi (@ITomperi) October 17, 2022
Pitt wiederum schwärmt von Nick Caves unnachahmlicher Eleganz und davon, wie er sich nur bei seinen Freunden richtig gehen lassen und sich selbst sein könne. Cave erzählt, wie er Gedichte für Houseago schreibt, wenn dieser eine Schaffenskrise hat, und dafür von ihm regelmässig mit kleinen Zeichnungen bedacht wird.
Es ist alles sehr, sehr rührend. Und ganz wie in einer Therapiegruppe von Normalsterblichen, die sich den Frust von der Seele reden, während die Töpferscheiben surren oder die Gipsverbände an einem Holzskelett trocknen. Mit ein paar kleinen Unterschieden in Sachen Multimillionen und Fame natürlich.
Man ist vielleicht versucht, zu spotten. Andererseits ist man einfach nur froh, dass man sich lächerlich machen darf, ohne dass einem die Welt dabei zusieht