Der Frühling steht vor der Tür und mit ihm auch die Frühlingsgefühle. Sich zu verlieben, ist für viele Menschen das Schönste, was sie in ihrem Leben erfahren. Für einige ist das Verlieben jedoch die reinste Qual. Das sind meist Menschen, die an Limerenz leiden.
Bereits Johann Wolfgang von Goethe schrieb in seinem Roman «Die Leiden des jungen Werther» von einer limerenten Beziehung. Nun hat der Begriff auch die sozialen Medien erreicht. So teilen auf TikTok unzählige User ihre Geschichte mit Limerenz und wie sie darunter leiden. Was Limerenz ist und wie es entsteht, erfährst du hier:
Erstmals wissenschaftlich über Limerenz schrieb die Psychologin Dorothy Tennov in ihrem Buch «Love and Limerence». In den 1970er-Jahren interviewte sie dazu über 500 verliebte Personen. Dabei fiel ihr eine besondere Art der Verliebtheit auf: ein überwältigendes und irrationales Verlangen nach Aufmerksamkeit von einer anderen Person. Sie bezeichnet das Phänomen als Limerenz.
Auf Deutsch bedeutet das so viel wie «obsessive Verliebtheit». Die Person der Begierde bezeichnet man als das «limerente Objekt» und die Betroffenen als «limerente Person». Limerenz ist grundsätzlich keine psychische Störung. Jedoch gibt es Parallelen zur Zwangserkrankung und zur Suchterkrankung.
Geprägt ist Limerenz durch Merkmale, die man vom «normalen» Verliebtsein auch kennt. Bei Limerenz sind die Symptome jedoch sehr stark ausgeprägt und die Betroffenen leiden meist darunter.
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In ihrem Buch schreibt Dorothy Tennov von drei Phasen der Limerenz:
Verliebtheit: Die erste Phase ist durch die typischen Symptome von Limerenz gekennzeichnet. Dazu gehören körperliche Symptome wie Erröten oder Herzklopfen. Dazu kommt Aufregung, zwanghaftes Denken, Besessenheit, sexuelle Erregung und die Angst vor Ablehnung. Hier kann die Unerreichbarkeit des limerenten Objekts zur Verstärkung dieser Symptome führen.
Kristallisation: In der zweiten Phase beginnt die Idealisierung des limerenten Objekts. Betroffene sind total begeistert und der Crush scheint ohne Fehler zu sein.
Verfall: In der dritten Phase kommt dann die Ernüchterung. Meist begreift man hier, dass die eigene Obsession nicht gesund ist. Hier kann ein Gefühl von Verlust oder grosser Trauer eintreten.
Wer an Limerenz leidet, macht sich und den Selbstwert von der anderen Person abhängig. Dabei kann man nicht auswählen, wer zu einem limerenten Objekt wird. Es können Bekannte sein, aber auch Fremde, die gar nicht von der Existenz der limerenten Person wissen. Besonders schlimm wird es dann, wenn das limerente Objekt die limerente Person «am Haken» behält. So kann es sein, dass die Betroffenen jahrelang abhängig sind.
Auf Reddit diskutierten einige User, dass Joe Goldberg von der Hitserie «You» eine limerente Person ist. Auch wenn dieser viele Merkmale von Limerenz aufweist, gehören Stalking und Verbrechen nicht zu den Symptomen.
Zwischen echter Verliebtheit und Limerenz gibt es einen bedeutenden Unterschied. Während es bei richtiger Verliebtheit darum geht, eine Person kennenzulernen und eine Verbindung einzugehen, ist Limerenz primär durch die Jagd und das Verlangen nach jemandem geprägt. Limerenz schleicht sich zudem nach einiger Zeit aus. Hier kommt es oft vor, dass die betroffene Person das Interesse verliert, sobald das limerente Objekt anfängt, Interesse zu zeigen.
Den Auslöser für Limerenz findet man meist in der Kindheit. Wenn etwa eine unsichere Bindung mit den Eltern besteht und immer um Aufmerksamkeit und Zuneigung gekämpft werden musste. Es können aber auch andere Traumata der Grund dafür sein. Meist haben Betroffene auch Bindungsprobleme und können keine richtigen Liebesbeziehungen eingehen.
Besonders oft sind Menschen mit ADHS von Limerenz betroffen. ADHSler entwickeln oft einen Hyperfokus auf ein besonderes Thema. Dieser Hyperfokus kann auch auf Menschen gerichtet werden und wird dadurch zu Limerenz. Wie das ADHS-Fachmagazin Additudemag schreibt, schüttet ein ADHS-Hirn weniger Dopamin aus. Durch ein limerentes Objekt wird der Ausschuss jedoch angekurbelt. So können Menschen mit ADHS regelrecht süchtig nach ihrem limerenten Objekt werden.
Wie die Sexualtherapeutin Cate Mackenzie gegenüber Brides bestätigt, kann man gegen Limerenz vorgehen. «Unter der Limerenz verbirgt sich die Angst, mit sich selbst alleine zu sein. Meist fehlt hier die Selbstliebe», so die Psychologin. «Dies kann sich ändern, wenn man Grenzen setzt und Verhaltensregeln festlegt, um sich selbst besser zu behandeln. Das bedeutet: auf seine Ernährung achten, sich ausruhen, seine Freundschaften pflegen, Sport treiben, schlafen und sich um seine Grundbedürfnisse zu kümmern.»
Unsere Gesellschaft muss aufhören zu erwarten, dass Teenager ständig perfekt angepasst sein sollen. Wer war das schon?!
Die beschriebenen Verhaltensmuster "haben mich auch schon überkommen".
Ich hab es unter "interessante Gefühlsachterbahn" verbucht.
Der Zusammenhang "Limerenz und ADHS" macht total Sinn. Mein adhs bzw meine Neurodiversität macht mich tendenziell schwermütig bis hin zur echten Depression. Die hier beschriebene Limerenz und der dabei von mir erlebte Gefühlscocktail hat mich hormonell durch schwierige Zeiten getragen. So jedenfalls habe ich meine Gefühle damals empfunden.