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Songtexte werden laut Studie immer einfacher und selbstbezogener

Songtexte werden laut Studie immer einfacher und selbstbezogener

Einfacher und zorniger: In diese Richtung hat sich westliche Popmusik in den vergangenen Jahrzehnten laut einer grossen Studie entwickelt.
29.03.2024, 07:2229.03.2024, 11:32
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Forscherinnen und Forscher in Österreich und Deutschland werteten Texte von mehr als 350'000 englischsprachigen Liedern aus, um diese Trends aufzuzeigen. Frühere Untersuchungen zu einzelnen Aspekten von populärer Musik seien zwar zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, doch nun sei eine Reihe von verschiedenen Genres über einen langen Zeitraum ausgewertet worden, heisst es in der Studie, die im Fachblatt «Scientific Reports» veröffentlicht wurde.

Die spartenübergreifende Analyse von Rap-, Country-, Pop-, Rock- und R&B-Songs zwischen 1980 und 2020 zeigte, dass die Struktur der sogenannten Lyrics immer simpler geworden ist. Text-Elemente werden häufiger wiederholt, Refrains nehmen einen grösseren Raum ein, und das verwendete Vokabular ist einfacher geworden, wie Mitautorin Eva Zangerle von der Universität Innsbruck der Nachrichtenagentur DPA erklärte.

Musik hören
Beim Musik hören begegnet man laut Studie häufiger einfacheren Songtexten.Bild: Shutterstock

Erste Sekunden entscheidend

Warum Songs heute mit einfacheren Mitteln schnell auf den Punkt kommen und diesen dann immer und immer wiederholen, wurde nicht untersucht. Doch laut Zangerle könnte die Entwicklung auch damit zusammenhängen, wie Lieder heute online gestreamt und konsumiert werden.

«Die ersten 10 bis 15 Sekunden sind entscheidend», sagte sie der dpa. «Je öfter ich einem Text ausgesetzt bin, desto mehr wird er zum Ohrwurm.» Musikschaffende produzierten ihre Songs so, dass sie möglichst oft «gestreamt, geklickt und gesehen werden», sagte Co-Autorin Elisabeth Lex von der Technischen Universität Graz. Musik werde im Alltag mittlerweile auch oft nur als akustischer Hintergrund konsumiert, so Lex, die wie Zangerle zu Algorithmen von Online-Plattformen forscht.

Mehr Emotionen beim Rap

Konkrete Künstlerinnen und Künstler wie die aktuellen Superstars Taylor Swift oder Miley Cyrus wurden in der Studie nicht einzeln analysiert. Das wäre «cherry picking», also Rosinenpickerei, sagte Zangerle. Stattdessen wurden Erkenntnisse aus riesigen Datenmengen gewonnen.

Über alle Genres hinweg seien die Texte zorniger geworden, heisst es in der Studie. Zudem deuten die Daten darauf hin, dass bei Rhythm-'n'-Blues-, Pop- und Country-Musik der Anteil an positiven Gefühlen abgenommen habe, während in der Rap-Musik Emotionen heute eine grössere Rolle spielten als noch vor einigen Jahrzehnten. «Emotion erzeugt immer Aufmerksamkeit», sagte Lex.

Zangerle wies darauf hin, dass neben Marketing-Aspekten auch globale oder gesellschaftliche Entwicklungen eine Rolle spielen könnten. «Die allgemeine Stimmung ist vermutlich gefühlt schlechter geworden», sagte sie. (sda/dpa)

«Spiegel der Gesellschaft»

«Was wir in den letzten 40 Jahren erlebt haben, ist eine drastische Veränderung der Musiklandschaft – von der Art und Weise, wie Musik verkauft wird, bis hin zur Art und Weise, wie Musik produziert wird», betonten die Forschenden. Die Musik sei ein «Spiegel der Gesellschaft» und drücke aus, wie sich kulturelle Werte, Gefühle und Sorgen über die Zeit veränderten.

Vorherige Untersuchungen hätten zudem ergeben, dass Menschen heute Musik eher im Hintergrund hörten, sagte Zangerle. Auch deshalb seien Songs mit sich wiederholenden Texten beliebter. (saw/sda/afp)

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ökonometriker
29.03.2024 08:33registriert Januar 2017
Wäre interessant, eine derartige Studie auch über Zeitungstexte zu machen. Was würde man wohl da finden?
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