John Lennon hat also einen Liebesbrief geschrieben. Von Hand und auf Papier. Vier Seiten lang. Früher machte man das noch so. Er schrieb ihn zwischen dem 19. und 24. April 1962 in Hamburg, wo die Beatles im Star Club mehrere Konzerte spielten.
Der Brief, der am 9. Juli im Auktionshaus Christie's in London versteigert wird (die erwartete Summe liegt bei 44'000 Franken), behandelt, so die Zusammenfassung der CNN, drei Themen:
Die 19-jährige Cynthia Powell und der 18-jährige John Lennon verliebten sich 1958 in einer Kalligraphie-Klasse der Kunsthochschule in Liverpool. Er vergass ständig sein Schreibwerkzeug zuhause und lieh sich welches bei ihr aus, sie färbte sich ihre Haare blond, nachdem er einmal von Brigitte Bardot geschwärmt hatte, mit Erfolg.
Als John ihr 1962 aus Hamburg schreibt, sind die beiden jung, verliebt und ein ziemlich normales Paar, die Beatlemania wird erst ein Jahr später einsetzen, noch hat John die Idee, einfach auf der Bühne einen Job zu machen und danach zu seiner Freundin heimzukehren.
Die von Christie's freigegebene Stelle, die jetzt überall als «versaut» bezeichnet wird, lautet: «Ich liebe, liebe, liebe dich und vermisse dich wie verrückt ... Ich wünschte, ich wäre auf dem Weg zu deiner Wohnung mit der Sonntagszeitung und Pralinen und einem Ständer! Oh ja!»
John und Cynthia heirateten im August 1962, Cynthia war schwanger. Doch Lennons Fame, sein Drogenkonsum und Yoko Ono führten dazu, dass sie sich 1968 scheiden liessen.
«Paul hüpft auf meinem Kopf herum (er liegt in einer Koje über mir und schnarcht).»
Zudem muss er Cynthia unbedingt davon abhalten, mit Pauls damaliger Freundin Dot Rhone zusammenzuziehen, das möchten die beiden Frauen nämlich: «Mir gefällt der Gedanke nicht, dass Dot dauerhaft bei dir einzieht, denn wir könnten nie wirklich allein sein», schrieb er. «Stell dir vor, sie wäre immer da, wenn wir im Bett sind – und stell dir vor, Paul käme immer – und vor allem, wenn ich nicht da wäre.»
Am 10. April starb der 21-jährige Beatles-Bassist Stuart Sutcliffe in Hamburg, wo er Kunst studierte, an einer Hirnblutung. In seinem Brief an Cynthia beschreibt Lennon seine Angst vor einem Wiedersehen mit Sutcliffes Verlobter, die ebenfalls in Hamburg lebte: «Ich habe Astrid seit dem Tag, an dem wir angekommen sind, nicht mehr gesehen. Ich habe darüber nachgedacht, sie zu besuchen, aber das wäre so peinlich», schrieb er.
Jung, verliebt, eifersüchtig, konfliktscheu, das ist der ziemlich normale Eindruck, den Lennon in seinem ziemlich normalen Brief hinterliess.
(sme)