Harvey Weinstein gilt als Auslöser der #MeToo-Debatte – der weltbekannte Filmemacher soll zahlreiche Frauen während seiner Karriere sexuell belästigt und vergewaltigt haben. In New York stand er deswegen bereits vor Gericht und wurde zu 23 Jahren Haft verurteilt – das Urteil will er nun anfechten.
Doch zuerst folgt noch ein Prozess in Los Angeles. Hier wird er in elf Fällen von fünf verschiedenen Frauen beschuldigt, sie sexuell belästigt oder vergewaltigt zu haben. Drei der mutmasslichen Opfer werfen ihm Vergewaltigung vor, weitere zwei soll er zwischen 2004 und 2013 in Hotels in und rund um Beverly Hills sexuell belästigt haben. Weinstein plädiert in allen Anklagepunkten auf unschuldig.
Der Prozess in Los Angeles sollte eigentlich am 10. Oktober beginnen. Aber: Im November wird «She Said» erscheinen. Der Film handelt von den zwei «New York Times»-Reporterinnen, die Weinsteins lange Geschichte von sexuellen Übergriffen aufdeckten. Deswegen forderte einer seiner Anwälte, Mark Werksman, dass der Prozess aufgrund des Medienrummels um den Film auf Januar 2023 verschoben werde.
Mark Werksman argumentiert damit, dass die Jury möglicherweise den Film sehen könnte und deswegen ein voreingenommenes Urteil fällen würde. Er sagte zu der Richterin, der Film könnte für schlechte Publicity sorgen und seinen Klienten in ein schlechtes Licht rücken. Hinzu kommt, dass «She Said» von Hollywood-Ikone Brad Pitt produziert wird. «Es wird Plakate, Werbung und Druck aus den sozialen Medien geben. Und gerade Brad Pitt zieht mit allem, was er tut, sehr grosse Aufmerksamkeit auf sich – es ist also garantiert, dass dies für die Öffentlichkeit eine grosse Sache wird», so Anwalt Werksman.
Die Richterin liess seinen Antrag abblitzen, mit der Begründung, dass es wohl kaum eine Zeit geben werde, in welcher die Berichterstattung der Medien nicht möglicherweise einen Einfluss auf die Jury haben könne. «Es liegt in meiner Hand, die Juroren zu instruieren, sich den Film nicht vor dem Prozess anzusehen.» Wenn sie warte, bis «She Said» herausgekommen sei, habe sie potenziell Juroren, die den Film bereits gesehen hätten.
Bevor die Anhörung zu Ende war, äusserten Weinsteins Anwälte noch eine weitere Bitte: Das Gericht solle sich dafür einsetzen, dass der Angeklagte vor seinem Prozess eine Zahnbehandlung erhält, die seine «fehlenden und verrotteten» Zähne ersetzt. Werksman argumentierte, er wolle nicht, dass die Jury Weinstein ansehe und dabei denke, er sei bedürftig und ungepflegt.
Die Richterin versicherte, sie würde das Gefängnis anfragen – garantieren könne sie jedoch nichts, denn Weinstein brauche ihrer Meinung nach nicht zwingend eine Zahnbehandlung.