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Babygirl: Nicole Kidmans erotische Unterwerfungs-Fantasien im Kino

This image released by A24 shows Antonio Banderas, left, and Nicole Kidman in a scene from "Babygirl." (Niko Tavernise/A24 via AP)
Eine viel zu normale Ehe – zum Glück gibt's Porno-Videos! Antonio Banderas und Nicole Kidman in «Babygirl». Bild: keystone
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Leck meine Milch! In «Babygirl» feiert Nicole Kidman die erotische Unterwerfung

Was ist denn das? Eine Soap? Ein Thriller? Ein Ehedrama? Auf jeden Fall eine neue Lektion darüber, dass Erniedrigung sexuelle Erlösung sein soll.
29.01.2025, 14:1929.01.2025, 16:31
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Der Unterschied zwischen «Babygirl» und «Fifty Shades of Grey»? Ist einfach. In «Fifty Shades» ist der Mann steinreich und muss einer jungen Frau, die auf einer finanziellen Skala mindestens eine Milliarde Dollar unter ihm steht, klarmachen, dass körperliche Unterwerfung den Sex erst sexy macht. In «Babygirl» ist die Frau steinreich und benutzt einen viel jüngeren und im Vergleich zu ihr geradezu mittellosen Praktikanten, um sich von ihm erniedrigen zu lassen.

In beiden Fällen gilt: Erst die erniedrigte Frau kommt zum Orgasmus. Und ein wirtschaftliches Gefälle zwischen den beteiligten Partien ist das beste Gleitmittel. Und in beiden Fällen gilt auch: Es handelt sich dabei um Fantasien von Frauen. Von Schriftstellerinnen, Drehbuchautorinnen, Regisseurinnen. Sie nennen es Befreiung, Tabubruch, Provokation. Provokation? Echt? Für wen genau? Klöster?

Doch vor allem sagen diese beiden überaus trashigen, soapigen Fiktionen, dass den Fantasien wirklich keine irgendwie korrekten Grenzen gesetzt sein müssen. Dass Fiktion restlos alles darf und gar nichts mit Alltagskompatibilität zu tun haben muss. Hauptsache, die Produktionsbedingungen sind jetzt ganz andere als im vorgestrigen Herrenclub von Hollywood, der allzu oft versucht hat, aus Leinwandfantasien Realität werden zu lassen. Das kann man gelten lassen.

Trailer «Babygirl»

Und dann muss man eine Frau wie Romy (Nicole Kidman) in «Babygirl» von Regisseurin und Drehbuchautorin Halina Reijn ja auch einfach verstehen: Da ist sie CEO eines Robotikunternehmens, alles ist immer so künstlich in ihrem Alltag, sie selbst gleicht im Büro auch einem besonders ästhetisch gebauten Roboter, und Romy hat zwei Probleme – sie will nicht altern und sie will Orgasmen. Ersteres lässt sich durch regelmässige Eingriffe beheben. Zweites auch. Dummerweise nicht durch die Eingriffe ihres Ehemanns (Antonio Banderas), denn Romys Sexfantasien sind offenbar nicht ehebetttauglich. Romy will erniedrigt werden, extensiver Pornokonsum gibt ihr die nötigen Wichsvorlagen.

Romy will sich wenigstens beim Sex so richtig gehen lassen können und die Kontrolle abgeben, so, wie das vor ihr schon viele männliche Leinwand-Manager getan haben. Deshalb hat sie auch extra einen Regisseur geheiratet. Einen Mann, der Spezialist ist für unbefreite Frauen (er inszeniert Ibsen), der sich gewöhnt ist, Anweisungen zu geben, Gehorsam zu verlangen. Nur nicht von seiner Frau.

This image released by A24 shows director Halina Reijn, left, and Nicole Kidman on the set of "Babygirl." (A24 via AP)
So ein schickes Büro! Romy (Kidman) beim Arbeiten.Bild: keystone

Aber hey, da ist Praktikant Samuel (Harris Dickinson, das Model aus «Triangle of Sadness»), ein Mann, der weder vor Hunden noch vor Hierarchien Angst hat und Romy mit beidem schwer beeindruckt. Er ist der Richtige. Mit ihm spielt sie in schwiemeligen Hotels Herr und Hündin (man muss bei diesen sadomasochistischen Hunde-Analogien unweigerlich an Kidmans Einsatz in «Dogville» von Lars von Trier denken) oder leckt wie eine Katze auf allen Vieren Milch von einem Teller.

Zum Zuschauen sind solche Szenen öfter genauso cringe wie es die literarischen Sexfantasien von Miranda July in «All Fours» («Auf allen Vieren») zum Lesen sind. Es handelt sich dabei nicht zuletzt um Menopausen-Fiktion. Und für alle, die nicht wissen, wie sich die Psyche einer Frau im Umfeld von so einer Menopause anfühlt: wie in einer zweiten Pubertät. Genau da befindet sich nun Romy. Es lohnt sich schon, das Leben reifer Frauen für die Leinwand auszuloten, es finden sich da noch viele nicht erzählte Narrative.

Was dann mit ihr und Samuel geschieht, sei nicht verraten, Thriller-Elemente mischen sich in guter alter «Fatal Attraction»- und «Basic Instinct»-Manier in die Erotik-Soap, die Wirkung schwankt stets zwischen angenehm unterhaltsam und hochgradig albern, man kann nicht behaupten, dass dieser Film besonders gelungen sei.

Babygirl BABYGIRL - FILM STILLS. 2024 . USA. Nicole Kidman and Harris Dickinson in Babygirl - CA24 - a 2024 American erotic thriller film directed by Halina Reijn. It stars Nicole Kidman, Harris Dicki ...
Kidman und Dickinson in «Babygirl».Bild: www.imago-images.de
In this image released by Universal Pictures and Focus Features, Dakota Johnson, left, and Jamie Dornan appear in a scene from "Fifty Shades of Grey." The film is getting a big thumbs-down f ...
Dakota Johnson und Jamie Dornan in «Fifty Shades».Bild: AP/Universal Pictures and Focus Features

Nicole Kidman (57) spielt wieder einmal, was sie seit ein paar Jahren immer spielt und was sie zu einer der aktuell allerbeliebtesten Schauspielerinnen hat werden lassen: eine gediegene, attraktive, aber neurotische Lady über 50 mit mehr oder minder perversen sexuellen Neigungen und einem Hang zur Unsterblichkeit, also Gesichtsstraffung (was in «Babygirl» zum ersten Mal sehr ironisch thematisiert wird).

Ihr schönheitschirurgisches Team, das muss man neidvoll anerkennen, leistet zunehmend hervorragende Arbeit, auf der Dezember-Ausgabe der «Vanity Fair» war sie neben Zendaya zu sehen und wirkte keinen Tag älter als diese. Sie will das genau so, sie zieht das durch, sie triumphiert, man muss damit nicht einverstanden sein, aber sie fühlt sich sichtbar wohl damit. Demi Moore begegnet dem Hollywood-Unsterblichkeitswahn in «The Substance» mit dessen Demontage, Nicole Kidman mit einer offensiven Umarmung. Bei beiden schwingt zum Glück viel Witz mit.

Kidman gleicht einem schicken, wandelnden Anlageportfolio für Superreiche und das Publikum liebt sie trotzdem. Weil sie bei aller Gediegenheit keine Scham kennt, sondern sich immer von neuem lustvoll, absolut, mit Leib und Seele ihren Rollen hingibt. Selbstgewählte Unterwerfung eben.

«Babygirl» läuft ab dem 30. Januar im Kino.

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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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röstikartoffel
29.01.2025 14:45registriert Juli 2020
joah, trailer gesehen und gedacht: aaaaah Feministin findet Erfüllung bei submissivem Sex, wow, echt schockierend neu und provokativ
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Santacruz
29.01.2025 14:40registriert August 2021
"Ihr schönheistchirurgisches Team, das muss man neidvoll anerkennen, leistet zunehmend hervorragende Arbeit"

Ich lass das jetzt mal hier so stehen...
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Ebert vs. Siskel
29.01.2025 19:19registriert Oktober 2023
Das Wichtigste, was es dazu zu sagen gibt, ist, dass man Katzen keine Milch anbieten soll.
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