Der gestrige «Tatort» entführte die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Zürcher Kunstszene. Eine Künstlerin mit dem Namen «Kyomi» nutzt die Vulnerabilität von missbrauchten oder psychisch labilen jungen Menschen aus, um aus ihnen lebende Kunstwerke zu machen. Am Ende stellt sich heraus, dass die ganze «Tatort»-Geschichte, inklusive Mord und dessen Aufklärung, eine Inszenierung sein soll, von der – wie könnte es im Schweizer «Tatort» anders sein – letztlich ein lukrativer Gewinn erhofft wird.
Während der «Tatort» aus Zürich in den Schweizer Medien vor allem im Vorfeld gelobt wurde (so titelte die NZZ: «Schweizer Tatort: Es geht ja doch»), zeigt sich die deutsche Presse nicht überzeugt:
Die Idee einer exzentrischen Künstlerin, die fanatische Anhängerinnen und hingebungsvolle Bewunderer um sich schart, um aus ihnen lebende Kunstobjekte zu machen, findet man eine «originelle Grundidee». Trotzdem gibt die «Südwestpresse» dem Schweizer «Tatort» nur zwei von vier «Pistolen».
Das Fazit: Auch der dritte Fall des «gar nicht mal unsympathischen Frauenduos aus Zürich» könne nicht überzeugen und sei lediglich etwas für «echte Fans» des sonntäglichen Krimiabends.
Die «FAZ» findet den Film «überinszeniert». Die Figur der Kyomi hätte zwar Potenzial gehabt. In «Schattenkinder» sei aber alles «verwurstet» worden, was zum «Porträt der charismatischen Künstlerin als Schockrebellin taugt».
Die Süddeutsche bemängelt die emotionale Distanz, sieht aber grosses Potential im weiblichen Ermittlerteam:
Der «Spiegel» gibt «Schattenkinder» immerhin fünf von zehn Punkten. Trotzdem findet man:
«Die Welt» outet sich als Fan der «allmählichen Entstehung einer wunderbar prekären Kolleginnenfreundschaft»:
In Anspielung an die «morbide Kälte» dieser «Tatort»-Ausgabe schreibt die Zeitung:
Auch der «Stern» findet, die Kolleginnen harmonierten noch nicht perfekt, zu unterschiedlich seien die beiden Frauen. Das Fazit:
Das Online-Portal lobt zwar die das interessante Thema und die fesselnden Bilder, bilanziert aber trotzdem:
Die grosse «Zeit» ist weniger begeistert, das Duo Ott/Grandjean vermag nicht zu überzeugen – was vielleicht auch an der Synchronisation liege:
Die offenbar schlechte Synchronisation war denn auch das Hauptthema auf Twitter:
Habe den #Tatort heute nicht gesehen, lese bei #Twitter aber wieder von schlechter Synchro. Schade, wann lernt es die #Ard endlich, den Schweizer Tatort Mal so zu senden, wie er ist. Oder wenigstens auf Zweikanalton.
— Hoesi (@hoesijkg) March 13, 2022
Nichts gegen den Schweizer #Tatort, aber die Synchro ist und bleibt dort das schlimmste Verbrechen.
— Julian (@derjulian84) March 13, 2022
Dieser User auf Twitter war nicht der einzige, den die exzentrische Künstlerin an eine AfD-Politikerin erinnerte:
#tatort
— Güray Kişmir 🐦#fcknzs (@gKismir) March 13, 2022
Letzte Woche Aluhüte, diese Woche tätowiert Frauke Petri Objekte in der Schweiz..
Ich will einen normalen Tatort mit ner Leiche im See oder Wald, dann Ermittlung und Täter nach 90 Minuten gefasst.
Die Twitter-Community scheint sich zumindest beim letzten Punkt ziemlich einig zu sein:
Drei Dinge müssen Se sich merken: Spinat darf man nicht aufwärmen, Blut wäscht man mit kaltem Wasser aus und wenn der "Tatort" aus der Schweiz ist, schaltet man besser gar nicht erst ein.
— Renate Bergmann (@RenateBergmann) March 13, 2022
In Anspielung an den Showdown, bei der Kyomi versucht, sich und drei weitere Menschen zu verbrennen, meint dieser User:
Sich bei den Spritpreisen mit Benzin übergießen ist dekadent.#Tatort
— Zoerner (@thzoern) March 13, 2022
Dieser Zuschauer bilanziert gnadenlos:
Der letzte Schweizer #Tatort, den ich angeschaut habe - ich schwör‘s. Alle Chancen aufgebraucht.
— Ralf Wiegand (@rtwSZ) March 13, 2022
Kein Verständnis für die lobenden Worte der Schweizer Presse zeigt dieser User:
Was mich besonders irritiert ist der Umstand, dass dieser #tatort im Vorfeld von der Schweizer Presse beste Kritiken erhielt. Wahrscheinlich waren alle Journis auf Propofol.
— Zurzacher (@zurzacher) March 13, 2022
Hier scheint man eine Erklärung gefunden zu haben:
Schweizer #Tatort war schon früher, als ich noch ganz klein war, in den 80igern, komisch. Aber inzwischen sind ja viele Tatorte komisch.
— 🇪🇺 Tim ☮️🇺🇦 (@HahoHerthinho) March 13, 2022
Natürlich wird auch auf Klischees zurückgegriffen:
Wenn ein Schweizer sagt, "es gibt wichtigeres als Geld", ist der Gipfel der Unglaubwürdigkeit erreicht.#Tatort
— Frank Soprano (@FrankSoprano) March 13, 2022
Dem überwiegenden Spott zum Trotz gab es vereinzelt aber auch positive Stimmen:
Der Schweizer @Tatort thematisiert den sexuellen Missbrauch an Jungs. Sehr gut. #tabu @SRF
— Johannes Sieber (@JohannesSieber) March 13, 2022
Kunst lebt von Übertreibung.
— tse boomer (@tseboomer) March 13, 2022
Ich fand den Schweizer #Tatort gut. Immerhin bin ich nicht dabei eingeschlafen, so wie beim letzten Tatort aus Münster 🤭
Für die Kritiker der Schweizer Ausgabe des «Tatorts» gibt es übrigens schlechte Nachrichten: Es bleibt nicht der einzige in diesem Jahr. Der nächste «Tatort» mit dem Zürcher Ermittlerduo Ott/Grandjean kommt bereits im Herbst. Wie schon bei «Schattenkinder» wird die Schweizerin Christine Repond Regie führen. Der Titel lautet «Risiken mit Nebenwirkungen». Es liegt im subjektiven Befinden jedes «Tatort»-Fans, ob man sich darauf freuen kann oder nicht.
- eine treffende Beschreibung für Zürich