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TikTok: Jugendliche prahlen mit Schulden bis zu 60'000 Franken

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Bild: watson

Jugendliche zeigen stolz ihren Schuldenberg – das steckt dahinter

Jugendliche prahlen auf TikTok mit Schuldenbergen von bis zu 60'000 Franken. Vielen wurde das «Buy now, Pay later»-Prinzip zum Verhängnis.
15.02.2024, 13:0516.02.2024, 09:11
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Dass junge Menschen bereits Schuldbeträge in der Höhe von 12'000 oder 57'000 Franken haben, wäre vor einigen Jahrzehnten noch nicht denkbar gewesen. Heutzutage scheint dies aber mit Zahlungsmöglichkeiten wie Klarna keine Seltenheit mehr.

Auf der Social-Media-Plattform TikTok geht dazu ein absurder Trend viral: Junge Menschen zeigen ihre Schuldbeträge, die sie durch die Verwendung von Klarna angesammelt haben. Und prahlen regelrecht mit den hohen Summen. Eine TikTokerin spricht dabei von einem Minus von 12'000 Euro, eine andere zeigt den Beleg für knapp 60'000 Euro. Ob alle Belege auch tatsächlich echt sind, ist nicht in allen Fällen garantiert. Einige User faken ihre Ausgaben, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren.

Video: watson

Klarna ist eine Bank für Kredit- und Zahlungsprodukte. Benutzerinnen und Benutzer können damit einkaufen, müssen die gekaufte Ware aber erst innerhalb von 30 Tagen bezahlen. Das sogenannte «Buy now, Pay later»-Prinzip. In der Schweiz kann man bei fast jedem Onlineshop mit Klarna bezahlen. Mit Twint ist es mit der Funktion «Später bezahlen» ebenfalls möglich, etwas zu kaufen, wofür man das Geld gerade nicht hat. Bei Twint gibt es jedoch ein Ausgabelimit von 5000 Franken jährlich.

«Mit dieser Funktion erliegt man der Illusion, sich alles leisten zu können»

Das führt dazu, dass immer mehr Menschen Kredite zum Einkaufen aufnehmen. Ob für Hosen oder ein T-Shirt: In den meisten Shops können bereits kleinste Ausgaben in Raten bezahlt werden. So kann man eine 60-Franken-Hose etwa in sechs Raten à 10 Franken zahlen. Das macht die Verlockung gross, Sachen zu kaufen, die man sich nicht leisten kann.

Dass diese Zahlungsmöglichkeiten problematisch sind, bestätigt uns Nora Goll von der Schuldenberatung Bern. «Der Umgang mit Geld muss durch die Jugendlichen erlernt werden . Mit der Funktion ‹Später bezahlen› erliegen gerade junge Menschen der Illusion, sich alles leisten zu können». Kleine Beträge könnten sich schnell kumulieren und belasten das Budget. Es birgt also das Risiko, dass das Budget, durch die später fällig werdenden Forderungen überbelastet wird.

Die Schuldenberatung rät grundsätzlich davon ab, Kredite aufzunehmen oder Dinge in Raten abzubezahlen. Wenn man sich ein Kleidungsstück nicht leisten kann, ohne es in Raten zu zahlen, ist dies in den meisten Fällen ein Hinweis darauf, dass es nicht der geeignete Zeitpunkt für einen Kauf ist. In solchen Situationen ist es ratsam, zu sparen, anstatt sich finanziell zu überdehnen.

Das sagt Klarna

Auch Klarna selbst ist bereits auf die Videos mit den gezeigten Schuldenbergen aufmerksam geworden. Dazu schreibt das schwedische Unternehmen auf der Webseite: «Wir beobachten den Trend mit Sorge, dass junge Menschen in Videos ihre Klarna-Kontostände zeigen und halten es für notwendig, eines klarzustellen: Wir haben weder ein Interesse noch einen Anreiz daran, Menschen in die Verschuldung zu treiben, unabhängig von ihrem Alter.»

Um dagegen vorzugehen hat Klarna weitere Erinnerungsmails in den Mahnprozess eingebaut. «So konnten wir den Anteil der Rechnungen, die an ein Inkassounternehmen übergeben werden, in den letzten zwei Jahren um 28 Prozent senken – von 1,45 Prozent auf 1,04 Prozent.»

Klarna sagt zudem zu watson, dass es bei ihnen eine Ausgabelimite von maximal 2500 Franken gibt. Auf ihrer Webseite ist diese Information jedoch nicht zu finden. Dort steht zwar in einem Q&A, dass es ein Limit gibt, jedoch nicht wie hoch. In einem anderen Q&A liest man zudem, dass es keine Limite gibt.

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290 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Müller Lukas
15.02.2024 13:26registriert August 2020
Wer Kleider auf Raten zahlt, der hat ja wohl nicht ganz alle Latten am Zaun... 😂
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DichterLenz
15.02.2024 13:19registriert Juni 2017
Shopping als Lebensinhalt oder wie schafft man so viel Schulden?
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vince_19
15.02.2024 16:23registriert Oktober 2014
Ich finde es irgendwie amüsant, wie aktuell gegen Klarna und Twint geschossen wird. Dass man einen Einkauf erst später bezahlt, ging schon lange: Beim stinknormalen Rechnungskauf. Und mit Kreditkarten (auch seit ein paar Jährchen verfügbar) ist das genauso möglich.

Irgendwie wäre es spannender, wenn beleuchtet würde, *warum* denn so viele Junge Leute derartige Schulden aufhäufen, statt unreflektiert gegen zwei beliebige Anbieter zu ballern.
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