El_Sam
Das erlaubt es uns immer und überall wenden, parken und Ausschau halten zu können, ohne dass wir persönlich angegriffen werden. Wir können das dann elegant auf das blau-schwarze Wappen abschieben.
Disclaimer: In diesem Text werden viele (eigentlich alle) Vorurteile über Aargauerinnen und Aargauer aufgegriffen. Falls du dich jetzt schon provoziert fühlen solltest, lies vielleicht zuerst die versöhnlichen letzten zwei Abschnitte zuerst. Und denk immer daran: Die Story ist mit einem Augenzwinkern zu lesen, also bitte nimm es mit Humor – und motz dann einfach in der Kommentarspalte über Zürich. ;)
Liebe Community!
Wir haben uns riesig gefreut über die vielen positiven Rückmeldungen, nachdem wir euch erzählt haben, wie wir zusammengefunden haben. Und deshalb wollen wir euch heute ein kleines Update geben.
Denn wir wissen ja alle: Das Happy End im Märchen ist in Wirklichkeit gar kein Ende, sondern ein Anfang. Der Anfang eines der grössten Abenteuer, auf welches wir Menschen uns einlassen können – die Liebe!
Und dieses Abenteuer beginnt unbarmherzig mit dem Aufeinandertreffen zweier Welten.
Wir lesen mit Herzschmerz, wie der mutige Bauernsohn die schöne Prinzessin erobert. Doch wie geht es jeweils weiter mit den beiden? Regt sich die schöne Prinzessin darüber auf, dass der Bauernjunge das Weinglas am Bauch anfasst statt am Stiel? Streiten sie sich darüber, was besser schmeckt; die Bauernwurst oder der teure Rinderbraten? Und langweilt er sich, weil er seine Kühe vermisst und stattdessen «regieren» muss?
Deshalb schauen wir doch mal, wie das im richtigen Leben aussieht!
Im wahren Leben sind die Abgründe zwischen den Welten fast genauso dramatisch. Vor allem im Fall von watson-Userin und -User lilie & Bambusbjörn, deren kulturellen Hintergründe unterschiedlicher nicht sein könnten:
lilie lebt an den edlen Gestaden des Zürichsees (wenn auch in einer der weniger geschleckten Gemeinden), während der Wikinger-Panda in den wilden Wäldern des Kantons Aargaus haust.
Kann das überhaupt gutgehen?
lilie hatte keine Ahnung vom Aargau, sie war noch nie zuvor dort. Sie kennt die Gegend nur aus Erzählungen. Und die klangen doch ziemlich abschreckend: Aargauer sollen ein recht unzivilisierter Schlag Mensch sein, der weisse Socken trägt und furchtbar schlecht Auto fährt!
Nun, wir wissen natürlich, dass das alles nur dumme Klischees sind. lilie hat jedenfalls bis jetzt noch keinen einzigen Aargauer mit weissen Socken angetroffen, obwohl ihr Kollege behauptet, dass diese genetisch bedingt schon in frühen Jahren von selber an Aargauerfüssen wachsen.
Natürlich ist es möglich, dass die Aargauer tatsächlich eine unheilvolle Vorliebe für weisse Socken haben, diese aber einfach gut verbergen. Vielleicht heben sie diese ja für besondere Gelegenheiten auf? Womöglich trägt der Götti bei der Taufe weisse Socken, als Ausdruck seiner besonderen Rolle? Oder eventuell beim Weihnachtsessen. Vielleicht kommt ja die ganze Familie in der Nationaltracht – ein einig Volk in weissen Socken?
So tief in die Regionalkultur der Aargauer konnte lilie bisher aber noch nicht vordringen. Doch sie ist sicher, dass da irgendwo in den Abgründen weisse Socken lauern müssen, denn schon mit Farben haben die Aargauer ihrer Beobachtung nach kein besonders gutes Händchen.
Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss man allerdings keine verdeckten ethnologischen Feldstudien machen. Es reicht, mit dem Zug durch den Aargau zu fahren oder einen Spaziergang durch seine Städte zu machen. Die Vorliebe der Aargauer für ausgesucht scheussliche Architektur ist augenfällig – am liebsten in schrillen Farben.
Das fängt damit an, dass die Einheimischen es offenbar eine Wohltat finden, in grellroten Wohnblöcken zu wohnen. Vermutlich finden sie, dass diese die ansonsten triste Landschaft ein wenig aufpeppen. Aber die meisten dieser Gebäude widersprechen dem erlesenen Geschmack einer eingeborenen Zürcherin ganz erheblich!
Doch auch mit anderen Farben beweisen die Aargauer kein Fingerspitzengefühl: Da gibt es ein Gebäude in schrillem Hellblau, das je nach Lichteinfall noch schriller türkis schimmert (lilie wusste bisher nicht einmal, dass eine Farbe «schrilles Hellblau» überhaupt existiert!). Oder ein kolossales Gebäude aus schrecklichen unförmigen, rostroten Balken, das ansonsten nur aus riesigen Fenstern besteht, die innen mit knallorangen Rouleaus verdeckt sind.
Doch selbst dann, wenn sich die Aargauer gegen Farben entscheiden, gelingt es ihnen nicht, einen ästhetischen Eindruck zu erzeugen: Da gibt es ein Gebäude, ganz aus übelkeitserzeugendem grüngrauem Stein, ein riesiger Bunker mit völlig regelmässig eingesetzten Fenstern, in dem – wen überrascht es? – ein Amt seinen Sitz hat.
Es kommt einem unwillkürlich das «Haus, das Verrückte macht» aus «Asterix erobert Rom» in den Sinn.
Ab und zu schaffen die Aargauer aber auch einen Geniestreich: Es gibt ein Haus, dessen abgerundete Ecken und Balkone sowie die schwarz-verspiegelten Fenster es wie ein als Gebäude wiedergeborener Sturmtruppler-Helm aussehen lassen – aber anstatt in weiss in einem augenbetäubendem Neongrüngelb.
Dabei kam die Bauherrschaft auf die unvergleichlich gute Idee, einen riesigen Lindenbaum daneben stehenzulassen, der das Gebäude zur einen Seite hin fast vollständig verdeckt. So braucht man es wenigstens nicht anzusehen.
Die Krone aargauischer Baukunst aber ist die «Staumauer»: Eine 250 m lange, betongraue Häuserzeile aus Hochhäusern, die wellenförmig an- und wieder abschwillt und an der höchsten Stelle 19 Stockwerke hoch ist.
Und weil die Aargauer das so toll fanden, haben sie gleich vier solcher Häuserzeilen parallel zueinander in die Landschaft gesetzt.
Natürlich muss man bedenken, dass die Aargauer schon im Vorne herein in einer recht unästhetischen Gegend leben: Hinter Brugg, das immerhin eine sehr hübsche Altstadt hat, fährt man noch eine Weile lang der majestätisch dahinfliessenden Aare entlang, deren Ufer auf der einen Seite mit einem Wald gesäumt ist, während vom anderen Ufer her herrlich bewaldete Hügel grüssen.
Doch dahinter beginnt der Wilde Westen: Ein grau und grässlich zeterndes Zementwerk verabschiedet den Besucher aus der Zivilisation und entlässt ihn in eine öde, leere Landschaft, die dem Betrachter nur noch Rapsfelder und Kieswerke zur Erlabung bietet.
Da kann man es den Aargauern kaum verdenken, dass sie sich nach Farben sehnen!
Doch lilie träumt lieber vom Ausblick aus ihrem Balkon, wo die Glarner Alpen wie duftig hingemalte Illusionen über dem Zürichsee schweben und der See im Atemrhythmus der Natur die Farbe wechselt: heiter-veilchenblau bei schönem Wetter, quecksilberglänzend bei bedecktem Himmel, drohend-grau bei Regen und aufgepeitscht-giftgrün bei Sturm.
Während im Aargau die Krähen in den Bäumen kreischen, zwitschern am Zürichsee die Spatzen in den Hecken. Statt fragwürdigen architektonischen Ungetümen stehen hier altehrwürdige Weingüter mit rotem Fachwerk und blühenden Bauerngärten.
Und auf der anderen Seite der Wasserscheide ergiesst sich die weitläufige, idyllische Hügellandschaft des Zürcher Oberlandes mit seinen Seen, Bächen und Riedlandschaften, durch die sogar noch eine echte Dampfeisenbahn tuckert.
Doch es ist natürlich nicht alles schlecht im Aargau.
So hält sich hartnäckig das Gerücht, die Aargauer könnten nicht Auto fahren. lilie kann das nicht bestätigen. Allerdings hat sie festgestellt, dass die Aargauer eine völlig eigene Autofahrkultur entwickelt haben, die sich wesentlich von dem Rest der Schweiz – und vermutlich dem Rest der Welt – unterscheidet.
Die meisten Menschen verfolgen beim Autofahren das Ziel, einigermassen flott von A nach B zu gelangen. Die Aargauer nicht. Ihr Ziel ist es, möglichst lange und oft im Stau zu stehen.
Dazu ist ihnen kein Aufwand zu gross: Sie bauen so viele Bahnübergänge, Rotlichtanlagen und unübersichtliche Kreuzungen wie nur möglich. Kreisel sind ihnen fast gänzlich unbekannt, und wenn aus Versehen ein (vermutlich auswärtiger) Stadtplaner einen baut, fahren sie quer darüber hinweg oder schneiden Verkehrsteilnehmern, die sich gerade im Kreisel befinden, den Weg ab.
Wir sehen also, die Vorurteile über Aargauer sind völlig unberechtigt.
Man muss ihren schlechten Geschmack und ihre Ungeschicklichkeit im Strassenverkehr differenziert und auf dem Hintergrund ihrer Lokalkultur betrachten. Im Schritttempo fahren sie nämlich wie die Weltmeister!
Der Wikinger-Panda würde übrigens nie weisse Socken tragen. Das verbietet ihm schon sein Stolz als Heavy Metal-Fan, der sich selbstverständlich von Kopf bis Fuss in edles Schwarz kleidet. Und über die architektonischen und verkehrstechnischen Neigungen seiner Landsleute kann er auch nur den Kopf schütteln.
Aber nun darf er ja ab und zu den heimatlichen Mief hinter sich lassen und im lieblichen Osten neue Kraft schöpfen.
Und auch die Zürcherin kann sich hin und wieder von der Hektik ihres Heimatkantons erholen: nämlich in den weitläufigen Wäldern des Aargaus, wo uralte Bäume ihre Wipfel in den Himmel strecken, Frösche in den Teichen quaken und die Kraft der Erde ihren wohltuenden Duft verströmt.
Und wenn sie so Hand in Hand mit ihrem Liebsten durch die Weite der Wälder wandert und dem Wind lauscht, weitab von jeglichem Strassenlärm, dann versteht sie, warum Bambusbjörn sich hier zuhause fühlt. So viel Ruhe und Abgeschiedenheit findet man im Kanton Zürich nur noch selten.
Welche Wohltat!
Liebe Mituser, wir hoffen, dass auch ihr mit offenen Augen durch das Leben geht und euch an der bunten Vielfalt unserer Welt erfreut! Lasst uns gemeinsam die kleinen und grossen Wunder entdecken und auch Unvollkommenheiten mit viel Liebe umfangen! Denn wir sind ja alle selber auch nicht perfekt – und das macht uns doch erst interessant!
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