Influencerin berichtet über seltenes Gehirn-Phänomen – leidest auch du darunter?
Zurzeit kursiert ein Test im Internet – man soll die Augen schliessen und sich dann einen roten Stern vorstellen. Für die Mehrheit ganz normal und einfach, aber für Influencerin Bonnie Strange und Menschen, welche von Aphantasie betroffen sind, unmöglich. Wenn sie die Augen schliesst, sieht sie nur schwarz.
Um auf das Thema aufmerksam zu machen, postete sie ein Bild mit der Aufschrift «innerlich blind» und verfasste dazu einen langen Text:
Erst in der Nacht auf Sonntag erkannte sie durch diesen Test, dass andere Menschen nicht nur schwarz sehen, sondern ein funktionierendes bildliches Vorstellungsvermögen besitzen. Sätze wie «Stell dir einfach vor, alle in diesem Raum wären nackt» waren für sie nie hilfreich und so abstrakt, da sie sich das einfach nicht vorstellen konnte.
«Bis gestern dachte ich, dass alle Leute die Dinge wie ich ‹sehen›. Aber offensichtlich haben die meisten von euch Glücklichen eine Party in euren Köpfen», beschrieb sie ihre Aphantasie weiter. Ihn ihrer Story zieht sie ihr Fazit: «Ich habe mich gestern ein bisschen eingesperrt in meinem Gehirn gefühlt. Ich war so traurig, weil ich dachte: Krass, alle anderen haben so eine krasse Superpower.»
Nur Schwarz im Kopf
Wie im Guardian bereits vor einiger Zeit berichtet wurde, ist dieses Thema für Menschen, welche von Aphantasie betroffen sind, immer noch von grosser Bedeutung. Dies betrifft gemäss Neurologen mindestens 2% der Bevölkerung. Menschen mit Aphantasie sprechen aber davon, dass sie in ihren Träumen sehr wohl Bilder sehen können. Dies legt den Schluss nahe, dass nur die absichtlich hervorgerufene bildliche Vorstellungskraft gestört ist.
Firefox-Mitgründer Blake Ross hat seine Erfahrung mit Aphantasie in einem Facebook-Post beschrieben:
Wenn man keine Bilder visualisieren kann, wie kann man dann lernen?
Für die Meisten von uns ist es ganz normal, sich alltäglich Dinge, Menschen und ganze Situationen im Kopf zu visualisieren. Sei dies vor einem Test, als Tagträumerei oder als Verarbeitung von Erlebnissen. Für Menschen mit Aphantasie kann diese mangelnde bildliche Vorstellungskraft eine grosse Auswirkung auf ihr Lernverhalten haben.
Auch wenn Aphantasie bereits in den 1880er-Jahren entdeckt wurde (siehe Box), wurde dieses Thema sehr wenig erforscht und deshalb wissen wir bis heute nicht viel darüber.
Für das Leseverständnis und das Lernen von Wortbedeutungen in der Schule scheinen mentale Bilder besonders wichtig zu sein.
Eine Studie zeigt, dass mentale Bilder Achtjährigen helfen, sich an das zu erinnern, was sie gelesen haben. Schüler, die aufgefordert werden, während Wortgedächtnisaufgaben mentale Bilder zu erstellen, lernen zweieinhalbmal so viel wie Schüler, welche die Wörter lediglich wiederholen müssen. Verbale Erinnerung und visuelle Bilder scheinen getrennt, aber verwandt zu sein. Und während die Fähigkeit, Bilder zu verwenden, nicht direkt mit Intelligenz, Wortschatz und Leseverständnis zusammenhängt, hilft die spontane Verwendung von Bildern Kindern, Prosa zu lernen und zu verstehen.
Damit ihr es nicht googeln müsst:
Lernschwierigkeiten in Zusammenhang mit Aphantasie nicht bestätigt
Die Erforschung visueller Bilder scheint darauf hinzudeuten, dass Schüler mit Aphantasie wahrscheinlich Schwierigkeiten beim Lernen haben. Es gibt aber noch keine Untersuchungen, die dies bestätigen.
«Wir wissen, dass Kinder mit Aphantasie keine beschreibenden Texte mögen, und dies kann ihr Leseverständnis beeinflussen», sagt der Neurologe Adam Zeman von der University of Exeter, welcher das Phänomen benennen durfte. «Es gibt jedoch noch keine Hinweise, die einen direkten Zusammenhang mit Lernschwierigkeiten herstellen.»
Mittels Fragebogen ermittelten die Forscher um Zeman, wie gut die Vorstellungskraft der Schüler sei. Wenn dann ein Zusammenhang zwischen Lernschwierigkeiten und Aphantasie aufkommt, können möglicherweise alternative Lernstrategien für sie entwickelt werden. «Es gibt jedoch noch keine Hinweise, die einen direkten Zusammenhang mit Lernschwierigkeiten herstellen», so Zeman.