Das Endziel seines Flugs war Genf. Der 25-jährige Franzose arbeitet dort, wie er nach dem Horrorflug zu Protokoll gab. Die Entführung von Flug ET702 habe eine Stunde nach dem Start in Addis Abeba begonnen. Das Protokoll:
Da es bereits Mitternacht war, schlief ich bald ein. Als die Sauerstoffmasken herunterfielen, wachte ich auf. Ich dachte: was zum ... Ich sah meine Sitznachbarin an, die ebenso verwirrt war. Da das Flugzeug ganz normal weiterflog, vermuteten wir eine technische Störung. Vielleicht hatte jemand den falschen Knopf gedrückt. Alle schauten sich fragend an.
Zu diesem Zeitpunkt realisierte ich, dass die Lage ernst war: Jemand ist im Cockpit und hat das Flugzeug entführt. Innert Sekunden sank die Sauerstoffkonzentration in der Kabine. Mir wurde schwindlig und ich setzte wie alle anderen die Sauerstoffmaske auf. Dann plötzlich sackte das Flugzeug für etwa acht Sekunden ab und gewann dann schnell wieder an Höhe, bevor es sich stabilisierte.
Wir flogen für weitere sechs Stunden und wussten nur, dass ein Pirat am Steuer sass. Wer ist er und was ist seine Absicht? Ich überlegte zu viel: Da er wahrscheinlich allein war, wird er kaum an einem Flughafen landen, wo er sofort verhaftet werden würde. Also verwarf ich die Möglichkeit einer sicheren Landung.
Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich nur die schwarze Nacht. Die nächsten sechs Stunden stellte ich mir jeden möglichen Ausgang dieser Geschichte vor: Absturz ins Meer, Absturz in ein Gebäude, Kollision mit einem anderen Flugzeug, Landung und dann Märtyrertod.
Ich hatte nur noch fünf Prozent Akku und zudem Angst, dass ein weiterer Terrorist mich sehen und erschiessen würde. Es gab keine Abdeckung, also entschied ich, das Handy auszustellen und kurz vor dem Absturz wieder anzustellen, damit die SMS doch noch versendet werden.
Jede einzelne Sekunde dieser sechs Stunden der Unsicherheit und des bevorstehenden Todes waren psychologische Folter. Ich brach zusammen, liess los, verabschiedete mich, dachte an meine Familie, vergangene Momente, wer meine Sachen erben würde und vieles mehr.
Das Flugzeug hätte um 04.40 Uhr in Rom landen sollen, doch um 05.30 waren wir immer noch in der Luft. Durch das Fenster sah ich die Morgendämmerung und die Küste, was mich beruhigte. Dann begannen wir zu kreisen. Links, rechts, mindestens 20 Mal.
Wir verharrten auf derselben Flughöhe und machten keinerlei Anstalten zu landen. Dann plötzlich setzte der Sinkflug ein. Als wir die Wolken erreichten, wurden die Vorflügel ausgefahren, wie bei einer normalen Landung. Doch ich dachte, er will vielleicht einfach mehr Schaden anrichten. Ich dachte: Das war's, jetzt stürzen wir irgendwo ab.
Ich blickte aus dem Fenster und sah zwei, drei Lichter. Mehr nicht, es war immer noch dunkel. Wir waren schnell und überflogen viele Häuser.
An dieser Stelle informierte uns ein Flugbegleiter über den Kopiloten, dass wir in Genf gelandet waren und die Schweizer Polizei das Flugzeug bald evakuieren würde.
Wenig später betraten Spezialeinsatzkräfte die Kabine und befahlen uns, die Hände hinter den Kopf zu nehmen und ruhig zu bleiben. Jede Person wurde einzeln herausgebracht, was je zwei bis drei Minuten dauerte. Eine Stunde später war ich endlich draussen.
Wir gingen am Genfersee spazieren und sie kochte etwas Gutes. Die psychischen Folgen sind nicht zu vernachlässigen, ich stehe immer noch unter Schock. Ich bin ein Glückspilz.
Sehr detailliert hat der 25-Jährige aber auch die Fragen von Usern über Reddit beantwortet. Hier ein Auszug:
@watson_news Bericht eines Passagiers des entführten Fliegers http://t.co/CpIIUwvpad
— Rob (@_deniaz) 18. Februar 2014
@watson_news @kianram immer gerne :) danke für die tolle plattform.
— Rob (@_deniaz) 18. Februar 2014