Bevor auch nur ein Ton erklang, erwartete die Besucherinnen und Besucher eine Ausstellung. In einer kleinen, aber eindrucksvollen Vernissage präsentierte die Künstlerin Stasia Kremer ihre Zeichnungen der vergangenen Konzerte. Ihre Skizzen entstanden live, direkt im Saal, oft spontan, mal flüchtig, mal farbig, mal unvollständig. Sie wirkten wie visuelle Notizen, festgehaltene Gedanken zu Momenten, die längst verklungen sind.
Gleichzeitig zeigte der Fotograf Patrick Britschgi eine Auswahl seiner Bilder, die er über das ganze Jahr hinweg an den Konzerten gemacht hatte. Zusammen bildeten Zeichnungen und Fotos ein lebendiges Archiv eines intensiven musikalischen Jahres im Pflegidach.
Das Konzert selbst wurde vom Schlagzeuger Amir Bresler gestaltet, gemeinsam mit Haggai Cohen Milo am Kontrabass und Vid Jamnik am Vibraphon. Die drei Musiker präsentierten sein neues Album. Gleich zu Beginn wandte sich Bresler mit den Worten ans Publikum: Let us take a journey together to the unknown. Und tatsächlich begann eine musikalische Reise, die mehr war als bloss ein Konzert.
Die Stücke waren meist sanft, voller Raum und Luft. Das Vibraphon, gespielt mit vier Schlägeln, verlieh den Stücken eine schwebende, fast mystische Atmosphäre. Teilweise begleitete das Vibraphon das Schlagzeug nur sehr sparsam. So etwa beim Stück Line Down, das mit reduzierten Mitteln eine grosse Spannung erzeugte. Es folgte Sober Dreaming, ebenso zurückhaltend und fein gezeichnet.
Ein besonderes Highlight war das Stück «Song for Leon», dass Amir Bresler seinem Sohn widmete. Die drei Instrumente wurden hier gleichmässig eingeführt. Alles klang harmonisch, ruhig, fast wie ein Wiegenlied. Bresler erweiterte sein Spiel durch ein elektronisches Drumpad, mit dem er Klänge erzeugte, die über das akustische Schlagzeug hinausgingen. Der Kontrabass brachte in diesem Stück eine tragende Tiefe ein und verlieh der Komposition eine besonders warme Farbe.
Im Verlauf des Konzerts verliess der Vibraphonist die Bühne. Das letzte Stück wurde im Duo gespielt, was der Musik noch mehr Intimität verlieh. Vor dem letzten Lied richtete Amir Bresler einen bewegenden Dank an Stefan Diethelm, den künstlerischen Leiter der Konzertreihe. Er nannte ihn den Inbegriff von perfekt. Ein ehrlicher und berührender Moment, getragen von gegenseitigem Respekt.
Der letzte Song des regulären Programms war ungewöhnlich rhythmisch, gespielt in einem Fünfvierteltakt. Das Vibraphon übernahm nochmals die Führung. Nach langem Applaus kamen die Musiker zurück und spielten eine Zugabe: «Promise to Keep». Diesmal übernahm der Kontrabass eine noch wichtigere Rolle. Das Stück rundete den Abend sanft ab, wie ein musikalisches Versprechen.
Dieses Konzert war kein gewöhnlicher Abschluss, sondern eine leise Feier. Eine Feier der Musik, der Kunst, der Begegnung. Es war eine Erinnerung daran, wie viel Kraft in der Stille liegt, wie viel Aussage in einem schlichten Ton stecken kann, wenn er mit echter Hingabe gespielt wird. Wer an diesem Abend im Pflegidach war, hat nicht nur ein Konzert erlebt, sondern einen besonderen Abschluss geteilt.