Der Grosse Rat des Kantons Thurgau hat sich am Montag überraschend gegen das Eintreten auf eine Motion der SVP ausgeprochen, die eine gesetzliche Grundlage für das Verbot von Kopftüchern an Volkschulen forderte. Im August hatte sich der fünfköpfige Regierungsrat bereit erklärt, eine solche Grundlage zu schaffen
In der heutigen Debatte sprachen sich sowohl die CVP/GLP-, die FDP- sowie die SP-Fraktion grossmehrheitlich gegen die Motion aus. Kleidervorschriften seien schon nach aktuellem Recht möglich. Es gehe den Motionären nur um das Kopftuchverbot. Deshalb handle es sich um eine Scheinlösung, weil diese Frage vom Bundesgericht entschieden werde, lautete die Argumentation.
Geschlossen dagegen waren die Fraktionen der Grünen, der BDP sowie der EVP. Unterstützt wurde der Vorstoss von der SVP-Fraktion und von der EDU-Fraktion sowie von einzelnen Votanten aus den Reihen der CVP und der SP.
#Thurgau #Grossrat lehnt Kopftuch-Verbot mit 62:51 ab! Sehr gut so!
— Ueli Fisch (@uelifisch) 29. September 2014
Hintergrund der SVP-Motion war der Fall zweier Mädchen aus Mazedonien, die in der Gemeinde Bürgeln mit Kopftuch zur Schule gehen und damit gegen die dortige Schulordnung verstossen. Das Thurgauer Verwaltungsgericht hiess 2012 die Beschwerde der beiden Betroffenen gut, wogegen die Gemeinde Bürgeln rekurrierte.
Das Bundesgericht bestätigte das Urteil der unteren Instanz 2013, allerdings ohne einen Grundsatzentscheid zu fällen. Ein Kopftuchverbot könne nur vom kantonalen Gesetzgeber beschlossen werden. Ob ein solches mit der in der Bundesverfassung garantierten Religionsfreiheit vereinbar wäre, liessen die Lausanner Richter offen.
Diese Frage bleibt mit dem Nein des Grossen Rats des Kantons Thurgau vorerst ungeklärt. Voraussichtlich im November dürfte der Kantonsrat St.Gallen über eine SVP-Motion mit ähnlichem Wortlaut beraten. In dem Kanton sind mehrere Fälle hängig, in denen sich muslimische Schülerinnen weigern, das Kopftuch im Unterricht abzulegen. (kri/sda)