SVP-Nationalrat Franz Grüter sieht in der E-ID eine Chance. Niels Fiechter, Präsident der Jungen SVP, eine grosse Gefahr.
Die digitale Identitätskarte, sie spaltet die grösste Partei des Landes. Offiziell hat die SVP die Nein-Parole für die Abstimmung am 28. September gefasst. Der Entscheid der Delegierten fiel mit 241 zu 52 Stimmen.
Im Parlament hingegen war das Stimmverhältnis gerade umgekehrt. Eine deutliche Mehrheit der SVP-Nationalrätinnen und -Nationalräte hatte sich im vergangenen Jahr für die E-ID ausgesprochen. Wobei man nicht einmal innerhalb der Parteileitung einer Meinung ist. Parteigrössen wie SVP-Präsident Marcel Dettling, Fraktionschef Thomas Aeschi oder Magdalena Martullo-Blocher stimmten Nein. Andere Parteileitungsmitglieder wie die Vizepräsidenten Céline Amaudruz und Franz Grüter sagten Ja.
IT-Unternehmer Grüter gehört zu den grössten Verfechtern der E-ID im bürgerlichen Lager, er ist Mitglied des Ja-Komitees. Der Luzerner setzte sich schon vor vier Jahren für ein Ja ein, als die elektronische Identität ein erstes Mal zur Abstimmung kam. Damals war er mit seiner Haltung noch auf SVP-Linie: Die Partei hatte sich für ein Ja starkgemacht. Die Vorlage scheiterte, weil das Gesetz vorsah, dass private Firmen die E-ID herausgeben sollen. Bundesrat und Parlament gingen über die Bücher und schlagen nun eine rein staatliche Lösung vor.
«Ich bin überzeugt, dass die E-ID den Menschen in der Schweiz einen Vorteil bringen würde», sagt Grüter. Gerade angesichts der stark steigenden Cyberkriminalität sei es wichtig, dass man sich auch im digitalen Raum sicher und eindeutig identifizieren könne – und das ermögliche die E-ID. Heute müsse man für gewisse Dienste eine ID-Kopie einreichen oder das Gesicht abfilmen. «Eine staatliche Lösung ist da definitiv sicherer», ist Grüter überzeugt.
Der Nationalrat wirft den Gegnern vor, mit Argumenten Angst zu schüren, die jeglicher sachlichen Grundlage entbehrten. Auch andere SVP-Politiker sprechen hinter vorgehaltener Hand von «Märchengeschichten», die die E-ID-Gegner nun auftischen würden, um auf Stimmenfang zu gehen.
Damit kritisieren sie auch die eigene Jungpartei. Die Junge SVP warnt vor einem Überwachungsstaat, bezeichnet die E-ID als «Gefahr für die Freiheit aller Bürger». Sie möge zu Beginn freiwillig sein, doch faktisch laufe es auf einen Zwang hinaus, sagt Jung-SVP-Präsident Nils Fiechter. Zudem argumentiert er, die elektronische Identität sei nicht in jedem Fall kostenlos und es drohten Gebühren. Tatsächlich können laut dem Bund Gebühren «im unteren zweistelligen Frankenbereich» anfallen, wenn man die digitale ID nicht online, sondern in einem Passbüro beantragen will. Nicht die E-ID-Gegner, sondern die Befürworter würden nicht bei den Fakten bleiben, gibt Fiechter zurück.
Die Junge SVP hatte Unterschriften für das E-ID-Referendum gesammelt, war allerdings nicht federführend. Auch die Mutterpartei ist im Abstimmungskampf nur halbherzig dabei. Eine eigene Nein-Kampagne gibt es nicht, auch beteiligt sich die Partei nicht an der Kampagne des parteiübergreifenden Komitees.
Im gegnerischen Lager hegt man den Verdacht, dass die SVP mehr aus taktischen Gründen denn aus Überzeugung gegen die Vorlage ist. Um Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen, die sich während der Corona-Pandemie Organisationen wie Mass-voll oder dem Verein Freunde der Verfassung zuwandten.
«Die SVP will gar nicht gewinnen, sondern setzt auf ein Doppelspiel», sagt Daniel Graf von der Stiftung für direkte Demokratie. Er setzt sich zuvorderst für die E-ID ein. «So holt die Partei das staatskritische Lager zurück, ohne die Verantwortung für eine Niederlage zu tragen.» Denn bei einem Abstimmungssieg wäre der eigentliche Gewinner Nicolas Rimoldi, nicht die SVP.
SVP-Chef Dettling streitet entsprechendes Kalkül ab. Man investiere kein Geld in die Kampagne, weil man den Fokus ganz auf die Abstimmung zum Eigenmietwert setze, sagt er.
Auch Franz Grüter spricht nicht von einer A- oder B-, sondern von einer «C-Abstimmung», um die es sich bei der E-ID-Vorlage für die SVP handle. Ihm als Befürworter kommt das nur gelegen. (aargauerzeitung.ch)
Im Vernehmlassungsverfahren oder Budgetverfahren sind SVP-Vertreter (auch auf Kantonsebene) häufig auf der Befürworterseite oder unterlassen die Mitwirkung, um dann, kurz vor der Abstimmung dagegen Stimmung zu machen, oder nach der Beschlussfassung das Referendum zu ergreifen.
Die SVP will Probleme nicht lösen, sie will sie bewirtschaften.
Und noch besser: Wenn dann nichts passiert, weil sie alles verhindert hat, jammern sie über die Untätigkeit und den Stillstand.
Vielleicht, um Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen, die sich während der Corona-Pandemie an Organisationen wie Mass-voll oder die Freunde der Verfassung gewandt haben.
Aber sicherlich tun sie es auch, um
1- zu gewinnen, egal was kommt, da sie in den beiden Lagern vertreten sind
2- nur um... Kontroversen und Spaltungen zu erzeugen.
➡️Das ist der “fil Rouge”, der Leitmotiv der svp - Nie Lösungen anstreben. Nur tiefe Spaltung erzeugen.