Die Überraschung war gross, als Bundesrätin Viola Amherd vor einer Woche verkündete: Jean-Daniel Ruch werde Staatssekretär für Sicherheitspolitik. Der Botschafter in der Türkei hatte nicht zu den Favoriten für das Amt gezählt. Ruch wird die neue Position Anfang 2024 übernehmen. Nun hat er sich bereits in die Nesseln gesetzt.
Was ist passiert?
Georges Martin, ein pensionierter Diplomat und vormaliger stellvertretender Staatssekretär im Aussendepartement, kommentiert auf Linkedin das Geschehen im In- und Ausland. Über die Wahl Ruchs zeigt sich Martin erfreut: «Ein ausgezeichneter Ex-Kollege.»
Dann schreibt Martin: Möge der neue Staatssekretär kein «Kriegsstaatssekretär» sein und «unser chaotisches Abgleiten in die Nato stoppen!» Das werde eine Herkulesaufgabe, da sich «unsere Kriegsministerin» und ihre Partei zur Nato hingezogen fühlten.
Der Diplomat meint Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte-Partei), welche die Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsbündnis ausbauen will.
Georges Martin erteilt Ruch schliesslich einen Ratschlag: Er müsse vor allem seine zukünftige Untergebene in die Schranken weisen, «die ehrgeizige und intrigante Pälvi Pulli», die bisherige Chefin der Sicherheitspolitik des Departements. Sie habe den Posten als Staatssekretärin haben wollen, nachdem sie nicht Chefin des Nachrichtendienstes geworden sei.
Jean-Daniel Ruch versah Martins Eintrag auf Linkedin mit einem Like.
Er signalisierte also offenbar seine Zustimmung dazu, dass seine neue Chefin eine Kriegsministerin sei, welche die Schweiz auf chaotische Weise in die Nato abgleiten lasse. Er zeigte seine Zustimmung, dass seine künftige ranghöchste Untergebene intrigant sei.
Im Verlaufe der Woche machte unter Angestellten des Verteidigungs- und des Aussendepartements die Runde: Ein pensionierter Diplomat pflaume in den sozialen Medien Viola Amherd und Pälvi Pulli an - und der designierte Staatssekretär für Sicherheitspolitik pflichte ihm bei. Wie ist das möglich? Mehrere Personen wiesen darauf hin, dass Ruch in seiner neuen Funktion für die Sicherheitsüberprüfungen des Bundespersonals zuständig sein werde. Wie kann er da nur so unvorsichtig sein?
Es ist in Bundesbern umstritten, ob es das neue Staatssekretariat überhaupt braucht. Viola Amherd musste sich anstrengen, um die Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat zu überzeugen. Und viele waren sicher, dass Amherd Botschafterin Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik im VBS, zur Staatssekretärin ernennen wolle. Pulli und Amherd teilen die Ansicht, dass die Schweiz die Kooperation mit der Nato verstärken sollte. Und sie sind skeptisch gegenüber einer rigiden Auslegung der Neutralität.
Wie rechtfertigt Jean-Daniel Ruch seine aufsehenerregende Reaktion in den sozialen Medien? «Ich habe den Post meines ehemaligen Arbeitskollegen gelikt, der mir zur Ernennung gratuliert hat», schreibt er. Die weiter unten stehenden Textpassagen mit den Aussagen betreffend Bundesrätin Viola Amherd und Botschafterin Pälvi Pulli seien nicht sichtbar gewesen, und er habe sie übersehen.
«Ich distanziere mich in aller Form von den Äusserungen, welche im Post gegenüber der Chefin VBS und Botschafterin Pälvi Pulli gemacht wurden.» Er habe den Like wieder entfernt und dem Absender mit einem Kommentar geantwortet.
Ruch erklärte also nach eigenen Aussagen seine Zustimmung zu einem Textbeitrag, den er gar nicht gelesen hatte.
Staibock.gr
sowhat
Wie kann man sich nur öffentlich so disqualifizieren, für einen Job, den man erst noch antreten muss? 🤦🏻♀️
Homo ludens