Wegen einer «ernstzunehmenden Bedrohungssituation» steht der ehemalige Tessiner FDP-Ständerat und Sonderermittler Dick Marty seit Dezember 2020 unter verstärktem Personenschutz. Die Bundesanwaltschaft spricht von einem «umfassenden Massnahmendispositiv».
Zu den «umfangreichen Schutzmassnahmen» gehöre etwa die Sicherung im unmittelbaren Umfeld von Marty, bestätigte die Bundesanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen Bericht des «Tages-Anzeigers». Dazu zählten der Nahschutz bei Auftritten im öffentlichen Raum oder technische Schutzmassnahmen am Wohnort.
Die Sicherheits- und Schutzmassnahmen würden nach wie vor aufrechterhalten, schreibt die Bundesanwaltschaft weiter. Um deren Wirksamkeit nicht unnötig zu beeinträchtigen, könne sie dazu keine Einzelheiten bekanntgeben.
Sie bestätigte weiter, man habe ab Dezember 2020 von einer «ernstzunehmenden Bedrohungssituation» gegen Marty ausgehen müssen. Dabei gehe es neben strafrechtlichen Aspekten darum, den Personenschutz zu gewährleisten. Aufgrund des «mutmasslich länderübergreifenden Kontextes» weist der Fall gemäss Bundesanwaltschaft auch eine politische Komponente auf. Konkreter äussert sie sich nicht.
Laut dem «Tages-Anzeiger» haben geheimdienstliche Verstrickungen und Mordpläne gegen den ehemaligen Tessiner Staatsanwalt zur Verstärkung des Sicherheitsdispositivs geführt. Die Zeitung stellt eine Verbindung her zu Martys früherer Tätigkeit als Sonderermittler im Auftrag des Europarates für Kriegsverbrechen im Kosovo, schreibt aber letztlich von einem «diffusen Bedrohungsbild».
In einem Interview mit dem Westschweizer Fernsehen RTS am Samstagabend erklärte Marty selber, die Bedrohung komme offenbar aus bestimmten Kreisen des serbischen Geheimdienstes. Diese hätten professionelle Killer beauftragt, ihn zu liquidieren, um die Schuld dann auf die Kosovaren schieben zu können.
Marty war 2010 zum Schluss gekommen, dass Teile der Führung der kosovarischen Befreiungsarmee UCK während des Kosovo-Krieges von 1998 bis 1999 Kriegsverbrechen begangen hatten. Später hatte das Kosovo-Sondertribunal in den Haag die entsprechende Anklage bestätigt und Taci trat im November 2020 als Staatspräsident zurück. Er gilt in seiner Heimat als Held des Unabhängigkeitskriegs gegen Serbien.
Kosovos damaliger Premier Hashim Taci hatte Marty unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit Joseph Goebbels verglichen. Die Anschuldigungen Martys wies der ehemalige Rebellenführer zurück. Er verzichtete aber auf eine angekündigte Klage gegen Marty.
Über die Festtage 2020 sei Marty nach einem bundesrätlichen Eilentscheid kurzfristig sogar von Elitesoldaten der Schweizer Armee bewacht worden, heisst es im Zeitungsbericht vom Samstag weiter. Und zwar von Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte (KSK).
Der «Tages-Anzeiger» schreibt, die Landesregierung habe so geholfen, «einen Engpass bei den zivilen Personenschützern von Kantonen und Bund zu überbrücken». Das KSK machte zuletzt Schlagzeilen mit Evakuierungsaktionen für schweizerische Staatsangehörige in Afghanistan und kürzlich aus Kiew. Seine Angehörigen seien aber auch für den Schutz exponierter Personen bestens ausgebildet und ausgerüstet.
Zu diesem Aspekt äusserte sich die Bundesanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nicht.
Dem Westschweizer Fernsehen RTS sagte Marty:
Marty sagte gegenüber dem Westschweizer Fernsehen, er sei all den Menschen, die seinen Schutz gewährleisteten, sehr dankbar. «Aber es ist klar, dass es nicht endlos so weitergehen kann.» Viereinhalb Monate lang hätten er und seine Frau «bis an die Zähne bewaffnete Polizisten» im Haus beherbergt.
Auch heute seien die Schutzmassnahmen noch immer sehr umfangreich. Sein Wohnhaus sei mit Kameras und Alarmanlagen gespickt. Zudem sei das Haus mit einem «safe room» ausgestattet, in den er notfalls flüchten könne. In der Umgebung seien Polizisten in Zivil postiert. Bei seinen seltenen Reisen trage er eine kugelsichere Weste. Sein Auto sei gepanzert und er werde von Autos begleitet, in denen zivil gekleidete Polizisten sitzen.
(dsc/sda)
Nicht nur Russland scheint Killer ins Ausland zu schicken.
Da wurde wohl der Serbische Botschafter für ein sehr ernstes Wort ins Aussendepartement zitiert.
Es sind wohl mehr Serben auf ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz angewiesen als umgekehrt.