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Wie die Politik das Lärmproblem der Armee lösen will

schiessplatz
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats will die Lärmschutzvorschriften für Schiessplätze lockern, statt diese zu sanieren.Bild: benjamin manser/chmedia

Einfach Ohren zu? Wie die Politik das Lärmproblem der Armee lösen will

Die Armee hält die Frist zur Lärmsanierung von Schiessplätzen nicht ein. Linke Sicherheitspolitikerinnen sehen die Gesundheit der Anwohner in Gefahr und drängen auf rasches Handeln. Eine ganz andere Strategie verfolgt die bürgerliche Mehrheit.
29.04.2025, 06:4129.04.2025, 06:41
Léonie Hagen, Stefan Bühler / ch media
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Eigentlich hätte die Armee insgesamt 45 Schiessplätze sanieren sollen. Dies, weil sie zu laut sind. Dafür hatte sie 15 Jahre Zeit. Die Frist dafür läuft Ende Juli ab. Heute sind 41 dieser Plätze noch nicht saniert. Das machte CH Media am Montag publik:

Dass sich daran in den nächsten drei Monaten noch etwas ändert, ist unwahrscheinlich. Die abgelaufene Frist dürfte dem VBS neue Lärmklagen von betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern bescheren.

Werner Salzmann, SVP-BE, steht auf nach seiner Wahl zum zweiten Vizepraesidenten des Staenderats, an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 2. Dezember 2024 im Staenderat in Bern. (K ...
Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann.Bild: keystone

Sicherheitspolitiker der Bürgerlichen haben das Problem offenbar bereits vor einem Jahr kommen sehen. Und prompt reagiert: Die Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats lancierte einen Vorstoss an den Bundesrat, er solle die Lärmschutzauflagen für militärische Anlagen prüfen; insbesondere, ob diese Vorschriften strenger seien als für andere öffentliche Aufgaben. Und sie fragte, wie viel Geld der Bund sparen könnte, falls er die Vorschriften lockern würde.

Man müsse sich der neuen sicherheitspolitischen Lage in Europa anpassen, argumentierte der Berner Ständerat Werner Salzmann (SVP) damals. Sollten die Vorschriften «in einem verträglichen Mass» gelockert werden, so würden finanzielle Mittel für dringlichere Ausgaben frei.

Mitte-Rechts will «unverhältnismässige» Auflagen lockern

Beat Flach, GLP-AG, hoert der Antwort zu seiner Frage zur Debatte um die Einfuehrung von Sammelklagen zu, an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 17. Maerz 2025 im Nationalrat  ...
Der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach.Bild: keystone

Die sicherheitspolitische Lage ändere nichts an den Aufgaben der Armee, sagt nun Nationalrat Beat Flach (GLP/AG) dazu. Die bisherigen Berichte und umweltrechtlichen Vorgaben blieben verbindlich. Wenn die Armee mehr Zeit brauche, um die Lärmvorschriften umzusetzen, müsse sie das rechtzeitig vorbringen. Sollte sie das nicht tun, müsse die Nutzung dieser Plätze eingeschränkt werden. Denn auch die Armee habe sich an ihre gesetzlichen Vorgaben zu halten. Wie jede andere Anlagebetreiberin auch.

Josef Dittli, Staenderat FDP-UR, spricht waehrend einer Medienkonferenz des ueberparteilichen Komitees fuer ein "Ja zum Covid-Gesetz" am Montag, 22. Mai 2023 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunze ...
Josef Dittli, Urner Ständerat (FDP).Bild: keystone

Weniger eng sieht das Ständerat Josef Dittli (FDP/UR). Dass die Plätze bis heute nicht lärmsaniert worden seien, sei zwar bedauerlich. Andererseits müsse man prüfen, ob die aktuellen Bestimmungen die Ausbildung der Armee «unverhältnismässig behindern». Im Zweifelsfall will Dittli die Bestimmungen lockern: Eine verteidigungsfähige Armee stehe im Vordergrund.

Andrea Gmuer, Mitte-LU, spricht zur Finanzierung der Armee an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 3. Juni 2024 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Die Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU) präsidiert die Sicherheitspolitische Kommission.Bild: keystone

Man werde sich über die Gründe der Verzögerungen informieren lassen, sagt auch die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger, Präsidentin der Sicherheitskommission des Ständerats. Sie habe Verständnis für jene, die sich über den Lärm auf den Schiessplätzen beklagten. Handlungsbedarf sieht sie bisher aber nicht: «Einige stören sich am Schiesslärm, andere an lauter Musik oder an Kuhglocken.»

Es brauche eine Interessenabwägung, sagt Gmür-Schönenberger. Der Schiesslärm sei ja nicht zum Spass da:

«Letztlich geht es um die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung.»

SP spricht von «unannehmbarer Arbeitsverweigerung»

Franziska Roth, SP-SO, spricht waehrend der Debatte um die Motion APK-N, russische und andere auslaendische Spione konsequent ausweisen, am ersten Tag der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am  ...
Die Solothurner Ständerätin Franziska Roth (SP).Bild: keystone

Auf der linken Seite ist die Empörung hingegen gross. Die Solothurner Ständerätin Franziska Roth (SP) spricht von einem «unannehmbaren Ausmass an Arbeitsverweigerung». Lärm schmälere die Lebensqualität und könne nachweislich krank machen.

Was für die Schiessplätze gelte, zähle Meiringen umso mehr. Dort ist der Militärflugplatz seit Jahrzehnten ohne den nötigen rechtlichen Rahmen in Betrieb – bald sollen dort auch die neuen Kampfjets starten. Die grössten Arbeitgeber in der Region sind der Tourismus und das Gesundheitswesen: «Beide dürften auf den Höllenlärm des neuen Kampfjets sehr sensibel reagieren», sagt Roth.

Nationalrat Gerhard Andrey, GP-FR, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Lancierung der eidgenoessischen Volksinitiative "fuer einen nachhaltigen und zukunftsgerichteten Finanzplatz", a ...
Nationalrat Gerhard Andrey (Grüne/FR).Bild: keystone

Die Lärmsanierungen hätten in den letzten 15 Jahren problemlos begonnen werden können, sagt Gerhard Andrey (Grüne/FR). Die «massive Aufrüstung» führe nun zu mehr Aktivität. Da sei der Lärmschutz eine wichtige präventive Investition. Auch, weil die Armee auf das Wohlwollen der Bevölkerung angewiesen sei.

Im Parlament bleibt die Linke mit ihren Bedenken freilich in der Minderheit. Das Postulat der Sicherheitspolitischen Kommission zur Prüfung höherer Grenzwerte wurde im Herbst mit 27 zu 12 Stimmen an den Bundesrat überwiesen. Die Strategie der Mehrheit ist klar: Wenn die Armee sich nicht an das Gesetz hält, muss sich das Gesetz ändern. (aargauerzeitung.ch)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pafeld
29.04.2025 07:31registriert August 2014
«Einige stören sich am Schiesslärm, andere an lauter Musik oder an Kuhglocken.»

Ich persönlich störe mich ja an diesem ohrenbetäubenden Geschwafel zur Legitimierung bürgerlicher Misswirtschaft und politischem Versagens.
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