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Schweiz: Viola Amherd wehrt sich gegen Berichte über Finanzloch

«Armee wurde kaputtgespart»: Viola Amherd wehrt sich gegen Berichte über Finanzloch

Bundespräsidentin Viola Amherd hat Vorwürfe zurückgewiesen, in ihrem Departement gebe es ein Finanzloch. Die Darstellung, wonach die Armee Rechnungen nicht bezahlen könne, sei falsch.
05.02.2024, 18:4205.02.2024, 19:42
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«Die Armee bezahlt sämtliche vertraglich vereinbarten Rechnungen dieses und auch die nächsten Jahre, ohne dass es zu einer Überschreitung des Zahlungsrahmens kommt», teilte Amherd am Montag während ihrer Estland-Reise auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Es war das erste Mal, dass sich Amherd persönlich in der Sache äusserte. Das Interview wurde schriftlich geführt.

Gemäss der langjährigen Praxis würden in der Finanzplanung für Rüstungsbeschaffungen jeweils höhere Beträge eingesetzt, als dass vertragliche Verpflichtungen bestünden, so die Verteidigungsministerin. Dies habe den Vorteil, dass Projekte, die aus irgendeinem Grund verzögert oder nicht umgesetzt werden, mit anderen notwendigen Beschaffungen ersetzt werden könnten. Auch die Finanzverwaltung habe dies bislang nicht kritisiert.

Swiss Federal President Viola Amherd speaks during a press conference at the House of Switzerland, on the sideline of the 54th annual meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland, T ...
Viola Amherd ist mit den Vorwürfen nicht einverstanden.Bild: keystone

Zudem würden Verpflichtungskredite, die für ein bestimmtes Jahr gesprochen würden, nicht vollumfänglich im betreffenden Jahr eingesetzt, so Amherd weiter: «Die aktuelle Situation ist finanzpolitisch alles andere als exotisch.»

Zur Behebung des derzeitigen Liquiditätsengpasses genügen nach Ansicht Amherds die üblichen Prozesse. Von den geplanten Investitionen in der Höhe von 1,4 Milliarden Franken zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit seien rund 70 Prozent noch nicht durch Verträge gebunden, sagte sie: «Das heisst, die Armee kann die Fähigkeitslücken rascher oder langsamer schliessen, je nach Finanzrahmen, den das Parlament beschliesst».

«Armee kaputtgespart»

Zugleich verwies die Bundespräsidentin auf die veränderte Sicherheitslage angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten: «Die Armee wurde während dreissig Jahren kaputtgespart und es ist offensichtlich, dass dies nicht in fünf Jahren und ohne Erhöhung der Mittel korrigiert werden kann.» Es stelle sich die Frage, «ob wir nach Jahrzehnten der Friedensdividende so weiterfahren können wie bis anhin».

Die Zeitungen von CH Media hatten am Samstag berichtet, Finanzminiserin Karin Keller-Sutter habe aus den Medien vom Liquiditätsengpass im Verteidigungsdepartement erfahren. Sie beriefen sich dabei auf Aussagen Keller-Sutters an einem Podiumsgespräch. Es habe keinen Grund gegeben, den Gesamtbundesrat zu informieren, teilte Amherd dazu auf Anfrage mit. Der Bundesrat verfüge im Rahmen der Finanzplanung über das nötige Zahlenmaterial. Das Finanzdepartement kenne die Überhänge bei den Verpflichtungskrediten.

Was das Tempo der Erhöhung der Armeeausgaben angeht, gibt es nach Aussage Amherds keine Differenzen zwischen ihr und Armeechef Thomas Süssli. Das Parlament hatte ursprünglich zwei Motionen mit der Forderung überwiesen, die Armeeausgaben bis 20230 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen. In der Budget-Debatte der Wintersession erklärte es sich jedoch mit dem Antrag des Bundesrats einverstanden, die entsprechende Frist bis 2035 zu erstrecken - nach einem längeren Tauziehen zwischen National- und Ständerat.

Ja zu neuen Verpflichtungskrediten

Süssli hatte am Samstag in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF gesagt, er erwäge, dem Parlament Verpflichtungskredite für Rüstungsbeschaffungen zu beantragen. Dies würde es erlauben, "«dass man bei einem Hersteller früher in die Warteschlange kommt, aber dann trotzdem erst später bezieht und später bezahlt».

Amherd erklärte dazu, sie unterstütze das Vorhaben. «Zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit und der Sicherheit der Bevölkerung müssen wir eine Armeebotschaft 2024 verabschieden.» Mit den Beschlüssen zum Finanzplan sei dies finanzierbar.

Die Planungen für die entsprechenden Beschaffungen lägen vor: «Sollte das Parlament höhere Beträge sprechen, ist die Armee bereit.» (dab/sda)

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93 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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miinSänf
05.02.2024 20:19registriert September 2021
Seit 30 Jahren kaputtgespart. Moment: Heute minus 30 = Adolf Ogi (1995) als erster einer Reihe von SVP VBS Vorstehern. Passt. Wobei Ogi noch einer der bessern war, obschon Sport für ihn dremal so wichtig war wie das Miitär. Die "Tradition" wurde erst mit Amherd gebrochen.
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Don't look up!
05.02.2024 21:16registriert Juni 2021
Sorry, solche Ausreden bringt man dann, wenn man mehr Budget will.

Ich mag den Quatsch nicht mehr hören.
Die Flieger wurden mit der knappsten Mehrheit angenommen und jetzt finanziert man den Rest auch einfach nachträglich, ohne dass man eine vernünftige Strategie hätte.

Aus meiner Sicht ist auch rund um die Jets ein derartiges Gebaren zu erwarten - die Kosten wurden garantiert nicht korrekt kommuniziert und dann heisst es, hoppla, konnten wir ja nicht wissen.
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Geri Gagarin
05.02.2024 20:15registriert Februar 2023
Man kann eine Armee nicht kaputt sparen. Die Armee ist eine Versicherung, ob sie richtig gewählt wurde weiss man erst wenn man sie einmal Brauchen würde.

Man definiert was man für eine Armee möchte, definiert ein Budget und das sollte dann eingehalten werden. 6 Milliarden sollte doch schon einmal für etwas nicht kaputtes reichen.
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