Das Ding sollte Wunder wirken. Höher, leiser, viel länger in der Luft als die alte Ranger-Drohne, allwettertauglich, viel bessere Bilder, von fast überall her einsetzbar. Und dank eines revolutionären Ausweichsystems sollte die neue Drohne in unkontrollierten Lufträumen am Tag unbegleitet fliegen können.
So lauteten im Jahr 2015 Versprechen, als die bürgerliche Mehrheit im Bundesparlament den Kauf von sechs Aufklärungsdrohnen Hermes 900 des israelischen Herstellers Elbit für 250 Millionen Franken durchdrückte.
Nicht nur die Armee sollte von der Super-Drohne profitieren, sondern auch zivile Behörden: kantonale Führungsstäbe, Polizei- und Rettungsorgane – und vor allem auch das Grenzwachtkorps. Ein Segen für den Grenzschutz also.
So sagte es 2015 in der Debatte zum Rüstungsprogramm SVP-Nationalrat Roland Borer: «Die Drohne wird in wesentlichen Teilen für die Unterstützung des Grenzwachtkorps eingesetzt; das verhindert, dass kriminelle Aktivitäten über unsere Grenzen hinweg stattfinden können.»
Verteidigungsminister Ueli Maurer gab an, dass grosse Teile der Grenzen überwacht werden könnten: «Mit sechs Drohnen können wir zwei Räume gleichzeitig überwachen, also beispielsweise das Tessin und die Ostschweiz oder Genf und einen anderen Raum.»
Seit 2019 sollte das Wundergerät im festen Einsatz sein. Es fliegt bis heute nicht.
Zwar wurden mittlerweile fünf der sechs Exemplare ausgeliefert, aber sie sind nicht zu gebrauchen. Unter anderem, weil das versprochene Antikollisionssystem nicht funktioniert. Die Drohne kann nicht selbstständig Hindernissen wie Gleitschirmfliegern ausweichen.
Für die Grenzwache ist die Verzögerung ein gröberes Problem, für die Schmuggler von Waren und Menschen mutmasslich ein Segen. Weil die Armee ihre alte Drohne, die Ranger, Ende 2019 plangemäss ausser Dienst stellte, steht der Zoll seither ohne diese Überwachungsgeräte da.
Auf Anfrage bestätigt das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit, dass die Hermes-Drohnen noch nie beim Grenzschutz zum Einsatz kamen.
Welche Nachteile sich bei der Bekämpfung von organisierten Schmugglern und anderen kriminellen Banden ergeben, will der Zoll nicht sagen. Ein Sprecher sagt auf Anfrage nur: Man setze «die zur Verfügung stehenden Ressourcen und Einsatzmittel ein und führt risiko- und lagebasierte Kontrollen durch».
Auf Fragen nach Alternativen der Grenzwache zum nicht funktionstüchtigen Militärgerät gibt es keine Antwort. Dazu äussere sich der Zoll «aus einsatztaktischen Gründen nicht», so der Sprecher.
Das Drohnen-Debakel ähnelt auffallend jenem des Kampfjets F-35. Es ist ein Crash mit Ansage. In beiden Fällen schlugen Armee und Rüstungsfreunde die Warnungen vieler Experten sowie der Linken und der Grünen in den Wind.
Im Nationalrat hatte 2015 die Grüne Regula Rytz gesagt: «Die Luxusdrohnen sind ein technisches und finanzielles Risiko, denn sie können in unserem Luftraum ohne Begleitflugzeuge gar nicht eingesetzt werden.» Evi Allemann von der SP sagte, in keinem anderen Land sei ein solches Antikollisionssystem zugelassen: «Wir befürchten, dass die flexiblen und unbegleiteten Einsätze mit dieser Drohne nicht im versprochenen Umfang realisiert werden können.»
Ueli Maurer prophezeite dagegen: «Es werden die ersten Drohnen sein, die ein automatisches Ausweichsystem gegenüber anderen Flugkörpern haben. Sie können also unbegleitet fliegen, technologisch ist das möglich.» Roland Borer behauptete: «Wir haben klare Aussagen der Experten, die sagen, dass dieses System in den nächsten Jahren serienreif sei.»
Seit Jahren warnt – auch das eine Analogie zum F-35 – die Eidgenössische Finanzkontrolle. Im neusten Bericht zur Debakel-Drohne, publiziert im Januar 2025, halten die Aufseher in Bezug auf das automatische Ausweichsystem fest: «Es ist fraglich, ob das System in absehbarer Zeit realisierbar ist.» Und weiter: «Ohne dieses System würde eine wesentliche Funktionalität der Drohne fehlen, und bei Einsätzen am Tag im unkontrollierten Luftraum wäre ein Begleitflugzeug nötig. Die Auswirkungen auf die künftigen Betriebskosten wären erheblich.»
Laut Finanzkontrolle sind «die Lieferanten unzuverlässig, und die Projektleitung hat Mühe, diese zu führen und zu steuern». Gemeint ist neben Hersteller Elbit die bundeseigene Ruag, die am Ausweichsystem mitbaut. Fazit der Finanzkontrolle: Das Drohnen-Projekt sei «in Schieflage», und diese sei «in erster Linie das Ergebnis einer Kombination aus zu ambitionierten Zielen, mangelhafter Planung und Steuerung sowie unzureichendem Risiko- und Qualitätsmanagement».
Anfang Jahr, unter Viola Amherd, kamen aus dem Verteidigungsdepartement noch Durchhalteparolen. Ein Abbruch des Projekts komme nicht infrage, da schon gegen 300 Millionen ausgegeben worden seien. Seit im Bundesrat Martin Pfister am Werk ist und ein Interesse daran hat, Altlasten zu beseitigen, klingt es anders.
Am letzten Samstag sagte Rüstungschef Urs Loher auf Radio SRF: Der Abbruch sei eine von drei «Varianten». Die anderen seien: weitermachen wie bisher, also wohl weiter Geld einschiessen und auf Erfolg hoffen. Dritte Möglichkeit: Verzicht auf «gewisse Funktionalitäten». Also womöglich auf das famose Ausweichsystem. Wobei Loher zu bedenken gab, dass diese «Funktionalitäten» ja eigentlich schon bezahlt seien.
Bis Ende Sommer, so heisst es, werde Bundesrat Pfister entscheiden, mit welcher Variante es weitergeht.
„ Es hält sich – insbesondere auch in den Medien – sehr hartnäckig die Vorstellung, dass den Bürgerlichen tiefe Staatsausgaben ein Anliegen sind. Nun ist das in der Realität nur bei jenen Dingen so, die Bürgerliche nicht wollen, wie beispielsweise die soziale Sicherheit. Bei dem, was sie wollen, spielt Geld keine Rolle.“
Nichts hinzuzufügen.
Ein Trauerspiel und das man ein weiteres mal nichts dabei lernte macht es noch schlimmer.
Natürlich glaubt mir das hier keiner, aber ich muss ja auch nicht Euch davon überzeugen, sondern nur die bürgerliche Mehrheit im Parlament. Ab einer halben Milliarde sind die Pläne zu haben.