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Der Bundesrat will die Regeln zu Kriegsmaterialexporten lockern. Schweizer Rüstungsfirmen sollen unter gewissen Umständen Waffen auch in Länder exportieren dürfen, die in einen internen bewaffneten Konflikt verwickelt sind.
Der Bundesrat hat das Wirtschaftsdepartement (WBF) am Freitag beauftragt, eine entsprechende Verordnungsänderung auszuarbeiten. Auf klassische Bürgerkriegsländer wie derzeit Jemen oder Syrien würde die Ausnahmeregelung keine Anwendung finden, schreibt das WBF.
Heute sind Exporte verboten, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder international bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Neu sollen Exporte in Länder mit einem internen bewaffneten Konflikt bewilligt werden können, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass das Kriegsmaterial in diesem Konflikt eingesetzt wird.
Zudem sollen Waffenexportbewilligungen künftig zwei Jahre statt nur ein Jahr gültig sein. Und in den Bewilligungsverfahren will der Bundesrat künftig die Aufrechterhaltung der Industriebasis als Kriterium berücksichtigen.
Die Anpassungen seien mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen vereinbar und wahrten die aussenpolitischen Grundsätze der Schweiz, schreibt das WBF. Die neue Regelung ermögliche eine «nuanciertere Beurteilung» von Kriegsmaterialexporten.
Die Schweiz wäre damit immer noch strenger als der gemeinsame Standpunkt der EU-Mitgliedstaaten. Dieser verlange die Verweigerung einer Ausfuhrgenehmigung lediglich für Rüstungsgüter, die im Endbestimmungsland bewaffnete Konflikte auslösten, verlängerten oder bestehende Spannungen oder Konflikte verschärften.
Der Bundesrat hat auch weitere Anpassungen beschlossen: Waffenexportbewilligungen sollen künftig zwei Jahre statt nur ein Jahr gültig sein und um ein Jahr statt sechs Monate verlängert werden können. Bei Bedarf können Bewilligungen suspendiert oder widerrufen werden.
In den Bewilligungsverfahren will der Bundesrat zudem dem Kriterium Rechnung tragen, dass die industrielle Kapazität aufrechterhalten wird. Er beruft sich dabei auf das Kriegsmaterialgesetz.
Mit den Änderungen erfüllt der Bundesrat Forderungen der Rüstungsindustrie. Vergangenen Herbst verlangten Rüstungsfirmen in einem Brief an die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates eine Lockerung der Regeln. Sie begründeten dies mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen. Die Rüstungsexporte waren nach einem Höchststand im Jahr 2011 eingebrochen.
Die Rüstungsindustrie habe dargelegt, dass die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis der Schweiz gefährdet sei, schreibt das WBF. Der Bundesrat nehme diese Hinweise ernst. Einmal verlorene industrielle Kapazitäten könnten nur schwer wieder aufgebaut werden. Wegen des beschränkten nationalen Absatzmarktes sei die Rüstungsindustrie auf Exporte angewiesen. Die neue Regelung würde dazu beitragen, dass die industrielle Kapazität aufrechterhalten werden könne.
Die Lockerung der Regeln zu Kriegsmaterialexporten stossen links der Mitte auf erwartet grossen Widerstand. Der Bundesrat knicke vor der Rüstungsindustrie ein, so der Tenor. Zudem werde die Einhaltung des humanitären Rechts in Krisenregionen geringgeschätzt.
«Bundesrat Schneider-Ammann liest der Rüstungsindustrie die Wünsche von den Lippen ab» wird SP-Nationalrätin Claudia Friedl am Freitag in einer Mitteilung ihrer Partei zitiert. Die SP fordert, die aktuelle Fassung der Kriegsmaterialverordnung zu respektieren und sofort alle Bewilligungen für Kriegsmaterialausfuhren in Länder zu stoppen, die in innere oder internationale Konflikte verwickelt sind.
Auch die Grünen kritisieren den Bundesratsbeschluss scharf. Dieser sei - gleich wie die heutige Praxis - gesetzeswidrig und aus humanitären Gründen nicht zu rechtfertigen, schreibt Balthasar Glättli, Mitglied der Sicherheits. (sda)
2008 hatte der Bundesrat die Regeln verschärft - mit Blick auf eine Volksinitiative der GSoA für ein Verbot von Waffenexporten. Im Abstimmungskampf dazu versicherte er, an der restriktiven Praxis festhalten zu wollen.
2014 lockerte der Bundesrat dann jedoch im Auftrag des Parlaments die Regeln. Vorher durften Waffen und Munition nicht in Länder geliefert werden, in denen Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden. Seither sind Exporte nur noch dann verboten, wenn ein hohes Risiko besteht, dass das Material für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird.
Bei der Ausarbeitung der geplanten Verordnungsänderung soll das WBF das Aussendepartement, das Verteidigungsdepartement und das Bundesamt für Justiz einbeziehen. Über die Änderung wird der Bundesrat anschliessend in eigener Kompetenz entscheiden. Die BDP hat im März eine Motion eingereicht, welche verlangt, dass künftig das Parlament die Exportregeln definiert. Bis das Parlament darüber entscheidet, dürfte der Bundesrat die Verordnung aber geändert haben. (sda)
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