Schweiz
Asylgesetz

SVP-Politiker verteidigen Asylzentren

Willkommener als die SVP-Spitze behauptet: Syrische Flüchtlinge in Schafhausen im Emmental.
Willkommener als die SVP-Spitze behauptet: Syrische Flüchtlinge in Schafhausen im Emmental.Bild: KEYSTONE

SVP-Politiker verteidigen Asylzentren

SVP-Präsident Toni Brunner fordert «aktiven Widerstand» gegen neue Asylzentren – doch die Gemeinden machen nicht mit. 
12.07.2015, 10:4412.07.2015, 14:40
alan cassidy / schweiz am Sonntag
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Ein Artikel von Schweiz am Sonntag
Schweiz am Sonntag

Es waren apokalyptische Zustände, die Toni Brunner beschrieb. Immer grössere Ausmasse nehme das «Asylchaos» an, sagte der SVP-Präsident am vergangenen Wochenende und schob dann in einem Gastbeitrag im «Tages-Anzeiger» nach: «In der breiten Bevölkerung brennt es bereits lichterloh.» Die SVP-Verantwortlichen in Kantonen und Gemeinden rief Brunner auf, neue Asylzentren «konsequent» und «systematisch» zu bekämpfen. Es brauche «aktiven Widerstand». Von den Delegierten seiner Partei erhielt er dafür lauten Beifall.

In vielen von SVP-Verantwortlichen mitregierten Gemeinden, die selbst mit der Unterbringung von Flüchtlingen konfrontiert sind, ist der Ton nicht ganz so alarmistisch. Der Gemeinderat von Ringgenberg BE, einem Dorf am Brienzersee mit 2700 Einwohnern, erfuhr vergangene Woche von den Plänen des Kantons, dort eine Notunterkunft für Asylbewerber zu errichten. 

«Diese Leute kommen sowieso nach Europa, das sind alles menschliche Schicksale. Wir müssen uns dieser Situation stellen.»
Hans Ulrich Imboden, Gemeindepräsident von Ringgenberg

In einem ehemaligen Gästehaus der Heilsarmee sollen bis zu 80 Asylsuchende untergebracht werden. «Natürlich waren wir über die Nachricht nicht froh», sagt Gemeindepräsident Hans Ulrich Imboden (SVP). Auf «Widerstand auf allen Stufen», wie ihn Parteipräsident Brunner gefordert hat, wird die Gemeinde aber verzichten. 

Als Gemeindepräsident betrachte er die Angelegenheit «sachlich», sagt Imboden. «Es handelt sich bei der geplanten Unterkunft um eine private Liegenschaft, und rechtlich spricht nichts gegen die Unterbringung von Asylsuchenden.» Nächste Woche informieren die Gemeindebehörden die Einwohner. 

Die Lage hat sich beruhigt

Er werde bei aller berechtigten Skepsis um Verständnis werben, sagt Imboden. «Diese Leute kommen sowieso nach Europa, das sind alles menschliche Schicksale. Wir müssen uns dieser Situation stellen.» Die Gemeinde werde beim Kanton auf Bedingungen für den Betrieb der Unterkunft drängen – genügend Sicherheitspersonal etwa. Aber Fundamentalopposition? Imboden sagt es nüchtern: «Herr Brunner muss sich halt in Bern wehren.» 

«Die Bevölkerung merkt, dass das mit den Asylsuchenden nicht so schlimm ist, wie viele befürchtet hatten.»
Walter Scheidegger, Gemeindepräsident von Hasle

In Schafhausen, einem Gemeindeteil von Hasle bei Burgdorf BE, brachte der Kanton vergangenen Herbst 130 Asylsuchende in einem ehemaligen Schulhaus unter. Als die Pläne publik wurden, gab es in der Bevölkerung Proteste, in sozialen Medien machten Gegner des Asylzentrums gegen «Gesindel» und «Pack» Stimmung. 

Im alten Schulhaus von Schafhausen leben 130 Asylsuchende.
Im alten Schulhaus von Schafhausen leben 130 Asylsuchende.Bild: KEYSTONE

Inzwischen hat sich die Lage im Emmental beruhigt. «Wir haben mit den Flüchtlingen gute Erfahrungen gemacht», sagt Gemeindepräsident Walter Scheidegger (SVP). Natürlich gebe es Hemmungen, Ängste auch, gerade bei älteren Einwohnern. «Und im Sommer, wenn die Leute aus der Unterkunft länger draussen sind, steigt auch der Lärmpegel.» Doch: «Die Bevölkerung merkt, dass das mit den Asylsuchenden nicht so schlimm ist, wie viele befürchtet hatten.»

Mithilfe beim Jodlerfest

Inzwischen helfen die Heimbewohner bei der Abfallentsorgung in der Gemeinde mit, auch am kantonalen Jodlerfest im Juni waren Asylsuchende im Einsatz. Muss Gemeindepräsident Scheidegger deswegen auf die Barrikaden? «Das Flüchtlingsdrama ist international verursacht», sagt er. «Wir hätten schon darauf beharren können, dass unser altes Schulhaus weiterhin leer steht, aber wem wäre damit geholfen? Irgendwo müssen diese Leute ja hin.» 

«Wir haben kein akutes Problem.»
Marlène Koller, Gemeindepräsidentin von Untersiggenthal

Schon seit vielen Jahren leben Asylbewerber in Untersiggenthal AG. 140 Personen sind es derzeit, verteilt auf zwei kantonale Unterkünfte – eine mitten in einem Wohnquartier, eine andere etwas ausserhalb des Dorfs, an der Limmat. «Die Situation ist ruhig», sagt Gemeindepräsidentin Marlène Koller (SVP), die auch im Aargauer Grossen Rat sitzt. Neulich lud eines der Heime zu einem Tag der offenen Tür: «Das kam im Quartier gut an.» 

Jetzt auf

Ihren Parteipräsidenten will Koller für seine jüngsten Äusserungen nicht verurteilen, denn mit seiner Kritik habe Brunner Recht: «Es braucht politischen Druck, damit die Asylverfahren kürzer werden.» Und ja, der Betrieb eines Asylzentrums in einer Gemeinde sei aufwendig. Davon, dass es in der Bevölkerung «lichterloh» brenne, merkt Koller jedoch nichts. «Für unser Dorf stimmt das so nicht», sagt sie: «Wir haben kein akutes Problem.»

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10 Kommentare
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oskar
12.07.2015 11:51registriert August 2014
in your face toni
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Michael Mettler
12.07.2015 13:19registriert Februar 2014
Ich wohne in einem Dorf mit 150 Einwohner und 150 Asylanten. Es gibt keine Kriminalität, es gibt keine Drogen, unsere Kinder freuen sich ab den "anderen" Menschen. Und ja der Polizist der in diesem Dorf mal erschossen wurde wurde von einem Schweizer erschossen, die Scherben von den Biergläsern im Garten kommen von der Beiz in welcher Schweizer Jugendliche saufen und die Stimmung gegen die Ausländer ist Ausdruck von paranoiden Bünzli-Schweizer. Also liebe SVP berichtet mal darüber!
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j0nas
12.07.2015 13:41registriert Juni 2015
Wir haben in unserer Gemeinde auch ein Zentrum mit 150 Flüchtlingen. Wir veranstalten im Kulturzentrum jeden Freitag ein Flüchtlingscafé. Da steht den Flüchtlingen ein Raum mit vielen Computern zur Verfügung, um mit ihren Verwandten zu chatten etc. Wir hatten nie mehr Probleme als bei Veranstaltungen mit Schweizer Gästen, trotz der grossen Angstmacherei von rechter Seite vor Eröffnug des Zentrums. Ich vermute, Menschen die bereits Kontakt mit Flüchtlingen hatten, haben weit weniger Probleme mit diesen als die Menschen, die nur in den Medien über Flüchtlinge lesen.
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