Kenny Pardon: Der Bachelor ist dröger denn je
Ich bin ein Verfechter der Theorie, dass sich Medien antagonistisch zur Stimmung in der Gesellschaft verhalten sollten: Ist auf der Welt alles in Ordnung, müssen Medien aufrütteln. Ist die Welt am Verblöden, sollten Medien lehren. Und steht sie vor dem Abgrund – so wie aktuell gerade – sollten Medien warme Decken und free hugs verteilen.
3+ ist offensichtlich kein Fan dieser Theorie.
Als hätten wir nicht genug Gelegenheit, an der Menschheit zu zweifeln, streut der TV-Sender weiter Salz in die Wunden. Und bringt die neue Staffel des «Bachelor».
Damit begrüsse ich dich ganz herzlich zur traditionellen Besprechung dieser Kultsendung. Alteingesessene kennen das Spiel: Unsere Edelfedern Anna Rothenfluh und Simone Meier lassen sich locker flockig über die Ereignisse der Kuppelshow aus. Sind die beiden abwesend, springt ein Ersatz ein.
Nun hat es mich wieder einmal erwischt. Die Karte des komplett unerfahrenen Bachelor-Zuschauers darf ich indes nicht mehr spielen. Zu oft hat es mich schon getroffen. Aufgrund meiner Erfahrung kann ich dafür mit Fug und Recht behaupten: Die erste Folge der aktuellen Staffel schlägt in Sachen Langeweile alles bisher Dagewesene.
Es beginnt mit Kenny.
Man kann vom Namen halten, was man will, aber es gab schon einige sehr interessante Kennys auf dieser Erde. Beispielsweise den hier:
Oder den:
Oder natürlich auch den:
Und wenn wir schon bei den berühmten Kennys sind: Was bietet Bachelor Kenny seinen Frauen an, wenn er keine Rose hat?
«Es feins Käfeli!»
*Badummtsss*
Mit diesem offensichtlichsten aller Kenny-Witze sind wir nun auf Augenhöhe mit der Sendung. Obwohl: Die Affiche verspricht mehr Stil als auch schon: Kenny ist Architektur-Student. Man darf also einen gewissen Sinn für Ästhetik erwarten. Trotzdem steigt er in einen weissen Anzug mit Leoprint-Einstecktuch.
Aber Kenny weiss, was er tut. Er stand als Kandidat schon auf der anderen Seite der Rosentheke – und gewann für immerhin 1,5 Jahre das Herz von Bachelorette Andrina Santoro. Doch jetzt ist Schluss und die Zeit reif für eine neue Herzdame. 14 Frauen haben dazu die Chance. Theoretisch.
Praktisch haben nur zwei oder drei wirklich Chancen. Der Rest dient der Belustigung oder ist reines Füllmaterial.
Apropos Füllmaterial. Bei gefühlt der Hälfte der Kandidatinnen sind die Lippen voller als die watson-Belegschaft am Weihnachtsfest. Wer glaubt, eine derartige Betonung des Mundes diene den Damen dazu, zu suggerieren, sie hätten damit auch etwas zu sagen, irrt sich. Da kommt einfach nichts. Nichts Lustiges, nichts Schlaues und auch nichts Interessantes.
Ich vermute stark, die dicken Lippen wollen etwas anderes saugerieren.
Immerhin Sabrina W. glänzt mit einiger Schlagfertigkeit. Als Thalia erwähnt, sie stosse mit einem leeren Glas an, kontert die Wienerin: «Genau so, wie du am Ende ausgehen wirst.» Leider lacht sie dann selbst am lautesten über ihren Witz.
Auch Kennys Vorzüge sind weniger sprachakrobatischer Natur: «Dini Auge sind am Usestrahle!», begrüsst er Sabrina W., als sie aus dem Wagen steigt. Spricht da der Neid? Kennys Augen sehen immer leicht verheult aus.
Länger im Rennen halten dürfte sich auch die Zürcherin Lea. Sie glaubt an Karma, sagt, sie verfüge über eine lange Zündschnur und dass sie im Leben definitiv bei sich selbst angekommen sei. Dementsprechend abgeklärt quittiert sie ein taktisches Mätzchen einer Kontrahentin mit: «Na, du kleine Drecksau, du!»
Die Sizilianerin Chiara und die Fitness-Kauffrau Debora werden wohl ebenfalls mehrere Rosen erhalten. Weniger, weil sie wirklich glänzen, aber die Konkurrenz ist in diesem Jahr einfach schwach. Vielleicht mit ein Grund für Kennys verheulte Augen.
Der erweiterte Favoritinnen-Kreis schliesst sich mit Leonora, die rein äusserlich am meisten an Kennys Ex Adriana erinnert. Sie gehört wie Sabrina W. zu den Aufwieglerinnen. Nur schon deswegen muss sie einige Sendungen überleben.
Die eigentliche Favoritin ist aber die 22-jährige Jennifer aus Luzern. Ausgerechnet an diesem wichtigen Abend kann sie sich für kein Kleid entscheiden. Deshalb begrüsst sie den Bachelor in Unterwäsche. Dem gefällts.
Uns gefällt vor allem, dass sie später beim Vorlesen von Fragen stolperfrei und in einem Guss über die Textzeilen kommt. Das ist nicht selbstverständlich. Sie hebt sich damit angenehm von der Kandidatinnen-Masse ab, bei der man sich wundert, wie sie die Instruktionen für Gel-Nägel lesen und vor allem verarbeiten kann.
Erwähnenswert ist noch die 24-jährige Jessi. Sie hatte noch nie einen Freund, dafür einen Japan-Spleen: «Kenny sieht aus, wie einer meiner Gamecharaktere.» Der Vergleich ist treffend. Kenny wirkt vor der Kamera maximal zweidimensional.
Das ist aber immer noch eine Ebene mehr als seine Freunde. Mit Sätzen wie «Du bist das Gesamtpaket» oder «Du bist der Lottosechser», gratulieren sie ihm zu seiner Einstellung als Bachelor. Natürlich haben sie die tolle Neuigkeit total überraschend vor laufenden Kameras erfahren.
Genauso überraschend erhalten sämtliche Frauen am ersten Abend eine Rose. Keine muss gehen, alles ist möglich, immer wieder versuchen die Produzenten mit noch verrückteren Überraschungen aufzuwarten. Ich bin gespannt wie ein Flitzbogen.
Nicht.
Irgendwie ist auch bei den Autoren der Show die Luft draussen. In dem Sinn muss ich mich korrigieren. Zum aufregenden Weltgeschehen verhält sich diese Show tatsächlich perfekt antagonistisch. Gut gemacht.
Und alle, die jetzt wissen wollen, was es mit Kenny Easterday auf sich hat: Hier geht es zu seinem Wikipediaeintrag.
