Der Bub hätte bei Mami wohl lieber nach echtem Geld gefragt. Bild: Shutterstock
Die Geschichte, wie ein Bub aktenkundig wird, weil er in einem Baselbieter Laden gefragt hat, ob er mit Spielgeld bezahlen könne – erzählt in 5 Akten.
Die zwei Brüder im Alter von 8 und 10 Jahren freuten sich, als es an der Fasnacht in Sissach Anfang März Geldscheine regnet. Es sind falsche Euroscheine, bedruckt mit grossen chinesischen Schriftzeichen auf normalem Papier – sogenanntes Totengeld.
Sie sammeln sie auf und stecken sie ein. Ende April gehen sie in den Dorfladen im Oberbaselbieter Diegten, berichtet die «Basler Zeitung». Sie fragen die Verkäuferin, ob sie mit diesem Geld etwas kaufen können, woraufhin die Frau ihnen postwendend mitteilt, dies sei unhöflich und sie müssten den Laden verlassen, ansonsten würde sie die Polizei rufen. Die beiden Buben, begleitet von einem Nachbarmädchen, verlassen den Laden sofort.
Die Verkäuferin macht ihre Drohung dennoch wahr und meldet den Vorfall der Polizei. So seien die Bestimmungen, sie sei von der Zentrale so angewiesen, begründet sie gegenüber der BaZ ihren Schritt.
Chinesisches Totengeld wird in China bei Beisetzungen den Toten mitgegeben oder zu ihrem Gedenken verbrannt. Bild: Polizeiinspektion Cloppenburg / Vechta
Der Tatort: der Volg in Diegten. Screenshot: Google Street view
Gut einen Monat nach dem Vorfall klingelt es an der Tür der Eltern der beiden Brüder: Ein Polizist des Baselbieter Korps kommt, um sich die Jungs vorzuknöpfen. Es handle sich um «ein Offizialdelikt», beteuert der Polizist. «Eine unschöne Tat, die gewiss keine Kleinigkeit ist», fügt er gemäss der BaZ hinzu. Die Mutter versteht die Welt nicht mehr. Sie kooperiere und stelle sich voll und ganz der Verantwortung, sagt sie dem Polizisten. Der fleissige Polizist präsentiert der Familie stolz die Beweisbilder der Überwachungskamera, in denen der Achtjährige und das Mädchen vor der Kasse stehen. «Mehr war nicht zu sehen», sagt die Mutter.
Danach werden die Kinder vom Polizisten von vorne und von der Seite fotografiert – wie Verbrecher. Als er dann den Achtjährigen als «Täter» identifiziert, war der Polizist «sichtlich enttäuscht», meint der Vater zur BaZ. Dem Zehnjährigen hätte nämlich ein Verfahren bei der Jugendanwaltschaft gedroht, der Achtjährige ist noch nicht strafmündig.
Der Beamte droht weiter, es werde eine Hausdurchsuchung eingeleitet, wenn weiteres Falschgeld auftauche. Fein säuberlich habe er auf dem Sicherstellungs- und Beschlagnahmungsprotokoll aufgeschrieben, was alles beschlagnahmt wurde: drei Mal 50 Euro Spielgeld, zwei Mal 20 Euro Spielgeld, fünf Mal 10 Euro Spielgeld und drei Mal 5 Euro Spielgeld. Und das alles zur Verhinderung weiterer Straftaten, wie auf dem Formular vermerkt sei.
Nach der dreistündigen Prozedur, in der die Kinder keine Rechtsmittelbelehrung erfahren haben, sind die Buben sichtlich aufgelöst. Der Achtjährige wendet sich mit einer verzweifelten Frage an seine Mutter: «Komme ich jetzt ins Gefängnis, Mami?» Dies verneinte die Mutter, doch dass er bis ins Jahr 2032 aktenkundig sein wird, versteht er noch nicht ganz. Dafür müssen die Eltern mit ihren Kindern zum Präventionsgespräch mit dem polizeilichen Jugenddienst antraben. Der Polizist fand, sie bräuchten eine «besondere Hilfestellung», so die BaZ. (cki)
Hier geht es zur Stellungnahme der Polizei und des Volgs: