«Bezahlung nur mit Karten. Keine Barzahlung.» Dieses Schild am neuen Nespresso-Shop in der Schalterhalle des Bahnhof SBB ist in Basel ein Novum, vielleicht sogar schweizweit. Denn die darauf angepriesene Praxis ist illegal, wie Raphael Frei vom Bundesamt für Justiz (BJ) sagt.
«Gemäss Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel müssen Schweizerische Banknoten von jeder Person unbeschränkt an Zahlung genommen werden». Für den Schweizerischen Konsumentenschutz (SKS) ist das Vorgehen des Kaffeekapsel-Herstellers inakzeptabel. «Wir fordern Nespresso auf, in jedem Shop Bargeld anzunehmen», sagt André Bähler.
Der Kapselhersteller mit Sitz in Lausanne hält an seiner Praxis fest und bestreitet, gegen geltendes Recht zu verstossen: «Die Rechtsauskunft des Bundesamts für Justiz trifft den konkreten Sachverhalt nicht richtig, weil die Vorschrift der Bargeld-Annahme nur die Situation betrifft, wenn zwischen zwei Parteien ein Vertrag zustande gekommen ist», schreibt Nespresso Schweiz in einer Stellungnahme. Dies sei beim Nespresso Popup-Store im Bahnhof SBB nicht der Fall. «Vor der Boutique wird dem Kunden erklärt, welche Zahlungsmöglichkeiten ihm aus Sicherheitsgründen zur Verfügung stehen. In der Folge kann der Kunde entscheiden, ob er einen Einkauf tätigen will oder nicht.»
Die Popup Boutiquen seien nur für einen temporären Einsatz konzipiert und verfügten deshalb nicht über die gleiche Infrastruktur wie die regulären Läden. Aus Sicherheitsgründen akzeptiere Nespresso deshalb in den Popup Boutiquen nur Debit- und Kreditkarten.» In sämtliche regulären Shops könne weiterhin auch mit Bargeld bezahlt werden. Negative Reaktionen von Kunden seien bisher keine bekannt.
Im Ausland ist der Trend hin zu Läden und Restaurants, die kein Bargeld mehr akzeptieren, bereits deutlich erkennbar. Dänemark führt ein neues Gesetz ein, das es kleineren Läden, Tankstellen und Restaurants erlaubt, künftig kein Bargeld mehr zu akzeptieren, schreibt die «Handelszeitung». Die Regierung erhoffe sich dadurch eine Stärkung der Wirtschaft, weil der Umgang mit Bargeld teuer sei, so die Zeitung. Supermärkte hingegen seien auch nach dem neuen Gesetz weiterhin zur Annahme von Bargeld verpflichtet.
Die Stiftung Konsumentenschutz Schweiz SKS fürchtet sich vor «dänischen» Verhältnissen. «Nebst vielen positiven Eigenschaften hat bargeldloses Zahlen auch negative Begleiterscheinungen, zum Beispiel werden noch mehr Daten über unser Einkaufsverhalten gesammelt und unserer Person zugeordnet – die Tendenz zum gläsernen Konsumenten verstärkt sich damit», sagt SKS-Wirtschaftsspezialist Peter Dähler. Auch wenn der parallele Betrieb von Bargeld und elektronischem Zahlungsverkehr Mehrkosten verursache, sei er aus Sicht des SKS nach wie vor die beste Lösung. «Einerseits können die Konsumenten ihre bevorzugte Zahlungsart auswählen, andererseits können die Geschäfte auch dann Waren verkaufen, wenn der elektronische Zahlungsverkehr ausfällt.»
Dass die rechtliche Lage in der Schweiz so glasklar ist, wie BJ-Sprecher Frei sagt, ist auch unter Experten umstritten. Genau geklärt ist die Frage, ob tatsächlich jede Firma Bargeld akzeptieren muss, offenbar nicht. Mehrere Experten stellen sich auf den Standpunkt, dass die Vertragsfreiheit möglicherweise von den Richtern höher gewichtet würde als der Bargeldannahme-Zwang, doch habe es noch kein entsprechendes Urteil gegeben. Konkret dazu äussern wollte sich aber weder das Staatssekretariat für Wirtschaft noch die Nationalbank. Und auch die Handelskammer beider Basel, der Wirtschaftsverband Economiesuisse und der Gewerbeverband Basel-Stadt haben sich gemäss eigenen Angaben noch nicht mit dieser Thematik beschäftigt.