Lawinen, Steinschläge, Murgänge, Hochwasser, Gletscherseen: der Kanton Bern lebt seit Jahrhunderten mit zahlreichen Naturgefahren.
Der Lawinenwinter 1999 und der darauffolgende Hochwassersommer waren so etwas wie ein Weckruf, um in Sachen Schutz und Prävention über die Bücher zu gehen.
Im Kanton Bern gibt es zahlreiche Naturgefahren, nicht nur in den Bergen. Hochwasser und Überschwemmungen namentlich an der Aare und ihren Zuflüssen treten immer wieder auf.
Die regulierbaren Jurarandseen dienen jeweils als Puffer und können einiges an Wasser aus dem Oberland aufnehmen, das dann dosiert wieder aus dem Bielersee abgelassen werden kann. Ein Abkommen mit den weiter unten an der Aare liegenden Kantonen regelt die Abflussmengen. Doch auch dieses System gelangt irgendwann an Grenzen, wie jüngst 2021 und 2023, als der Bielersee über die Ufer trat.
Nach verheerenden Ereignissen mit Lawinen, Hochwasser und Murgängen 1999 und 2005 wurden vielerorts die Überarbeitung der Gefahrenkarten und umfangreiche Wasserschutzmassnahmen angestossen. In Lyss und Thun etwa wurden Entlastungsstollen an betroffenen Gewässern gebaut.
Es fand allgemein ein Umdenken statt und man gab Gewässern wieder mehr Raum. Davon zeugen etwa Wasserschutz- und Renaturierungsmassnahmen an der Aare zwischen Thun und Bern.
In den Bergen sind insbesondere Lawinen, Bergstürze und Murgänge ein Problem. Der aktuelle Hotspot befindet sich an der Flanke des Doldenhorns beim Spitzen Stein. Dort sind mehrere Millionen Tonnen Gestein seit einigen Jahren in Bewegung. Es kommt immer wieder zu Abbrüchen.
Anders als im Lötschental befindet sich die Gefahrenstelle ausserhalb des Siedlungsgebiets und auch nicht über einem Gletscher. Fachleute halten es für wenig wahrscheinlich, dass sich die drei instabilen Felspakete alle gemeinsam lösen. Als wahrscheinlicher wird ein Szenario mit mehreren Abbrüchen angesehen. Dabei könnte sich bei grossen Abgängen der Oeschibach stauen.
Der Spitze Stein wird seit mehreren Jahren eng überwacht, damit die Bevölkerung rechtzeitig alarmiert und bei Bedarf evakuiert werden kann. In den letzten Jahren wurden umfangreiche Wasserschutzmassnahmen am Oeschibach umgesetzt.
Die Behörden haben eine sogenannte Planungszone über das gefährdete Gebiet bis ins Dorf erlassen. Dort gelten Einschränkungen namentlich fürs Bauen. Sie werden im Dorf aktuell kontrovers diskutiert.
Tauender Permafrost sorgt auch in der Region von Guttannen am Grimselpass seit Jahren für Steinschläge und Murgänge. Unter Beobachtung steht etwa der Spreitgraben mit seinem grossen Einzugsgebiet.
Am Ritzlihorn kam es seit 2009 immer wieder zu Felsabbrüchen mit Geröllawinen. Diese füllten das Flussbett der Aare zunehmend mit Schutt und Sand auf. Dies erhöhte das Risiko für den Ortsteil Boden. Letztlich konnte jedoch auf eine Umsiedlung der Bewohnerinnen und Bewohner verzichtet werden. Einzelne Häuser zu nahe an der Gefahrenzone mussten jedoch aufgegeben werden.
Auch an den steilen Hängen des Brienzergrats zeugen zahlreiche Runsen und Gräben von Naturgefahren. Fast jeden Winter sind Strasse und Bahn am Brienzerseeufer ausserhalb der Dörfer mindestens einmal wegen Lawinenabgängen oder Lawinengefahr gesperrt.
Im Sommer treten vor allem die Wildbäche, die steilen Hänge entwässern, gelegentlich über die Ufer. Verbauungen und weitere Schutzmassnahmen sind in den vergangenen Jahrzehnten ausgebaut worden.
Besonders viel wurde nach einer verheerenden Schlammlawine am Glyssibach in Brienz im Jahr 2005 gemacht. Die Katastrophe richtete riesigen Schaden an Gebäuden und Infrastruktur an und forderte mehrere Menschenleben.
Erst im vergangenen August verwüstete der nach einem heftigen Unwetter über die Ufer getretene Milibach den Brienzer Ortsteil Aenderdorf. Der erst vor wenigen Jahren erstellte Geschiebesammler vermochte nicht alles Gestein zu fassen, das der Milibach mit sich gerissen hatte.
In den letzten Jahrzehnten haben sich auch an verschiedenen Orten Gletscherseen gebildet, die gelegentlich auslaufen und im Tal für Überschwemmungen sorgen können.
Fast jeden Sommer entleert sich etwa der Faverges-See im Plaine Morte Gebiet Richtung Lenk. Der See wird seit Jahren ebenfalls überwacht, ein Alarmierungssystem warnt die Bevölkerung. (cst/sda)
Selbst hier wird vereinzelt abgestritten, dass der Mensch Einfluss hätte