Wegen Betrugs und Rassendiskriminierung ist der libysche Laienprediger Abu Ramadan am Dienstag in Biel zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden. Das Regionalgericht verfügte zudem eine Landesverweisung von sechs Jahren.
Einzelrichterin Denise Weingart folgte damit vollumfänglich den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Der amtliche Verteidiger hatte einen Freispruch mangels Beweisen verlangt. Er kündigte im Interview mit Keystone-SDA-Video bereits an, dass sein Mandant das Urteil weiterziehen will. Die mediale Vorverurteilung habe sich auch im Strafverfahren niedergeschlagen.
Das erstinstanzliche Gericht sah es für erwiesen an, dass Abu Ramadan den Behörden seiner Wohngemeinde Nidau Einkünfte aus der Organisation von Pilgerreisen verschwieg. So habe er unrechtmässig Sozialhilfe in der Höhe von fast 45'000 Franken bezogen.
Abu Ramadan hatte die Vorwürfe am Montag zurückgewiesen. Doch die Einzelrichterin schenkte seinen Ausführungen keinen Glauben. Der Beschuldigte habe sich in Widersprüche verstrickt und manche Angaben im Verlauf der Untersuchung geändert. In einigen Aussagen erkannte die Richterin «Lügensignale».
Das Gericht sah es weiter für erwiesen an, dass Abu Ramadan an der Freitagspredigt vom 7. Juli 2017 in der Bieler Ar'Rahman-Moschee zum Hass auf Andersgläubige aufgerufen habe. Die Richterin stützte sich dabei auf das Gutachten eines Islamwissenschafters der Uni Freiburg.
Eine Tonaufnahme der Predigt war im Sommer 2017 durch Medienberichte an die Öffentlichkeit gelangt. Die Staatsanwaltschaft nahm darauf Ermittlungen auf.
Abu Ramadan ist 68 Jahre alt. Er kam 1998 auf der Flucht vor dem damaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi in die Schweiz. Als Arbeitsloser bezog er jahrelang Sozialhilfe. Mittlerweile bezieht er AHV und Ergänzungsleistungen.
Das Urteil nahm er am Dienstag fast regungslos entgegen. Am Vortag hatte er beteuert, er habe ein reines Gewissen und vertraue der Weisheit der Schweizer Richter. Eine Rückkehr in sein Heimatland sei nicht vorstellbar, da er dort von Gaddafi-Anhängern bedroht werde.
In der Vergangenheit ist Abu Ramadan immer wieder nach Libyen gereist, wo mehrere nahe Verwandte leben. Wegen der vielen Reisen sprachen ihm die Bundesbehörden 2017 den Asylstatus ab. Seither hält sich Abu Ramadan dank einer C-Bewilligung in der Schweiz auf. In Tripolis war er nach eigenen Angaben zuletzt vor wenigen Monaten. (sda)