Nationalrat lehnt Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» ab
Gut zehn Stunden debattierte der Nationalrat über die Initiative. Über hundert Ratsmitglieder, mehr als die Hälfte der grossen Kammer, äusserten sich. Der Rat beschloss sein Nein zur SVP-Initiative am Donnerstag mit 121 zu 64 Stimmen bei 6 Enthaltungen. Allein die SVP stimmte mit Ja, die Enthaltungen kamen aus der Mitte-Fraktion. Deren direkten Gegenvorschlag hatte der Rat zuvor abgelehnt.
Die SVP verlangt eine «nachhaltige Bevölkerungsentwicklung». Demnach soll die Einwohnerzahl der Schweiz 2050 zehn Millionen nicht überschreiten dürfen. Leben schon zuvor 9,5 Millionen Menschen im Land, müssen Bundesrat und Parlament handeln.
Etwa dürften vorläufig Aufgenommene keine Niederlassungsbewilligung mehr erhalten und nicht mehr eingebürgert werden. Der Nachzug von Familien würde eingeschränkt. Internationale Abkommen, die zu einem Bevölkerungswachstum führen, müssten mit Blick auf eine Ausnahmeklausel neu ausgehandelt werden. Genügt alles nicht, müsste als letzte Massnahme das EU-Freizügigkeitsabkommen gekündigt werden.
Bundesrat Jans: Initiative löst keine Probleme
Der Bundesrat präsentierte im März Massnahmen in den Bereichen Wohnen, Asyl und Arbeitsmarkt, um Folgen der Zuwanderung abzufedern. Justizminister Beat Jans warnte, die Initiative löse keine Probleme, sondern schaffe neue. «Die EU ist unsere wichtigste Partnerin. Die Initiative würde die bilateralen Beziehungen brutal angreifen.»
Das mit der EU ausgehandelte neue Vertragspaket sei das Gegenprojekt zu der Initiative, sagte Jans und erinnerte an die darin enthaltene und von der SVP abgelehnte Schutzklausel. «Mit ihr können wir die Zuwanderung aus der EU beschränken, ohne den bilateralen Weg infrage zu stellen.»
Kein Gegenvorschlag
Die Mitte hätte mit einem direkten Gegenvorschlag die Zuwanderung steuern wollen, ohne die Personenfreizügigkeit zu gefährden. Zuwanderung beschäftige die Menschen, und deshalb brauche es klare Regeln, um sie zu steuern, sagte Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS). «Aber wir dürfen die bilateralen Verträge nicht aufs Spiel setzen.»
Der vom Nationalrat abgelehnte Gegenvorschlag nannte als Zielgrösse zehn Millionen Einwohner. Sobald die Zahl 9,5 Millionen überschreitet, hätte der Bundesrat handeln müssen. Als letztes Mittel wollte die Mitte Verhandlungen mit der EU über eine nachhaltige Steuerung der Zuwanderung verlangen. (sda/val)