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Recycling Day 2024: Farbsack-Trennsystem in Bern wird überarbeitet

Stadt Bern bei Farbsack-Trennsystem unter Druck: «Bitte Stimmbevölkerung um Entschuldigung»

Die Stadt Bern muss beim Farbsack-Trennsystem zurückbuchstabieren. Die flächendeckende Containerpflicht lasse sich nicht realisieren, teilte der Gemeinderat am Montag mit.
18.03.2024, 14:3918.03.2024, 14:39
Start des Pilotversuchs «Farbsack-Trennsystem» in Bern, am Dienstag, 18. September 2018. Seit Anfang September laeuft der Pilotversuch «Farbsack-Trennsystem» mit den Farbsack-Abfuhren. Rund 2500 Haush ...
Mit dem Farbsack-Trennsystem soll Separatmüll wie Glas, Büchsen, PET-Flaschen und Plastikverpackungen in verschiedenfarbigen Säcken gesammelt und in Containern vor dem Haus deponiert werden.Bild: KEYSTONE

Der Gemeinderat will nun eine einfachere Lösung prüfen: Eine Containerpflicht soll es nur für jene Liegenschaften geben, die genügend Platz haben und auf denen die Container mit zumutbaren Massnahmen platziert werden können. Gleichzeitig will die Stadt im öffentlichen Raum zusätzliche Standorte zur Verfügung stellen.

Das Stimmvolk hatte dem Projekt im Herbst 2021 zugestimmt. Die Bürgerinnen und Bürger sollen Separatmüll wie Glas, Büchsen, PET-Flaschen und Plastikverpackungen in verschiedenfarbigen Säcken sammeln können und in Containern vor dem Haus deponieren.

Doch 2023 zeigten sich bei der Vorbereitungsarbeiten im Stadtteil III grundlegende Probleme. Vor allem wurde klar, dass auf privatem Grund aufgrund der Rechtslage deutlich weniger Container platziert werden können als ursprünglich angenommen. Diese Befürchtung hatten Gegner der Neuerung bereits im Abstimmungskampf geäussert.

«Wir müssen uns den Vorwurf gefallen lassen, warum wir die Probleme vor der Abstimmung nicht gesehen haben», sagte Gemeinderätin Marieke Kruit (SP) vor den Medien. «Der neuartige Charakter und die Komplexität des Vorhabens sind eine Erklärung.»

Marieke Kruit, Gemeinderaetin Stadt Bern, rechts, spricht neben Andrii Biriuchenko, Botschaftsrat, Botschaft der Ukraine in der Schweiz, links, waehrend einer Medienkonferenz ueber die von WBF und BER ...
SP-Gemeinderätin Marieke Kruit. (Archivbild)Bild: keystone

Aber sie und «wir alle» stünden in der Verantwortung. «Für die gemachten Fehler bitte ich die Stimmbevölkerung um Entschuldigung.»

Stadtrat am Zug

Über den Verzicht auf die flächendeckende Containerpflicht wird demnächst das Parlament debattieren. Im dazugehörigen Bericht heisst es, die Umsetzung des Geschäft werde sich um mehr als zwei Jahre verzögern.

Der Stadtrat kann den Bericht lediglich zur Kenntnis nehmen. Er muss aber auch grünes Licht geben, damit die Stadt «ein angepasstes Entsorgungssystem mit einer teilweise Containerpflicht» vertieft prüft. Tut er dies nicht, wird die Übung sehr wahrscheinlich abgebrochen.

Start des Pilotversuchs «Farbsack-Trennsystem» in Bern, am Dienstag, 18. September 2018. Seit Anfang September laeuft der Pilotversuch «Farbsack-Trennsystem» mit den Farbsack-Abfuhren. Rund 2500 Haush ...
Bild: KEYSTONE

Personal schützen

Das möchte der Gemeinderat verhindern, denn die Probleme der Entsorgung würden so nicht gelöst. Zum einen sollen die zuweilen überquellenden Quartiersammelstellen entlastet werden. Zum anderen will die Stadt die Gesundheit des Entsorgungspersonals besser schützen.

Diese Angestellten hievten tagtäglich Abfallsäcke und Bündel mit Papier und Karton von den Trottoirs hinten in die Kehrichtwagen, sagte Kruit. Pro Tag seien das bis zu acht Tonnen Last pro Person. Die Folge seien häufig Rückenbeschwerden.

Entfalle die flächendeckende Containerpflicht, könnten die Ziele zwar höchstens teilweise erreicht werden, räumte Kruit ein. «Aber eine umsetzbare 70-Prozent-Lösung ist besser als eine nicht umsetzbare 100-Prozent-Lösung. Jeder Container zählt.»

Offene Fragen

Nicht sicher ist, ob die Bevölkerung auch im neuen System die Möglichkeit hat, Separatmüll in Farbsäcken zu entsorgen. Der Gemeinderat strebt das zwar an, zumal die Reaktionen im Pilotprojekt positiv waren. Aber er muss dafür erst einmal eine Lösung finden, die juristisch, technisch und betriebswirtschaftlich umsetzbar ist, wie es an der Medienkonferenz hiess.

Findet sich eine praktikable Lösung, wird der Gemeinderat eine entsprechende Stadtratsvorlage erarbeiten. Womöglich bräuchte es dann noch eine weitere Volksabstimmung. (lak/sda)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Aschenmadlen
18.03.2024 15:37registriert Juli 2017
Ein kleines Haus mit einem kleinen Vorgarten, und die wollen dir dann 4 o. 5 Kübel da reinstellen? In der Altstadt ist das wahrscheinlich auch schwierig. Zudem stehen ja überall schon dieses unreglemetierten eTrottis im Weg. Da haben einige Beamte der Stadt wieder grausam viel studiert.
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