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Der Erstfelder Cabaretbetreiber Ignaz Walker soll im November 2010 einen Killer beauftragt haben, seine damalige Ehefrau umzubringen – mit einer Waffe, mit der Walker selber im Januar 2010 auf einen Gast geschossen haben soll. Das Urner Landgericht verurteilte Walker 2012 für die beiden Taten zu zehn Jahren Haft, ein Jahr später erhöhte das Obergericht die Strafe auf 15 Jahre.
Nachdem das Bundesgericht das Urteil gegen Walker im Dezember 2014 aufhob, wird der Fall Walker ab heute, 19. Oktober, vor dem Urner Obergericht neu verhandelt.
Diese Personen spielen im Fall Walker eine Rolle:
Ignaz Walker ist der Urner Justiz seit jeher ein Dorn im Auge. Als er 1999 die Bar seines Restaurants Fisch in Erstfeld zu einem Cabaret umfunktioniert, werden immer wieder Verfahren gegen ihn eröffnet, die meisten – über 30 – müssen jedoch wieder eingestellt werden. Zwischen 1997 und 2009 steht Walker 14 Mal vor Gericht. Aus lediglich drei Verfahren geht ein Schuldspruch mit bedingten Geldstrafen und Bussen hervor; einmal, weil er einer Frau aus dem Milieu den illegalen Aufenthalt in der Schweiz erleichtert hatte, zweimal, weil er handgreiflich wurde.
Johannes P., ein in Frankreich wohnhafter Holländer, gerät am 4. Januar 2010 in einen Streit mit Walker. Als dieser den stark betrunkenen Gast aus seinem Lokal weist, fällt vor der Taverne ein Schuss. Johannes P. ruft die Polizei und sagt, Walker habe auf ihn geschossen. Der Holländer hat zum Tatzeitpunkt 2,58 Promille Alkohol im Blut. Fünf Monate später wird Johannes P. wegen Halluzinationen psychiatrisch behandelt. Der Holländer wird nie vor Gericht befragt. Trotzdem vertrauen die Urner Richter seinen Aussagen als Hauptbelastungszeuge gegen Walker.
Johannes P. wird beim Prozess am Montag als Zeuge vorgeladen werden. Das verlangte das Bundesgericht.
Michael M., einer von drei Kriminaltechnikern der Kantonspolizei Uri, findet ein entscheidendes Indiz für die Schuld von Walker: eine DNA-Spur auf einer Patronenhülse, die vor dem Cabaret Taverne gefunden wurde. Bereits anderthalb Monate später weiss Michael M., dass die DNA mit jener von Walker übereinstimmt. Doch der Kriminaltechniker behält den Fund für sich. Erst sieben Monate später wird der DNA-Hit aktenkundig. Dabei hätte Michael M. gar nicht erst gegen Walker ermitteln dürfen. Der Grund: Er war nach einer Pöbelei im Cabaret Taverne in ein Verfahren mit Walker verwickelt. Ein Gutachten des Forensischen Instituts Zürich ergab ausserdem, dass DNA auf einer verschossenen Hülse so gut wie gar nicht überleben kann.
Weil unklar ist, wie Walkers Erbgut auf die Hülse gelangt ist, darf die DNA-Spur im Berufungsprozess vor dem Urner Obergericht nicht mehr als Beweismittel verwendet werden. So wollen es die Richter aus Lausanne.
Nataliya K. aus der Ukraine arbeitete zunächst als Tänzerin im Cabaret Taverne. 2005 heiratet sie Ignaz Walker – eine Ehe, die von Problemen geprägt ist. Nach der Trennung 2008 will sie sich nicht scheiden lassen; ihr Bleiberecht in der Schweiz würde damit in Gefahr geraten. Am 11. November 2010 reicht Ignaz Walker die Scheidungsklage ein. Einen Tag später wird Nataliya K. auf ihrem Heimweg in Erstfeld durch drei Schüsse verletzt. Gleich in ihrer ersten Einvernahme sagt Nataliya K. aus, dass nur ihr Ehemann für diese Tat infrage komme. Er habe zwar nicht selber geschossen, aber jemanden beauftragt. Die Version, die sie kurz darauf auch dem «Blick» schildert, wird denn auch zu jener der Urner Ermittler. Diese sind überzeugt, dass Walker einen Auftragskiller auf seine Ehefrau angesetzt haben muss – in eine andere Richtung wird gar nicht erst ermittelt.
Claudio V., der neue Lebensgefährte von Nataliya K., stösst ins selbe Horn. Bereits bei seinem Notruf bei der Polizei – seine Freundin lag verletzt in seinem Hauseingang – bringt er Ignaz Walker ins Spiel. Walker habe Nataliya K. mehrfach mit dem Tod gedroht und kenne genug Leute, die er als Auftragskiller engagieren könne, sagt Claudio V. in seiner ersten Einvernahme. Am Schluss seines handschriftlichen Einvernahmeprotokolls steht: «Er soll endlich hinter Gitter kommen!!!»
Sasa Sindelic, ein in der Schweiz aufgewachsener Serbe, wird im Dezember 2010 in Wolfenschiessen (NW) festgenommen. Im Keller seiner Freundin finden die Ermittler mehrere Waffen, darunter jene, mit der auf Nataliya K. und Johannes P. geschossen worden war. Für die Urner Richter ein entscheidendes Indiz: Weil beim Schuss auf den Holländer die gleiche Waffe verwendet wurde, muss Walker auch den Mord an Nataliya K. in Auftrag gegeben haben. Sindelic bestreitet, auf die Ukrainerin geschossen zu haben, wird vom Urner Landgericht jedoch schuldig gesprochen und sitzt seit Dezember 2010 seine achtjährige Haftstrafe ab.
Im Januar 2010 schildert der rechtskräftig verurteilte Auftragsschütze in der «Rundschau» des SRF eine neue Tatversion. Ignaz Walker habe mit den Schüssen auf Nataliya K. nichts zu tun; es habe sich um ein Komplott von ihm, Nataliya K. und Claudio V. gehandelt – das Ziel: Walker hinter Gitter zu bringen.
Tatsächlich wanderte Walker hinter Gitter – 4 Jahre, 7 Monate und 22 Tage in Untersuchungshaft. Seit 22. September ist er wieder auf freiem Fuss.
Neben Johannes P., Ignaz Walker, Nataliya K. und Sasa Sindelic werden weitere Personen vor dem Obergericht befragt:
Esther Omlin, Oberstaatsanwältin von Obwalden, hat in den ersten Monaten die Untersuchungen gegen Sasa Sindelic geleitet, weil dieser bereits ein anderes Vergehen in Obwalden begangen hatte. Heute hat sie mit dem Fall nichts mehr zu tun; Uri hatte ihn im April 2011 wieder an sich gerissen. Gegenüber der «Rundschau» liess sie jedoch verlauten, sie hätte damals immer grössere Zweifel gehabt, dass Walker Sindelic den Auftrag gegeben habe. Diese Zweifel soll sie nun vor Obergericht ausführen.
Martin Lory, Schusswaffenexperte am Forensischen Institut (FOR) in Zürich, war nach der neuen Version von Sasa Sindelic beauftragt worden, ein Gutachten zu erstellen. Darin solle die Frage geklärt werden, welche der Versionen anhand des Spurenbildes am Tatort plausibler sei. Statt eines Gutachtens führte das FOR Ende September eine Schussrekonstruktion am Tatort durch.
Mit der Originalwaffe und scharfer Munition wurden drei Versionen durchgespielt: jene der Staatsanwaltschaft, welche sich auf die Aussagen von Nataliya K. stützt, jene der Verteidigung, die von einem Komplott ausgeht, und eine neue Version von Nataliya K., die sich von ihren bisher gemachten Aussagen deutlich unterscheidet. Vor dem Urner Obergericht wird Martin Lory nun die Ergebnisse präsentieren und eine Einschätzung geben darüber, was plausibler ist: ein tatsächlicher Mordauftrag mit der Absicht, Nataliya K. zu töten, oder ein Komplott, bei dem nur ihre Handtasche hätte getroffen werden sollen.
Man darf gespannt sein auf den Berufungsprozess vor dem Urner Obergericht. Für den ersten Fall, den Schuss vor der Taverne im Januar 2010, verbleibt als Indiz gegen Ignaz Walker nur noch die Aussage von Johannes P. Gelingt es der Staatsanwaltschaft nicht, die Richter zu überzeugen, dass Walker mit der Blow Mini auf den Holländer geschossen hat, dürfte es schwierig werden, den Zusammenhang zum Schuss auf Nataliya K. herzustellen. Dies, zumal sich in den Akten einige Indizien finden, die für die Komplott-Version sprechen.
Angenehm zu lesen.
Danke watson – einmal mehr.