Der Vorschlag ist knapp gehalten, schon die Sprache signalisiert: Hier soll gespart werden! «Überprüfung 1. Klasse Finanzierung. Abonnemente und Einzeltickets Bund nur noch 2. Klasse. Allfälliger Klassenwechsel auf eigene Kosten.» Wirkung: «Einsparungen im Spesenwesen.» Finanzielles Volumen: «Relevantes Potenzial.» Zu finden ist die Idee in Beilage 3 zum Bericht der sogenannten Rotstift-Gruppe um Serge Gaillard, die am Donnerstag mögliche Sparmassnahmen beim Bund im Umfang von 5 Milliarden präsentiert hat.
Die Beilage 3 erhielt bisher kaum Beachtung. Fälschlicherweise, denn in dem brisanten Dokument zeigt sich, wo die Bundesverwaltung bei sich selbst Speckröllchen entdeckt, wenn sie vor den Spiegel steht: Es ist eine Sammlung von Sparideen, die von den Bundesangestellten von März bis April 2024 selbst zusammengetragen wurde.
Darunter der erwähnte Vorschlag, dass Bundesangestellte geschäftlich im Zug bloss noch 2. Klasse fahren sollen. Heute haben Angestellte ab der 16. Lohnklasse gemäss Spesenreglement das Recht, die 1. Klasse zu benützen. Lohnklasse 16, das sind Personen mit höherer Berufsbildung und zwei bis drei Jahren Erfahrung. Der Vorschlag läuft auf ein empfindliches Downgrade aller Chefbeamten von Lohnklasse 16 an aufwärts hinaus. Wer hat ihn eingereicht? Jemand aus Lohnklasse 15? Wir wissen es nicht: Die Expertengruppe erhielt die Vorschläge anonymisiert.
Blättert man sich durch Beilage 3, fällt auf, dass die Verwaltung selbst unter Bürokratie leidet. Da wird etwa die Reduktion von Berichtslängen gefordert: «Berichte der Bundesverwaltung (...) sind in der Regel lang. Kürzere Berichte dürften hingegen mehr Wirkung erzielen.» An anderer Stelle fordert jemand schlicht: «Entbürokratisierung der Landwirtschaft und der KMU. Vollzugsvereinfachungen.» Der Bauernverband könnte das nicht träfer formulieren. Auch intern möchten manche Bürokraten die Bürokratie zurückdrängen, über eine «Reduktion bundesinterner Berichterstattung, Rapportierung», mit dem Ziel der «Verwesentlichung des internen Berichtswesens». Das ist zwar immer noch fürchterliches Beamtendeutsch, in der Sache aber zweifellos zu begrüssen.
Die Verwaltung ist durchaus technologieoffen. Das ist eine weitere Erkenntnis, die Beilage 3 liefert. Da findet sich folgende Forderung: «Verzicht auf Übersetzungsdienste für den gesamten bundesverwaltungsinternen Schriftverkehr, Fokus auf Texte mit bleibendem Charakter.» Begründung: Beim Bund müssten die Angestellten die Landessprachen so weit beherrschen, dass sie alle Dokumente verstehen. «Im Bedarfsfall ist die Qualität von den bestehenden KI-Tools ausreichend und wird immer besser.» Ins Kapitel technischer Fortschritt fällt auch der Vorschlag: «Abschaffung aller gedruckten Jahresberichte, Fachberichte und anderen Publikationen der Bundesverwaltung und konsequenter Ersatz durch elektronische Formate.»
Man kann den Staatsdienerinnen und Staatsdienern nicht vorwerfen, sich selber zu schonen: Nebst dem Vorschlag, aus der 1. Klasse auszusteigen, wird etwa auch gefordert, den «Kündigungsprozess der Privatwirtschaft anzupassen», damit Verwaltungseinheiten «effektiver auf Veränderungen reagieren könnten». Der Versuchung, mit dem Finger auch auf andere zu zeigen, können aber nicht alle widerstehen. So fordert jemand «Massnahmen zur Begrenzung der Anzahl parlamentarischer Vorstösse». Es ist eine vernünftige Verzichtsaufforderung – auf die jedoch wegen Aussichtslosigkeit getrost hätte verzichtet werden können.
Bei Letzterem hätten die BR immerhin den Anreiz, diese für alle gut aufzustellen.