Schweiz
Bundesrat

Mord ohne Verjährung? Bundesrat warnt vor falschen Hoffnungen

Nach dem T
Jahrzehnte später noch vor Gericht? Der Bundesrat sieht Nachteile.Bild: sda

Warum der Bundesrat die Abschaffung der Verjährung für Mord kritisch sieht

12.02.2025, 13:2512.02.2025, 13:25
Mehr «Schweiz»

Der Bundesrat steht der Unverjährbarkeit von Mord skeptisch gegenüber. Gewichtige Gründe würden gegen die von einer Ständeratskommission vorgelegte Reform sprechen. Die Landesregierung erachte es jedoch als politisch opportun, die Fragestellung zu prüfen.

Das kommunizierte der Bundesrat am Mittwoch in einer Stellungnahme. Er hält fest, dass das Interesse der Hinterbliebenen an der Aufklärung und Bestrafung einer schweren Tat ernst zu nehmen sei. Die Unverjährbarkeit könne aber nicht in jedem Fall das Interesse des Opfers befriedigen. Gerade dann, wenn die Abschaffung der Verjährungsfrist bei den Hinterbliebenen falsche Hoffnungen auf eine Verurteilung des Täters wecken könnte.

Risiko einer erneuten Traumatisierung

Der Nachweis Jahrzehnte nach einer Tat werde immer schwieriger und unwahrscheinlicher, schrieb der Bundesrat. DNA-Spuren reichen oft nicht aus, um den Täter oder die Täterin zu identifizieren. In der Regel seien zusätzliche Beweise erforderlich. Ein Freispruch aufgrund mangelnder Beweise sei jedoch häufig nicht nur eine Enttäuschung, sondern könne bei Hinterbliebenen sogar zu einer erneuten Traumatisierung führen.

Die Interessen von Opfern und deren Angehörigen seien wichtig, dürften aber nicht alleine für die Bestrafung des Täters oder der Täterin ausschlaggebend sein, hiess es weiter. Die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs erfülle vor allem einen gesamtgesellschaftlichen Zweck. Mit einem Strafverfahren zeige der Staat, dass er die Rechtsordnung verteidige und einen Verstoss gegen die Regeln nicht dulde. Dieser Aspekt verliere jedoch mit zunehmendem Zeitablauf an Bedeutung.

Entwurf geht ans Parlament

Sollte auf den Entwurf der Rechtskommission des Ständerats (RK-S) eingetreten werden, beantragt der Bundesrat, die Frist zur Verfolgungsverjährung im Sinne der Eingaben im Vernehmlassungsverfahren zu prüfen.

Im Januar 2019 hatte der Kanton St. Gallen eine Standesinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches eingereicht. Die Initiative forderte, die Verjährungsfrist für lebenslange Strafen von dreissig Jahren auf unverjährbar anzuheben.

Eine knappe Mehrheit der RK-S begrüsste im Oktober des vergangenen Jahres dieses Anliegen im Grundsatz, beschloss jedoch, die Verjährungsfrist ausschliesslich für Mord aufzuheben. Künftig sollen sowohl die Strafverfolgung als auch die Strafvollstreckung bei Mord unverjährbar sein. (sda/thw)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Fünf Pannen und Fehlentscheide in Justiz und Vollzug der letzten fünf Jahre
1 / 7
Fünf Pannen und Fehlentscheide in Justiz und Vollzug der letzten fünf Jahre
1. Am 25. August 2008 wird Daniel H. aus einer Massnahme für junge Erwachsene im Baselbieter Arxhof entlassen. H. musste sich lediglich einer ambulanten Therapie unterziehen und sich regelmässig bei seiner Bewährungshelferin melden. Den Hauptrisikofaktor für einen Rückfall orteten Vollzugsbehörde und Bewährungshilfe in H.s Suchtverhalten. Anderer Risikofaktoren, wie Sexualpräferenzen und psychischer Störung, war sich niemand bewusst. Am 4. März 2009 tötete Daniel H. das Au-Pair Lucie Trezzigni in seiner Wohnung in Rieden bei Baden. Der Untersuchungsbericht zeigte, dass die in einem Verein organisierte Bewährungshilfe nicht mit den nötigen Informationen versorgt worden war. (KEYSTONE/Illustration Linda Graedel) ... Mehr lesen
quelle: keystone / steffen schmidt
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Deutscher Krankenpfleger spritzt Patienten in den Tod
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
24 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Hierundjetzt
12.02.2025 13:39registriert Mai 2015
ah come on: ein Kapitalverbrechen wie Mord verjährt in der Schweiz nach 30 Jahren. Mord. Kaltblütig und geplant ein Leben nehmen.

Dies mit dem Re-Traumatisieren zu begründen ist ehrlich gesagt frei erfunden.

Wenn meine Tochter ermordet wird, will ich auch noch in 40 Jahren wissen wers war. Das geht nicht einfach mal so schuwppi die wupp weg.

Solche Argumente sind reiner Täterschutz.

Vor 30 Jahren hatten wir ja nur sehr sehr rudimentäre DNA Analysen. Wir wissen doch nicht was in 30 Jahren ist.

Ich kann der Argumentation schlicht nicht folgen was eine Verjährbarkeit begründen würde.
718
Melden
Zum Kommentar
avatar
Solaris Vayne
12.02.2025 14:51registriert November 2024
Ich bin der Meinung, dass Kapitalverbrechen wie Mord und Vergewaltigung, sofern sie dann einwandfrei bewiesen werden können, nicht verjähren dürfen.

Die ausgesprochenen Strafen generell, selbst bei Schwerverbrechen, befinden sich meistens in der unteren Hälfe des theoretisch Machbaren in der CH. Reintegration über alles. Das ist m.M.n. einfach nicht gerecht.

Ich ahne schon: Höhere Strafen bringen nichts, schaue auf die USA, Rechtsstaat, keine Rache usw..

Es muss doch einen Mittelweg geben. Etwas zwischen 1/3 der verurteilten Vergewaltiger bekommt Bewährung und 150 Jahre Freiheitsentzug.
345
Melden
Zum Kommentar
avatar
Manfred Mueri
12.02.2025 13:49registriert November 2022
Erneut werden Schwehrverbrecher geschützt...
297
Melden
Zum Kommentar
24
Zürcher Kantonsrat will nicht am Langzeitgymi rütteln

Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler können auch in Zukunft direkt nach der Primarschule ans Gymnasium. Der Zürcher Kantonsrat hat sich am Montag klar gegen die Abschaffung des Langzeitgymnasiums ausgesprochen.

Zur Story