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In diesen Fällen will der Bundesrat die Zuwanderung einschränken

Bundesrat Beat Jans, rechts, spricht neben Vincenzo Mascioli, Staatssekretaer fuer Migration, links, an einer Medienkonferenz ueber die innerstaatliche Umsetzung der Schutzklausel zum Freizuegigkeitsa ...
Bundesrat Beat Jans spricht neben Vincenzo Mascioli, Staatssekretär für Migration, an der Medienkonferenz über die Umsetzung der Schutzklausel.Bild: keystone

In diesen Fällen will der Bundesrat die Zuwanderung einschränken

14.05.2025, 15:4514.05.2025, 17:06
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Schwellenwerte bei Nettozuwanderung, Sozialhilfebezug und Arbeitslosigkeit sollen massgebend dafür sein, dass die Schweiz die Zuwanderung aus der EU vorübergehend einschränken kann. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Kriterien für die Aktivierung der Schutzklausel festgelegt.

Die Schweiz und die EU einigten sich im Dezember auf eine neu konzipierte Schutzklausel im Freizügigkeitsabkommen. Sie gestattet es der Schweiz, den freien Personenverkehr temporär einzuschränken. Dies soll möglich sein, wenn die Zuwanderung aus der EU schwerwiegende wirtschaftliche oder soziale Probleme verursacht.

Verschiedene Faktoren entscheiden

Für die Nettozuwanderung aus der EU, die Zahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die Zunahme der Arbeitslosigkeit oder die Sozialhilfequote soll es Schwellenwerte geben. Wird einer dieser Werte landesweit überschritten, muss der Bundesrat prüfen, ob die Schutzklausel aktiviert werden soll.

Die Landesregierung stützt sich bei der Prüfung der Schutzklausel auf Indikatoren: Genannt werden Zuwanderung, Arbeitsmarkt, soziale Sicherheit, Wohnungswesen und Verkehr. An ihnen soll abgelesen werden können, ob die Personenfreizügigkeit zu schwerwiegenden sozialen oder wirtschaftlichen Problemen führt oder nicht.

Das sind die Schwellenwerte

Noch hat der Bundesrat diese Schwellenwerte nicht in Stein gemeisselt. Sie sollen auf Verordnungsebene festgelegt werden, die noch in die Vernehmlassung gehen soll. Doch Migrationsstaatssekretär Vincenzo Mascioli nennt bereits die Schwellenwerte, die der Bundesrat aktuell vorschlagen will:

  • Ausserordentlicher Anstieg der Nettozuwanderung aus der EU im Vergleich zum Vorjahr: 0,74 Prozent mehr Zuwanderung im Vergleich zur ständigen Wohnbevölkerung.
  • Zahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Verhältnis zu den Gesamtarbeitnehmenden - 0,34 Prozent Veränderung des Bestandes im Verhältnis zur Beschäftigten.
  • Veränderung in der Arbeitslosenquote (gesamtschweizerisch) im Vergleich zum Vorjahr: plus 30 Prozent.
  • Veränderung der Sozialhilfequote (gesamtschweizerisch) im Vergleich zum Vorjahr: Plus 12 Prozent.

Auch regionale Massnahmen möglich

Auch Kantone können beantragen, auf die Klausel zurückzugreifen, wenn auf ihrem Gebiet schwerwiegende Probleme auftreten. In solchen Fällen sind regionale Massnahmen möglich. Die Schweiz kann die Schutzklausel eigenständig anwenden, wie der Bundesrat festhält.

Tut er das, muss er beim Gemischten Ausschuss geeignete Schutzmassnahmen beantragen. Mögliche Massnahmen sollen ins Ausländergesetz geschrieben werden. Geregelt wird überdies, inwiefern die Schweiz den freien Personenverkehr vorübergehend einschränken darf.

Vorgesehen sind etwa die Festlegung von Höchstzahlen bei der Zuwanderung oder ein Inländervorrang. Möglich wäre es laut Mitteilung auch, das Aufenthaltsrechts beim Verlust der Arbeitsstelle zu beschränken oder das Aufenthaltsrecht für die Suche nach einem Job einzuschränken. Solche Schutzmassnahmen können für das ganze Land oder für einzelne Kantone vorgeschlagen werden.

EU kann Gegenmassnahmen ergreifen

Kommt der Gemischte Ausschuss zu keinem Entscheid, kann der Bundesrat das Schiedsgericht anrufen. Wenn dieses anerkennt, dass schwerwiegende Probleme durch die Zuwanderung bestehen, kann der Bundesrat die vorgeschlagene Schutzmassnahme ergreifen.

Kommt es dadurch zu einem Ungleichgewicht, kann die EU Gegenmassnahmen ergreifen. Diese müssen verhältnismässig sein und dürfen nur die Personenfreizügigkeit betreffen.

Die Schweiz kann auch ohne Zustimmung des Schiedsgerichts Schutzmassnahmen treffen. In diesem Fall könnte aber Brüssel ein Schiedsgerichtsverfahren eröffnen und Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Diese könnten neben dem Personenverkehr noch andere Binnenmarktabkommen betreffen – ausgenommen wäre die Landwirtschaft.

Das von Brüssel und Bern ausgehandelte Schutzdispositiv zur Personenfreizügigkeit soll nach Angaben des Bundesrates sicherstellen, dass die Zuwanderung aus der EU auf die Erwerbstätigkeit ausgerichtet bleibt. (sda)

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001328.9cb45ed3@apple
14.05.2025 16:23registriert Februar 2025
Also die Zuwanderung ist zurzeit noch kein Problem?

Es kann sich zwar niemand mehr Wohneigentum leisten, die Verkehrsinfrastruktur läuft am Maximum und die Expats heulen dass sie hier gar nicht soooo freundlich empfangen werden.

Die Löhne steigen kaum mehr (weil die Firmen günstigere Leute aus der EU einstellen können), das Wirtschaftswachstum stagniert pro Kopf, die SVP hat weiterhin höchste Zustimmung....

Aber ja, für Grossfirmen und Landbesitzer natürlich ideal, deren Werte steigen automatisch so. Für alle anderen: gar nicht so ein Gewinn.
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Sonichu
14.05.2025 16:56registriert Dezember 2022
Es kann so einfach nicht weitergehen. Die Schweiz ist zu 60 % unbewohnbar durch die Alpen (nach Island der höchste Wert in Europa) und trotzdem hat sie die 5. grösste Bevölkerungsdichte. Das Mittelland gleicht einem Kaninchenstall und die Bevölkerung hat nichts davon. Wenn die Wirtschaft diesen Rahmenvertrag will, soll sie Steuern zahlen wie in einem EU Land, mal schauen ob sie das dann immernoch wollen.
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Apex
14.05.2025 16:22registriert August 2022
Und schwerwiegend heisst?
Es wird sich absolut nichts ändern, wie gewohnt leere Worte von Jans.
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