Anders als in vielen umliegenden Ländern müssen sich Reisende aus China bei der Einreise in die Schweiz nicht auf das Coronavirus testen lassen. Der Bundesrat ignoriert damit die nachdrückliche Empfehlung mehrerer EU-Staaten.
Mehrere Staaten, darunter die Nachbarländer Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich, haben in den vergangenen Tagen verschärfte Einreiseregeln für Reisende aus China beschlossen. Die Schweiz empfiehlt solchen Personen nur, eine Maske zu tragen und weitere Hygienemassnahmen zu befolgen, wie der Mitteilung der Landesregierung vom Mittwoch zu entnehmen ist.
Die epidemiologische Lage erfordere vorerst keine Testpflicht, so der Bundesrat. Aufgrund der in China zirkulierenden Omikron-Varianten gehe er gegenwärtig von einem geringen Risiko für die Bevölkerung in der Schweiz und für das schweizerische Gesundheitssystem aus. Das Risiko, dass in China neue, besorgniserregende Varianten entstehen, sei nicht höher als anderswo.
Die Menschen in der Schweiz besitzen laut dem Bundesrat einen hohen Schutz vor einem schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung. Ausserdem sei die Viruszirkulation in der Schweiz derzeit so hoch, dass eine Testpflicht für eine vergleichsweise geringe Anzahl Personen, die direkt aus China mit dem Flugzeug einreisen, kaum einen Einfluss auf die Verbreitung des Virus in der Schweiz habe.
Der Bund beobachtet die Situation aber laufend weiter, wie die Regierung versichert. Das bestehende Abwassermonitoring umfasse auch die Landesflughäfen und wichtige Tourismusregionen. Auch würden die Virenvarianten weiterhin durch Sequenzierung von Abwasserproben und hospitalisierten Fällen überwacht.
Die Schweiz klärt laut dem Bundesrat zudem ab, ob das Abwasser aller Flüge, die direkt aus China ankommen, gezielt nach neuen Virusvarianten überprüft werden soll. Bei der Identifikation neuer Virusvarianten werde die Schweiz «bei Bedarf Anpassungen der grenzsanitarischen Massnahmen prüfen». Die EU hat für Mitte Januar 2023 eine Überprüfung der Empfehlungen angekündigt.
Nach dem Ende der Null-Covid-Politik hat sich China nach fast drei Jahren wieder zum Ausland geöffnet. Einreisen wurden erleichtert, und auch Reisen aus der Volksrepublik ins Ausland wurden wieder mehr möglich.
Gleichzeitig rollt eine massive Infektionswelle durch das Land, die die Spitäler völlig unvorbereitet traf. Aus China wird trotz der Öffnung zunächst keine grosse Reisewelle erwartet. Die Zahl der Flüge von dort ins Ausland liegt aktuell nur bei einem Bruchteil des Volumens wie vor der Pandemie. Die Tickets sind sehr teuer.
Die SVP und die Mitte-Partei haben den Verzicht auf eine Testpflicht für Reisende aus China scharf kritisiert. Die FDP hingegen stellt sich hinter den Entscheid der Bundesrates. Auf Antrag der SVP wird sich am Donnerstag die nationalrätliche Kommission damit befassen.
SVP-Fraktionschef und Nationalrat Thomas Aeschi (ZG) bedauerte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA den Regierungsbeschluss. Viele Länder schätzten die epidemiologische Lage anders ein, wie zum Beispiel die USA, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien oder Japan. Sie erwarteten Mutationen des Virus und eine mögliche Zunahme der Corona-Infektionen.
Seiner Ansicht nach würde die Schweiz besser jetzt reagieren, als später erneut Einschränkungen im Inland erlassen zu müssen. Leider sei es in der Vergangenheit oft anders gekommen, als man erwartet habe. Mit einer Testpflicht für Personen aus China könnte vermieden werden, dass diese Mutation in die Schweiz gebracht würden.
Aus diesem Grund habe er bei der Gesundheitskommission des Nationalrats (SDK-N) einen Antrag eingereicht, sagte Aeschi. Darin werde der Bundesrat aufgefordert, Einreisende aus China einer Testpflicht zu unterziehen. Der Antrag werde am Donnerstag behandelt.
Auch für die Mitte-Partei ist der Verzicht auf eine Testpflicht «wenig verständlich». Angesichts der schnellen und unbekannten Entwicklung brauche nun Vorsichtsmassnahmen, schrieb sie auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, Sowohl die EU als auch die Uno-Gesundheitsorganisation (WHO) hätten eine Testpflicht für Reisende aus China empfohlen. Diese sei auch für die Schweiz notwendig.
Ganz anders sieht FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (ZH) die Lage: Er stellte sich im Namen der Partei hinter den Entscheid des Bundesrates. Denn er vertraue darauf, dass die Regierung ihre Entscheide risikobasiert und aufgrund von epidemiologischen Kennzahlen treffe, sagte Silberschmidt auf Anfrage.
Ausserdem fände er es falsch, wenn ein Milizparlament für gewisse Länder Einreisebeschränkungen erlassen würde. Dies umso mehr, als dass die Forderung von einer Partei komme, die sich wiederholt gegen das Covid-Gesetz ausgesprochen habe. Von SP und Grünen waren zunächst keine Reaktionen verfügbar.
(aeg/sda)
Weil Vernunft und Rückgrat war noch nie die Stärke unseres Bundesrates...
Ja was soll denn das bringen ? 🤔😳😒