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Coronavirus

Der Bundesrat wartet ab: Aber zwingt Omikron nicht zum Handeln?

Der Bundesrat wartet ab: Aber zwingt Omikron nicht zum Handeln?

Die grosse Unbekannte: Die Virusvariante Omikron verbreitet sich trotz bestehenden Massnahmen weiterhin schnell. Die Situation in den Spitälern ist angespannt, aber stabil. Wie schlimm ist Omikron?
28.12.2021, 05:47
Anna Wanner, Niklaus Salzmann, Nina Fargahi / ch media
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Un militaire de l'Armee suisse du bataillon d'hopital 2, portant un masque FFP2, recoit un test antigenique avant de commencer l'entree en service afin de soutenir les cantons dans la l ...
Über die Festtage wies ein hoher Anteil der Tests ein positives Resultat auf.Bild: keystone

Wegen Omikron kommt es zu einem starken Anstieg der Covid-Infektionen. Das zeigt die Erfahrung in anderen Ländern. Treibt die neue Virusvariante auch in der Schweiz die Fallzahlen nach oben? Von Donnerstag bis Sonntag kamen 36'261 Neuinfektionen hinzu, rund 9000 pro Tag. Das sind hohe Werte – doch daraus lassen sich heute noch kaum Schlüsse ziehen.

Vor den Feiertagen liessen sich besonders viele Leute testen, um die Verwandten nicht ungewollt mit Coronaviren zu bescheren. Mehr als 200'000 Tests wurden in diesen vier Tagen gemacht.

55'774 Personen verbringen die Ferien in Isolation

Was auffällt, ist der hohe Anteil positiver Tests. Am Sonntag zeigten 34.9 Prozent der PCR-Tests ein positives Resultat. Aktuell befinden sich 55'774 Personen in Isolation, weil sie positiv getestet wurden. 32'321 sind nach einem engen Kontakt zu einer infizierten Person in Quarantäne. Ein Anstieg der Fälle war mit Blick auf den sogenannten R-Wert zu erwarten. Dieser sagt aus, wie viele andere von jeder einzelnen infizierten Person im Schnitt angesteckt werden. Der Wert pendelte sich zuletzt bei rund 1.1 ein. Das bedeutet, dass die Fälle exponentiell ansteigen. Bleibt der Wert so hoch, laufen wir auf eine Explosion der Zahlen zu.

The streets and buildings are decorated with illuminations for Christmas and New Year, in Geneva, Switzerland, Wednesday, December 22, 2021. (KEYSTONE/Martial Trezzini)
Weihnachtsstimmung in Genf: Viele mussten sich nach den Festtagen in Isolation oder Quarantäne begeben.Bild: keystone

Omikron hat zuletzt auch der Regierung Beine gemacht. Der Bundesrat hat aufgrund des sich rapide verbreitenden Virus vor zehn Tagen neue Massnahmen eingeführt, darunter die 2G-Regel in Innenräumen. Weil sich aber an der Lagebeurteilung nichts Wesentliches verändert hat und weil es immer ein paar Tage dauert, bis neue Massnahmen tatsächlich greifen, sind weiterhin keine Verschärfungen vorgesehen. Dem Vernehmen nach sind weder für die Alt- noch für die Neujahreswoche ausserordentliche Sitzungen geplant. Das nächste Mal trifft sich der Bundesrat voraussichtlich am 12. Januar.

Schweizweit noch 175 Betten frei

Entscheidend für den Bundesrat sind aber sowieso die Zahlen in den Spitälern. Und dort haben sowohl die Einweisungen wie auch die Zahl der Patienten auf Intensivstationen leicht zugenommen. Die Situation ist zwar je nach Institution unterschiedlich - aber schweizweit angespannt.

Erstens müssen seit November laufend mehr Menschen mit Covid behandelt werden. Derzeit sind es rund 320 Personen, das sind knapp die Hälfte der Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen. Zweitens fahren die Spitäler ihre Kapazitäten über die Festtage jeweils runter. In dieser Zeit beschränken sich die meisten auf Notfälle, elektive Operationen werden aufs neue Jahr verschoben. Der Grund: Auch das Gesundheitspersonal soll zur Ruhe kommen können.

Aktuell sind schweizweit ein Fünftel der Betten frei, 175. Und solange die Rega die Verteilung der Notfall-Patienten erfolgreich managt, können überlastete Spitäler ausweichen. Die grosse Ungewissheit, wie sich Omikron entwickeln wird, bleibt. Verläuft eine Ansteckung weniger schwer, wie teilweise vermutet wird, würde das die Spitäler entlasten. Nicolas Drechsler vom Unispital Basel sagt, der Druck sei nach wie vor sehr hoch.

«Wir sehen keine Anzeichen, dass es unmittelbar besser werden könnte. Eine Stabilisierung wäre also kurzfristig der Best Case.»

Kantone und die Krux der Quarantäneregeln

Nebst dem Bundesrat könnten auch die Kantone neue Massnahmen ergreifen. Das Tessin hat 2G-Plus auch in den Altersheimen eingeführt. Wer eine Person besuchen will, muss also geimpft oder genesen sowie zusätzlich getestet sein. Graubünden prüft neue Regeln. Doch die meisten Kantone sehen derzeit von neuen Verschärfungen ab - und warten weiter zu. Der Thurgauer Regierungsrat Urs Martin sagt auf Anfrage, dass die Zahlen in den Thurgauer Spitälern leicht rückläufig seien.

Worauf die Kantone aber offenbar vermehrt achten, ist eine verschärfte Quarantäneregel, die das Bundesamt für Gesundheit seit Anfang Dezember empfiehlt: Wer Kontakt mit einer Person hatte, die auf Omikron positiv getestet wurde, muss in Quarantäne - Impfung hin oder her. Sowohl der Kanton Aargau wie auch Bern geben an, diese Vorgabe umzusetzen. Allerdings ist das nicht ganz einfach. Bern rechne mit einer grossen Dunkelziffer, sagt Gundekar Giebel vom Gesundheitsdepartement, weil nur zehn Prozent der Proben überhaupt auf Omikron sequenziert werden.

«Weil es sehr lange dauert, bis zu fünf Tagen im Labor.»

Nach fünf Tagen hat sich das Virus aber längst wieder weiterverbreitet. (saw/ch media)

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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Macca_the_Alpacca
28.12.2021 07:35registriert Oktober 2021
Die Frage ist der Hammer: "...zeigt die Erfahrung in anderen Ländern. Treibt die neue Virusvariante auch in der Schweiz die Fallzahlen nach oben?"

Die Antwort: Insofern in der Schweiz dieselben Naturgesetze gelten, wie sonst auch überall auch, dann 100% sicher schon. Aber wer weiss, vielleicht ist Schweiz ja ein Sonderfall. Der Bundesrat beobachtet.
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alberich
28.12.2021 07:58registriert Juli 2020
Erst tun wir mal gar nichts, dann schauen wir mal und dann werden wir sehen…
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Fairness
28.12.2021 06:22registriert Dezember 2018
Föderalismus funktioniert im Pandemiefall definitiv schlecht. Das würde in den letzten zwei Jahren mehr als genügend bewiesen. Leider. Aber jetzt bei Omikron scheint es wirklich zu viel weniger Spitaleinlieferungen zu kommen. Grösser könnte das Problem der fehlenden Mitarbeiter in diversen Branchen werden.
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