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Blindflug bei Corona? Bald kosten die Tests

Blindflug bei Corona? Bald kosten die Tests und ein Messinstrument fällt zur Hälfte weg

Am Dienstag publizierte der Bund zum letzten Mal Coronazahlen, die einigermassen aussagekräftig sind. Ein wichtiger Orientierungspunkt für die Seuchenpolitik fällt somit weg. Ist die epidemiologische Lage noch abschätzbar?
21.12.2022, 06:54
Bruno Knellwolf / ch media
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Ein Labor-Mitarbeiter verarbeitet Coronaproben in einem Labor am Flughafen Zürich. Wenn die Tests nicht mehr gratis sein werden, wird ihre Zahl weiter zurückgehen.Bild: keystone

13’416 laborbestätigte Fälle in einer Woche meldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die letzte Woche. Das sind rund 3000 weniger als in der Vorwoche. Der Trend geht weiter nach unten, während die Hospitalisationen (369) und die Todesfälle (17) auf tiefem Niveau stabil bleiben.

Die Fallzahlen sind die wohl letzten einigermassen verlässlichen Daten. Zwar wird es zwischen Weihnachten und Neujahr noch einmal aktuelle Coronazahlen vom BAG geben, diese sind aber wegen der Festtage sowieso nicht sehr aussagekräftig.

Ab Januar werden die Coronatests aber nicht mehr bezahlt, die Testunwilligkeit der Bevölkerung wird somit weiter zunehmen. Die Testmüdigkeit ist jetzt schon hoch, auch weil mit dem aktuellen Ansteigen der Grippewelle eine Unterscheidung zu Corona immer schwieriger wird. Aufgrund der hohen Immunisierung in der Bevölkerung aufgrund von Impfung und Genesung hat das an sich immer noch gefährliche Virus seinen Schrecken etwas verloren.

Deutliche Reduktion der Tests

«Das BAG rechnet für 2023 mit einer deutlichen Reduktion des Testangebots und der Testdurchführung», sagt denn auch Simon Ming vom BAG. Die hausinternen Experten gehen dementsprechend bezüglich der gemeldeten Fallzahlen von einer abermals deutlichen Erhöhung der Dunkelziffer aus. Und die ist jetzt mit einem Faktor 6 bis 8 schon sehr hoch.

«Im Gegensatz dazu gibt etwa das Abwassermonitoring das Infektionsgeschehen unabhängig vom Testverhalten der Bevölkerung wieder – die Einschätzung von potenziellen Auffälligkeiten im Abwasser könne künftig nicht mehr adäquat mit den Fallzahlen verglichen werden», sagt Simon Ming.

In rund 100 Kläranlagen wird zur Zeit noch gemessen, wie viel Sars-CoV-2 in den Ausscheidungen der Menschen ist, was über die Zirkulation des Coronavirus Auskunft gibt. Nichts erfährt man aber aus den Daten über den Schweregrad der Erkrankungen. Christoph Ort vom Wasserforschungsinstitut Eawag erwartet, dass das Testen im nächsten Jahr weniger Informationen liefern werde. «Die Informationen aus dem Abwasser hingegen bleiben objektiv unverändert erhalten.»

Andere epidemiologische Zeichen werden wichtiger

Trotz der kleineren Aussagekraft aufgrund der erwarteten Reduktion von Coronatests bleibe die Meldung der getesteten Fälle nach wie vor ein Element der Überwachung der epidemiologischen Situation, sagt Ming vom BAG. «Sie bekommt nun aber einen abermals reduzierten Stellenwert.» Sie werde nun gesamtheitlich mit einer Reihe von epidemiologischen Parametern bewertet. Das sind neben dem Abwassermonitoring das obligatorische Meldesystem mit den Fallzahlen, Tests und der Positivitätsrate.

Zudem liefert das Sentinella-Meldesystem, mit dem auch die Grippewelle erfasst wird, Daten und weiterhin werden neue Virenvarianten durch die Sequenzierung von Viren überwacht. «Die Unsicherheit in der Beurteilung der epidemiologischen Lage wird sich insbesondere nach dem Wechsel des Systems am 1. Januar aber erhöhen, da viele epidemiologische Parameter direkt oder indirekt durch diesen Wechsel beeinflusst werden», erklärt Ming.

Allerdings werden ab dem 1. Januar für das Abwassermonitoring nur noch 50 statt 100 Schweizer Kläranlagen berücksichtigt. Spar- und Effizienzgründe stecken hinter dieser Massnahme. «Das BAG evaluiert laufend das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Projekten zur Überwachung von Infektionskrankheiten, darunter auch Covid-19, um die bestmögliche Überwachung zu gewährleisten. Das ist auch beim Abwassermonitoring so», sagt Ming vom BAG. Im Austausch mit den Kantonen sei festgelegt worden, wie trotzdem aussagekräftige Daten mit einer guten Abdeckung der Schweiz möglich seien.

Die 50 ausgewählten Abwasserreinigungsanlagen (ARA) werden noch die Viruslast von rund 44 Prozent der Bevölkerung abbilden und in jedem Kanton werden Proben genommen. Darüber hinaus wurde darauf geachtet, dass die Auswahl möglichst repräsentativ ist, indem soziodemografische und geografische Faktoren, wie Stadt und Land, verschiedene Sprachregionen und Tourismus berücksichtigt wurden. Daraus ergebe sich auch mit weniger ARAs eine hohe Qualität der angelieferten Daten.

Klar ergäben Daten von weniger Kläranlage weniger Informationen, sagt dazu Christoph Ort von der Eawag. «Da aber das Virus nach wie vor fast in allen Einzugsgebieten zirkuliert und in der Vergangenheit sehr ähnliche Entwicklungen gezeigt hat, gehe ich nicht davon aus, dass das zu einer wesentlichen Qualitätseinbusse der Daten führt.» Die Schweizer Bevölkerung mit ihren vielen Pendlern ist gut durchmischt, dementsprechend gilt das auch für die Viruslast in der grossen Anzahl kleinerer Kläranlagen.

Sequenzierung der Viren im Abwasser, um neue Varianten zu entdecken

Entscheidend ist, dass weiterhin neue Virus-Varianten im Abwasser sequenziert und erkannt werden. «Das Sequenzieren war auch schon bis anhin auf eine kleine Anzahl Kläranlagen fokussiert», sagt Ort. Da diesen Herbst aber nicht nur Sars-CoV-2 im Umlauf ist, hat die Eawag zudem das Monitoring auch auf weitere Erreger ausgeweitet: auf das vor allem bei Kindern grassierende RSV (respiratory syncytial virus) und die Grippeviren Influenza A und B.

Die Qualität der epidemiologischen Überwachung wird sich also verschlechtern. Fragt sich, wie das bei den Hospitalisationen und den Coronatoten auswirkt. «Auf unserem Dashboard im Internet erfassen wir weiterhin die Todesfälle im Zusammenhang mit einer laborbestätigten Sars-CoV-2-Infektion», sagt Ming vom BAG.

Entscheidend ist dabei die Haupttodesursache, die seit Anfang September erfasst wird. «Die Information zur Todesursache basiert hauptsächlich auf der klinischen Diagnostik, die Ärztinnen und Ärzte auf der klinischen Meldung erfassen. Auch wenn Covid-⁠19 nicht Hauptursache oder unmittelbare Ursache für den Tod war, kann ein Zusammenhang mit Corona nicht ausgeschlossen werden», erklärt das BAG.

Auch die Hospitalisationen werden weiterhin auf dem Dashboard publiziert. Ausschlaggebend für eine Meldung ist der angegebene Grund des Spitaleintritts. Dieser wird seit April 2020 bei der Spitalaufnahme und oder bei positivem Testergebnis durch Ärztinnen und Ärzte auf der klinischen Meldung der Spitäler erfasst. Diese Meldungen sind immer eine Momentaufnahme.

Wichtig sei anzumerken, dass die Zahlen zu den Todesfällen beim BAG anders erfasst werden als diejenigen des Bundesamtes für Statistik, die mit wesentlicher zeitlicher Verzögerung publiziert werden, hält Ming fest. Das BAG zeigt die Entwicklung der Todesfälle auf für eine epidemiologische Beurteilung, das Bundesamt für Statistik wertet im Nachhinein statistisch die Gründe für die Todesfälle aus für eine Langzeitbewertung. (aargauerzeitung.ch)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Blubbb
21.12.2022 09:16registriert November 2020
Vermutlich hatten bereits 99.9% der Bevölkerung Kontakt mit Corona. Weshalb soll man überhaupt noch testen? Wer krank ist geht zum Arzt oder bleibt zuhause. Allen andern kann es egal sein..
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