Das Problem ist altbekannt, aber darum für die Betroffenen nicht weniger belastend: Zeitlich begrenzte Forschungsverträge – und damit zusammenhängend nur auf wenige Jahre befristete Arbeitsverträge an Universitäten.
Diese belastende Job-Unsicherheit trifft Forschende in allen Disziplinen. Und auch die bekanntesten Gesichter ihres Faches sind nicht davor gefeit, plötzlich ohne Arbeitsvertrag dazustehen: So bangt aktuell die «Virenjägerin» Emma Hodcroft um Job, Wohnung und die Schweizer Aufenthaltsbewilligung:
On top of pandemic stress, since 2020 I've cobbled together short-term contracts & tenuous housing (no job = no apartment) & the pending expiration of my Swiss residency permit (also tied to job) in Nov.
— Dr Emma Hodcroft (@firefoxx66) April 22, 2022
Of course that impacts my mental health, creativity, & productivity. https://t.co/bnUYgaLMrI
Auf Twitter macht Hodcroft ihre Situation öffentlich und kritisiert das System. Sie habe seit 2020 kurzfristige Verträge. Damit einhergehend habe sie Angst ihre Wohnung zu verlieren, denn: «Kein Job = keine Wohnung.» Eine weitere Sorge sei, dass ihre Aufenthaltsgenehmigung bald auslaufe – da diese ebenfalls an einen Job gebunden sei.
Hodcroft ist genomische Epidemiologin und arbeitet zurzeit an der Universität Bern. Zuvor war die britisch-US-amerikanische Forscherin an der Universität Basel tätig. Daneben hat sie die Open-Source-Plattform Nextstrain mitgegründet, um wissenschaftliche Ergebnisse zugänglich zu machen.
Die 35-Jährige hat bereits beachtliche Erfolge in ihrem Forschungsgebiet vorzuweisen. 2021 ernannte sie die «New York Times» zu einer von zehn Frauen, die in ihrer Disziplin Pionierarbeit leiste sowie den Weg für die nächste Generation ebne.
Mit ihrem Twitteraccount erreicht Hodcroft gegen 80'000 Menschen – und findet weltweit Beachtung: Ihre Tweets über ihre Forschung, die in verständlichen Worten verfasst waren, wurden in vielen Medien zitiert, zum Beispiel im amerikanischen Traditionsblatt «New York Times» oder hier bei watson. Eigentlich ein Positivbeispiel für Kommunikation zwischen Wissenschaft und Bevölkerung.
Doch gerade dies hindere die Wissenschaftlerin nun an der Jobsuche, wie sie auf Twitter weiter erläutert: «Sie haben öffentlich zugegeben, dass (die Öffentlichkeit auf Twitter) prekär ist und wahrscheinlich nicht gut für Wissenschaftler oder die Forschung.»
Die Virenjägerin legt am Donnerstagmorgen nach: «Ich mache mir Sorgen, dass die Leute denken, ich twittere, um Mitleid zu erregen (...). Aber ich tue es, um das Bewusstsein zu schärfen.» Die vielen Reaktionen auf ihre Tweets unterstreichen: Viele junge Forschende sind in dieser Situation – und machen sich Sorgen. Sorgen um die Zukunft ihrer Forschung und der persönlichen Existenz.
(yam)
KarinaN
Dirty Sanchez
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