Die erste Corona-Welle steckt dem Gesundheitspersonal noch immer in den Knochen. Der Applaus ist verhallt. Anstelle der geforderten besseren Arbeitsbedingungen, einer Corona-Prämie oder mehr Anerkennung rutscht das Schweizer Gesundheitspersonal direkt in die zweite Welle.
Nun gehen die Arbeiterinnen und Arbeiter auf die Strassen: Für diese Woche, vom 26. bis 30. Oktober, haben Gewerkschaften, darunter Unia, SYNA oder VPOD, zusammen mit dem Berufsverband der Pflegefachleute Protestaktionen lanciert. Damit wollen die Gesundheitsfachleute auf ihre Anliegen aufmerksam machen.
«Die zweite Welle führt momentan zu grossen Anspannungen, das Personal ist müde und trotzdem maximal gefordert», sagt Yvonne Ribi. Sie ist Geschäftsführerin des Schweizerischen Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und -fachmänner (SBK).
Zeit, um sich von der ersten Welle zu erholen, habe es kaum gegeben. «Die Pandemie war auch während dem Sommer in allen Gesundheitseinrichtungen omnipräsent, wir hatten keine Pausen», sagt Ribi. Wie bereits vor der Pandemie fehle es immer noch an Personal in den Spitälern, Psychiatrien, in der Spitex oder den Pflege- und Rehazentren. «Erschwerend kommt hinzu, dass viele den Beruf verlassen», so die SBK-Geschäftsführerin.
Ausserdem sei man über die politische Untätigkeit frustriert. «Nach der ersten Welle lagen alle Forderungen des Gesundheits- und Pflegepersonals auf dem Tisch. Wir haben uns von der Politik mehr Taten erhofft», sagt Ribi. Deshalb brauche es jetzt eine Protestwoche. «Wir wollen, dass die Gesellschaft sieht, dass sich im Gesundheitsbereich nichts verbessert hat und auch nicht absehbar ist, dass im Bereich der Arbeitsbedingungen oder der finanziellen Anerkennung gehandelt wird», so Ribi.
Gegen diesen Vorwurf wehrt sich die Präsidentin der nationalrätlichen Gesundheitskommission Ruth Humbel (CVP). «Die Politik hat das Anliegen der Pflege längst erkannt und aufgenommen», so Humbel. Momentan liege dem Parlament ein Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative der SBK vor. Dieser beabsichtige etwa eine Ausbildungsoffensive, nach der Bund und Kantone zusammen innert acht Jahren bis zu einer Milliarde Franken in die Ausbildung von Pflegepersonal investieren. Humbel geht davon aus, dass der Vorschlag in der Wintersession verabschiedet werden kann. «Verbesserungen wie diese blendet die SBK komplett aus», so die CVP-Nationalrätin.
Humbel kritisiert deshalb auch die Protestwoche. «Wieso müssen Pflegerinnen und Pfleger, die sichere Jobs haben und deren Problemsituation erkannt ist, protestieren?» Es gäbe zahlreiche andere Branchen, wie die der Coiffeure oder Serviceangestellten, die Existenzängste haben, sagt die Präsidentin der Gesundheitskommission. «Diesen Branchen gegenüber finde ich die Protestwoche des Gesundheitspersonals fast zynisch.»
Die Forderungen des Gesundheits- und Pflegepersonals verstehe Humbel grundsätzlich. Sie sei auch klar dafür, dass der Berufsstamm der Pflege gestärkt wird und finanzielle Belohnungen erfolgen. Letzteres soll aber auch für andere gelten: «Das Reinigungspersonal, Kantine-Mitarbeitende, generell Personen, die mit Covid-19 Patienten arbeiten müssen, verdienen einen Bonus», findet Humbel.
Für Yvonne Ribi von der SBK ist es mit dem finanziellen Zustupf und der Ausbildungsoffensive nicht getan. Wichtig sei, dass bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden und die Arbeitsbetriebe die Personaldotierung nach oben anpassen, so Ribi.
Im Rahmen der Protestwoche sind Aktionen geplant – so zum Beispiel ein «Walk of Care» in Luzern, Zug und den beiden Basel. Die Anlässe seien jedoch abhängig vom Bundesrat, ob dieser am kommenden Mittwoch strengere Massnahmen verhängen würde, sagt Ribi. Allenfalls würde die Aktionswoche des Gesundheitspersonals dann von der Strasse ins Internet verlegt.
- Verwaltungsrätin bei einer teuren Privatklinik
- Verwaltungsrätin einer weiteren Klinik
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- Stiftungsrätin eines Alterszentrums
- Mitglied der IG Biomedizinische Forschung Basel
Und das ist nur ein Ausschnitt aus ihren Interessenbindungen oder ehrlich formuliert: ihrer Geldgeber!
Mehr als genug um zu zeigen, dass die Interessen dieser Frau nicht bei Angestellten oder Patienten sondern bei ihren Geldgebern liegen.