Bundespräsident Ignazio Cassis hat sich am Mittwoch optimistisch gezeigt, dass die Corona-Pandemie bald ohne drastische Massnahmen bewältigbar sein wird:
Cassis warnte zwar davor, die Lage zu unterschätzen. «Die Pandemie ist noch nicht hinter uns.» Es gebe noch immer Menschen, die sich Sorgen machten und krank seien.
Der Bundesrat sehe aber Licht am Horizont. «Die Entwicklung der letzten Wochen gibt uns Hoffnung.» Lockerungsschritten könne dank der Impfung mit Zuversicht begegnet werden. Das Ziel bleibe, dass möglichst wenige Menschen schwer erkranken «und noch weniger sterben», sagte Cassis.
Der Bundespräsident mahnte, dass mit den neuen Freiheiten die Eigenverantwortung der Bevölkerung nicht enden dürfe. So sei es auch künftig wichtig, sich bei Symptomen testen zu lassen und sich bei einer Infektion zu isolieren.
Noch nicht ganz. Gesundheitsminister Alain Berset hat gemahnt, dass zwar jetzt nach fast zwei Jahren Pandemie ein Ausweg aus der Krise sichtbar werde, der Ausstieg allerdings keine Sache von einem Tag sei. Man könne die Pandemie nicht mit Trompeten und Fanfaren für beendet erklären. Er sagte:
Aber auch wenn die Krise vorbei sei, sei die Pandemie noch nicht zu Ende, und das Virus werde nicht verschwinden. «Damit werden wir leben müssen.»
Aber die Immunität ermögliche einen Ausstieg aus den strikten Massnahmen. Es gebe jetzt eine endemische Phase, die sich zu konkretisieren scheine. Das heisst, dass das Virus wie das Grippevirus regelmässig regional auftritt.
Berset betonte, dass der Bundesrat immer auf Symbolmassnahmen verzichtet und sich auf Fakten gestützt habe, zu Beginn, in der Mitte der Krise und jetzt. Diese Linie sei es wert, weitergeführt zu werden.
Bei der Maskenpflicht sollen die Kantone sagen, ob diese im öffentlichen Verkehr, in Läden und in allen andern öffentlich zugänglichen Innenräumen noch beibehalten werden soll. Die Isolation von positiv Getesteten bliebe bestehen. Ebenso der Schutzschirm für Grossveranstaltungen, da erneute Einschränkungen nicht ausgeschlossen werden können.
Für den Fall, dass die epidemiologische Lage in zwei Wochen noch zu unsicher ist, sieht der Bundesrat ein schrittweises Vorgehen vor. In diesem Fall würden die Maskenpflicht, die 2G-Regel und die Bewilligungspflicht für Grossveranstaltungen in Innenräumen erst später aufgehoben werden. Zum Zeitpunkt, wann dies der Fall sein könnte, machte der Bundesrat keine Angaben.
Nein. Die geplante Aufhebung praktisch aller Corona-Massnahmen ist laut Berset nicht gleichbedeutend mit der Rückkehr in die «normale Lage» gemäss Epidemiengesetz. Diesen Schritt diskutiere der Bundesrat später. Bevor man in die «normale Lage» zurückkehre, müssten noch Zuständigkeitsfragen mit den Kantonen geklärt werden.
Die Apps für das Contact Tracing und für das Covid-Zertifikat haben noch nicht ausgedient. Das Zertifikat bleibe wichtig für Reisen ins Ausland, sagte Gesundheitsminister Berset weiter.
Auch seien die Kantone grundsätzlich frei, weiterhin auf Zertifikate zurückzugreifen, sagte Berset. Entsprechend müssten die Applikationen für die Speicherung des Zertifikats und für dessen Kontrolle weitergeführt werden. Noch sei es nicht vorbei mit der Pandemie, mahnte der Gesundheitsminister.
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG, mahnte, dass davon ausgegangen werden müsse, dass im Herbst und Winter das Coronavirus wieder stärker zirkuliere. Er meinte:
«Das Virus bleibt in der Gesellschaft», sagte auch Bundespräsident Ignazio Cassis. Es gelte, vorbereitet zu sein auf das Management von saisonalen Wellen und gewappnet zu sein für ein Zurückkommen des Coronavirus im Herbst. «Und wir wissen nicht, was im Schengen-Raum mit der Zertifikatspflicht passiert.»
Die beschlossene schrittweise Rückkehr aus den Pandemie-Massnahmen in die Normalität werden auf politischer Ebene begrüsst. Bleibe die Lage in den Spitälern stabil, sollten bald weitere Öffnungsschritte folgen, so der Tenor.
Die SP zeigte sich «vorsichtig optimistisch in Richtung mehr Normalität». Der Bundesrat wähle einen vernünftigen Kurs, teilte die Partei in einem Communiqué mit. Das schrittweise Vorgehen nehme Rücksicht auf die Situation der Spitäler und trage dem weiteren Pandemieverlauf Rechnung.
Co-Präsidentin und Nationalrätin Mattea Meyer (ZH) äusserte in der Mitteilung Besorgnis um das Spitalpersonal. Der Druck auf dieses sei auch in der jetzigen Situation sehr hoch, die Leute seien erschöpft und bräuchten Erholung. Die Kantone müssten die Zeit nutzen, die Reservekapazitäten in den Spitälern auszubauen.
GLP-Präsident Jürg Grossen freute sich in einer Reaktion auf Twitter über die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht und der Quarantäne. Eine sofortige Aufhebung aller Massnahmen hält er indessen wegen eines befürchteten Jojo-Effekts für verfrüht.
Die Mitte findet weitere Öffnungsschritte für angebracht, wenn es die epidemiologische Lage zulässt. So gelange das Land Schritt für Schritt zurück zur Normalität. Da unklar ist, ob der Kamm der Omikron Welle schon erreicht ist, müsse die Lage genau beobachtet werden, schrieb die Partei.
Parteipräsident Gerhard Pfister forderte weitere rasche Lockerungen wie die Abschaffung der Zertifikatspflicht, sollte sich die Lage in der nächsten Zeit weiter entspannen. Oberstes Ziel müsse es indessen bleiben, eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden.
Grünen-Präsident Balthasar Glättli twitterte, das Virus bleibe gefährlich, es gebe aber Grund zum Optimismus. Über das Coronavirus und Long Covid wisse man noch viel zu wenig. Für Optimismus sorge die Lage in den Spitälern. Vorsicht bleibe angezeigt.
Seit die Omikron-Variante dominant sei, dürfte dem grössten Pessimisten klar sein, dass die Coronavirus-Pandemie zu Ende sei, schrieb die SVP. Die Durchseuchung sei nicht mehr zu stoppen. Das Virus sei zu einer «immer harmloseren und dauerhaften Realität» geworden. Deshalb seien alle Massnahmen sofort einzustellen.
Nun müssten die Geschehnisse während der Pandemie aufgearbeitet werden. «Schwamm drüber» dürfe es angesichts der Einschränkungen der Freiheitsrechte und der Milliardenkosten nicht geben. Die Junge SVP fordert deshalb eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Sie soll die Massnahmen auf ihre Legitimität hin abklopfen, besonders im Hinblick auf die Bundesverfassung und die Verhältnismässigkeit.
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) sowie mehrere Branchenverbände «nehmen befriedigt zur Kenntnis, dass der Bundesrat ihrer Forderung nach sofortiger Abschaffung der Homeoffice-Pflicht sowie Aufhebung der Quarantänebestimmungen nachkommt». Das teilten sie am Mittwoch mit.
Unverständlich bleibe das «zögerliche Vorgehen» bei der für viele Branchen schädlichen Zertifikatspflicht, schrieben der SGV, Gastrosuisse, der Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenter-Verband und weitere Branchenorganisationen in einer gemeinsamen Mitteilung. Die verbleibenden Massnahmen müssten schnellstmöglich und in einem Schritt aufgehoben werden.
Der Entscheid des Bundesrats am Mittwoch, die Abschaffung der Zertifikatspflicht in die Vernehmlassung zu geben und die Massnahme somit um weitere zwei Wochen zu verlängern, sei «weiterhin mutlos und ebenso wenig evidenzbasiert». Für die betroffenen Branchen bedeute die Zertifikatspflicht einen unnötigen und massiven Umsatzverlust.
Economiesuisse erklärte sich ebenfalls erfreut darüber, dass der Bundesrat eine deutliche Lockerung der Pandemie-Massnahmen beschlossen habe. Es bestätige sich, dass die Omikron-Ansteckungen die Intensivstationen deutlich geringer belasteten als die bisherigen Wellen. Entsprechend seien einschränkende Massnahmen nicht mehr gerechtfertigt.
Anders hingegen der Verband Angestellte Schweiz: Er würde es vernünftiger finden, die Corona-Massnahmen wie ursprünglich geplant bis Ende Februar, aufrechtzuerhalten. Die Situation sei angesichts der Anzahl positiver Fälle immer noch angespannt.
Es wäre schade, wenn wegen einer zu schnellen Aufhebung der Massnahmen im März eine neue Welle auf uns zukommen würde, schrieb der Verband in einer Mitteilung. Die Angestellten Schweiz rufen die Arbeitgeber zudem auf, das Homeoffice weiterhin zu ermöglichen und zu fördern.
Auch die Taskforce Culture begrüsst Lockerungen der Corona-Massnahmen oder gar die baldige Aufhebung der geltenden Einschränkungen, die «den Kultursektor seit bald zwei Jahren massiv beeinträchtigen».
Die Behörden aller Ebenen müssten nun klar signalisieren, dass die in der Vergangenheit propagierte Zurückhaltung demnächst nicht mehr angebracht sein werde, schrieb die Taskforce in ihrer Stellungnahme. Zudem fordert sie ein breites und niederschwellig gefasstes «Kultur-Restart-Programm», wie es der Bundesrat für die Tourismusbranche beschlossen habe.
(jaw/sda)
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