Die Coronavirus-Pandemie hat die Schweiz voll in ihrem Würgegriff. Seit zwei Wochen befindet sich das Land auf Geheiss des Bundesrats in der «ausserordentlichen Lage», oder im sogenannten Lockdown. Um die ungehinderte Ausbreitung des Virus Sars-CoV-2 und einen damit befürchteten Kollaps des Gesundsheitssystem zu verhindern, steht das gesellschaftliche Leben in der Schweiz so gut wie still. Menschen müssen möglichst zu Hause bleiben, viele Geschäfte bleiben geschlossen.
Die wirtschaftlichen Schäden sind enorm. Gemäss der «NZZ am Sonntag» gehen der Schweizer Volkswirtschaft pro Woche Lockdown vier Milliarden Franken verloren. Kein Wunder, wird mittlerweile ernsthaft darüber diskutiert, ob der grosse Aufwand zur Eindämmung des Virus überhaupt noch verhältnismässig ist. Die brennende Frage, die sich viele stellen, lautet: Kostet uns die Eindämmung des Virus mehr, als es Schaden verursacht?
Eine schwierige Frage, denn es stellt sich sogleich die nächste Frage: Wie viel ist ein Menschenleben wert? Oder im spezifischen Fall: Wie viel sind die drei weiteren Lebensjahre wert, die ein Corona-Toter im Schnitt gemäss Stefan Felder, Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Basel, noch vor sich gehabt hätte?
Das Bundesgericht hielt 2010 in einem viel beachteten Urteil fest, dass jährliche Behandlungskosten von 100'000 Franken gerechtfertigt seien, wenn sich damit das Leben um ein Jahr verlängern lässt. Damals musste das oberste Schweizer Gericht darüber entscheiden, ob eine Krankenkasse 500'000 Franken pro Jahr für ein Medikament zur Behandlung der seltenen Stoffwechselkrankheit Morbus Pompe übernehmen muss und entschied sich dagegen.
Doch wie kam das Bundesgericht auf die 100'000 Franken pro Lebensjahr? Der Betrag stammt aus der Gesundheitsökonomie, die versucht, mit nüchternen und sachlichen Überlegungen die begrenzten finanziellen Mittel des Gesundheitssystems möglichst effizient einzusetzen.
Wie viel ein statistisches Leben wert ist, zeigt sich vor allem an der Zahlungsbereitschaft einer Gesellschaft für Schutzmassnahmen. So wurde beispielsweise untersucht, wie viel Geld Arbeitgeber im Mittel ausgeben, um den berufsbedingten Tod eines Arbeitnehmers zu verhindern. Entsprechende Studien kommen je nach Kontext und Land auf Werte zwischen fünf und zehn Millionen Dollar.
Ein konkretes Beispiel nannte Gesundheitsökonom Stefan Felder 2011 in der NZZ. Er rechnete vor, dass wenn ein Airbag 500 Franken kostet und die Wahrscheinlichkeit, dass er genau ein Menschenleben rettet, 1:10'000 ist, dass ein Menschenleben dann rund fünf Millionen Franken wert ist. Es wird also per Wahrscheinlichkeitsrechnung ermittelt, wie viele Menschenleben die einzelnen Schutzmassnahme in einem gewissen Zeitraum rettet.
Ein weiteres Beispiel: Eine repräsentative Anzahl Testpersonen wird gefragt, wie viel Geld man bezahlen würde, um aus einer Gruppe von 10'000 Menschen entfernt zu werden, aus der per Zufall genau einer sterben muss. Wären die Leute im Durchschnitt bereit, 500 Franken auszugeben, um das Todesrisiko von einem Zehntausendstel zu eliminieren, so ergibt das einen Wert für ein statistisches Menschenleben von fünf Millionen Franken.
Aus dem Wert eines statistischen Menschenlebens lässt sich auch der Wert eines zusätzliches Lebensjahr errechnen. Die 100'000 Franken aus dem Bundesgerichtsurteils von 2010 sind dabei allerdings keineswegs in Stein gemeisselt.
2018 bezifferte das Bundesamt für Raumplanung den Wert eines Menschenlebens unter Berücksichtigung von Zahlen der OECD auf 6,6 Millionen Franken und errechnete daraus den Wert eines Lebensjahres auf 220'000 Franken. Die WHO hat auch schon mit 180'000 Euro pro Lebensjahr gerechnet. (pre)
Wie dem auch sei: das Bundesgericht hat in dem Urteil aber nicht nur den
Betrag von 500'000 Franken als zu hoch taxiert: "Das (Bezahlenmüssen) wird verneint, weil für die nicht auf der Spezialitätenliste aufgeführte Arznei kein hoher therapeutischer Nutzen ausgewiesen ist."
Sonst würde die Pharma-Abzocke ja noch krasser...
Woher stammt dieser Durchschnitt von drei Jahren?
Und allen, die Entscheidungen allein aufgrund ökonomischer Überlegungen und nicht aufgrund humanistischer, ganzheitlicher Bildung fällen.