Die Verwirrung bei einigen Bürgerinnen und Bürgern war am Mittwochabend gross. Bundesrat Alain Berset trat an die Medien und präsentierte das Drei-Phasen-Modell der Landesregierung, wie die Schweiz wieder in eine gewisse Normalität gebracht werden solle. Verwirrung deshalb, weil epidemiologisch immer noch nicht alles ausgestanden ist. Und wegen eines Satzes im «Faktenblatt», der leicht missverstanden werden konnte.
Auf der letzten Seite ging es um die Frage, wie der Bundesrat reagieren soll, falls die epidemiologische Lage eskaliert und die Überlastung des Gesundheitssystems droht. Dort hiess es:
Nicht wenige lasen in diesen beiden Sätzen heraus, dass für Nicht-Geimpfte Nachteile drohen werden. Sprich: Wer von Lockerungsprivilegien profitieren wolle, müsse sich impfen. Ein Impfzwang sozusagen?
Keinesfalls. Ein staatlicher Impfzwang wird durch den grundrechtlichen Schutz der persönlichen Freiheit verboten. Das wusste auch Bundesrat Berset und dementierte an der Pressekonferenz mehrfach, dass eine Impfpflicht drohe. Auf Nachfrage von watson konnte er jedoch keine Erklärung und keine Korrektur dafür liefern, wieso der missverständliche Satz im offiziellen BAG-Faktenblatt zu finden war.
Die Korrektur folgte nun einen Tag später: Der Satz, wonach allfällige Massnahmen nur für nicht-geimpfte Personen gelten sollen, ist weg. Er verschwand am Donnerstag kurz nach 10 Uhr aus dem Faktenblatt, ohne eine transparente Richtigstellung.
Das BAG anerkannte am Tag zuvor auf watson-Nachfrage, dass der Text «missverständlich» sein könnte. Eine mögliche Anpassung wurde für den Folgetag in Aussicht gestellt. Was nun auch geschehen ist.
Es ist nicht das erste Mal, dass missverständliche Dokumente des Bundes als «Beweise» für einen angeblichen «Impfzwang» missbraucht werden. Letzten Sommer fluteten hunderte Personen des Impfskeptiker-Milieus die Postfächer des Bundes, weil sie im Covid-19-Gesetz einen solchen Zwang vermuteten.
Gestreut wurden solche Behauptungen unter anderem vom vielbeachteten Finanzblog «Inside Paradeplatz». Der Artikel mit der Falschinformation wurde zum Fall für den Presserat, der jedoch keine Rüge aussprechen wollte. In der Stellungnahme heisst es: «Dass ‹Inside Paradeplatz› im Artikel nicht klarstellt, dass diese Ausführungen nicht dem neuen Covid-19-Gesetz entstammen, sondern dem bereits bestehenden Art. 6 EpG, kann als Fehler gewertet werden.» Auf die Rüge wurde jedoch verzichtet, weil ein missverständlicher Satz des Bundesrates auch in der «breiteren Bevölkerung für Verwirrung» sorgte.
Ich danke meinen Eltern, die sich diese Frage nicht einmal stellten sondern mich gegen all dies impfen liessen.