Wissenschaft und Politik haben während der Corona-Pandemie nicht ausreichend zusammengearbeitet. Dieses Fazit zogen Forscherinnen und Forscher im Synthesebericht zum Nationalen Forschungsprogramm «Covid-19» (NFP 78). Die Zusammenarbeit soll nun gestärkt werden, sind sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Forschenden einig.
Die Partnerschaft zwischen der wissenschaftlichen Gemeinschaft und den staatlichen Institutionen sei nicht ausreichend entwickelt gewesen, um dem enormen Druck einer Pandemiekrise standzuhalten, hiess es im am Dienstag veröffentlichten Schlussbericht.
Die ursprüngliche Annahme, dass die bestehenden Kommunikationskanäle und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesundheitsbehörden im Krisenfall ausreichen würden, habe sich bei der Covid-19-Pandemie nicht bewahrheitet, steht im Bericht. Vor allem in der Anfangsphase der Pandemie schien es eine Trennung zwischen der wissenschaftlichen Gemeinschaft und den staatlichen Einrichtungen zu geben, was zu einer verwirrenden Kommunikation über Massnahmen und deren wissenschaftliche Begründung führte.
«Zu Beginn mussten sich die Netzwerke formieren. Da wurde oft auch aneinander vorbei geredet. Man wusste nicht genau, wer ist verantwortlich für was, wer ist unter welchen Bedingungen am Arbeiten?», sagte Marcel Salathé, Präsident der Leitungsgruppe des NFP 78, vor den Medien. Vieles in der Zusammenarbeit habe hingegen auch gut funktioniert, betonte der Wissenschaftler.
Die Zusammenarbeit soll aber für künftige Krisen verbessert werden. «Wir sind entschlossen, diese Erfahrungen zu nutzen, um die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Behörden zu stärken», sagte Linda Nartey, Vizedirektorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG). «Der Abschluss des Nationalen Forschungsprogramms ist auch ein neuer Aufbruch», sagte sie weiter. Es gehe darum, genau zu klären, wer für was zuständig sei und wie der Austausch genau funktioniere.
Im Bericht empfehlen die Forschenden für die Verbesserung der Zusammenarbeit Massnahmen wie regelmässige Symposien zum Wissenstransfer, ein gemeinsames Doktoratsprogramm einer Universität und des Bundesamts für Gesundheit, sowie Austauschprogramme von wissenschaftlichen Angestellten der öffentlichen Verwaltung und Angehörigen der Universitäten.
Grundsätzlich ziehen die Forschenden aber eine positive Bilanz zum NFP 78. Das Forschungsprogramm habe aber einen konstruktiven Beitrag zum wissenschaftlichen Verständnis der Pandemie in der Schweiz geleistet, hiess es im Bericht.
«Die Forschungsprojekte lieferten Daten und Erkenntnisse, die bereits in der Pandemiebewältigung eingeflossen sind, aber auch die Vorbereitung auf künftige Krisen begleiten werden», sagte Nartey. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) hatte das Forschungsprogramm im April 2020 lanciert. Das mit 20 Millionen Franken finanzierte NFP 78 hatte zum Ziel, neue Erkenntnisse zu Covid-19 zu gewinnen, Empfehlungen für das klinische Management und das Gesundheitswesen zu erarbeiten sowie die Entwicklung von Impfstoffen, Behandlungen und Diagnostika voranzutreiben.
So lieferten die Forschenden im Rahmen des Projekts etwa Erkenntnisse zum Mobilitätsverhalten der Bevölkerung während der Pandemie und zur Übertragbarkeit des Virus, oder wöchentliche Analysen zur Akzeptanz von Schutzmassnahmen, wie es in einer Mitteilung des SNF hiess.
Die wohl grösste Herausforderung für alle Forschenden war laut Salathé der Umgang mit dem ausserordentlich dynamischen Forschungsfeld, dessen hohes Tempo sich unter anderem durch die weltweite Dimension der Pandemie ergab. Das Forschungsprogramm habe sich auch an neue Entwicklungen anpassen müssen, etwa das Auftreten von Long-Covid.
«In dieser Krisensituation zeigte sich, dass die Schweizer Forschung sehr schnell Ergebnisse liefern kann», hiess es vom SNF. Für zukünftige Krisen müsse sich die Wissenschaft jetzt bereithalten, sagte Salathé. Krisen würden sich häufen. Die Wissenschaft müsse sich für eine schnelle Mobilisierung jederzeit bereithalten. «Nach der Krise ist vor der Krise», so Salathé.
(yam/sda)
Das Problem ist, dass die Wissenschaft halt oft den Parteiprogrammen reingrätscht. Aber wenn wir nun diese grossartige Erkenntnis haben, könnten wir die mal beim Thema Klimawandel einfliessen lassen?