Der private Anbieter vom digitalen Impfbüechli «MeineImpfungen.ch» gibt endgültig auf. Wir erinnern uns: Eine Stiftung versuchte jahrelang ihren Service zu etablieren, weil die rechtlichen Möglichkeiten für ein nationales Impfregister fehlten. Die Idee wirkte verlockend: Wer sich gegen Grippe, Polio und Co. impfen lässt, kann das digital abspeichern und sich automatisch für neue Impftermine erinnern lassen.
Die Plattform passte sich aber dem technologischen Fortschritt nicht an. watson thematisierte dies Anfang Jahr, als «MeineImpfungen.ch» auch bei der Covid-Impfung zum Zug hätte kommen sollen. Es waren jedoch schliesslich Recherchen von Informatikern zusammen mit der «Republik», die zur Abschaltung der Plattform führten: Sicherheitsmängel machten es möglich, dass Daten manipuliert und eingesehen werden konnten.
Seither ist die Plattform, die jahrelang durch Steuergelder mitfinanziert wurde, offline. Diese Woche kam mit der Ankündigung der Liquidierung der Stiftung das definitive Ende. Offen bleibt jedoch, wie es zu diesem Flop kommen konnte.
watson erhielt zwar gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Einsicht in mehrere Verträge und Verfügungen, die zwischen dem Bund und «MeineImpfungen.ch» getroffen wurden. Sie werfen jedoch mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern – so auch die Einschätzung von Digitaljournalistinnen und -journalisten beim Tech-Blog «Das Netz ist politisch».
Ein Dokument zeigt etwa auf, dass im November 2019 rund 250'000 Franken unter anderem für eine «moderne, nutzerfreundliche Oberfläche» und eine «Neugestaltung» gesprochen wurden. Geliefert wurde diese jedoch bis im Herbst 2020 nicht. Trotzdem wurden Ende 2020/Anfang 2021 erneut 370'000 Franken gesprochen, um die Plattform «Covid-Impfungs-tauglich» zu machen.
Die in grösseren Bereichen geschwärzten Dokumente verrieten zwar, wann, wie viel Geld, für welche Aufträge und mit welchen involvierten Personen gesprochen wurden. Unklar bleibt jedoch die Frage nach dem «Warum».
Hinweise und Antworten könnte die Korrespondenz zwischen dem BAG und der Stiftung «MeineImpfungen.ch» liefern. Ein Gesuch von watson zur Einsicht dieser Dokumente – verschickt im März 2021 – bleibt jedoch bis heute hängig. Der Rechtsdienst des BAG verlängerte die Antwortfrist fünf Mal. Aktuell wird eine Antwort bis zum 10. Oktober 2021 in Aussicht gestellt.
Die jüngste Bitte um Geduld wurde vom BAG am selben Tag verschickt, an dem die Stiftung «MeineImpfungen.ch» die Liquidation ankündigte. Das BAG begründet die erneute Wartezeit damit, dass vor der Herausgabe der Korrespondenzen die Stiftung angehört werden müsse. Vom Bundesamt heisst es dazu: «Wir bedauern die erneute Verzögerung.»
Behörden dürfen sich eine längere Zeit zur Beantwortung von Einsichtsgesuchen nehmen, wenn ein Einsichtsgesuch grössere Aufwände bereitet. So sieht es das Öffentlichkeitsgesetz vor. Die längere Zeit muss jedoch «angemessen» sein, wie es die dazugehörige Verordnung präzisiert. Ob das bei rund sechs Monaten Bearbeitungszeit zutrifft, wird nun auf Gesuch von watson der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter im Rahmen einer Schlichtung beantworten müssen.