Das Bundesamt für Statistik erfasst die wöchentlichen Todesfallzahlen der Schweiz. Dabei wird auch mit statistisch erwarteten Werten eine untere und obere Grenze berechnet. Steigen die tatsächlichen Todesfälle über diese Grenze, ereignete sich ein spezielles Ereignis wie starke Grippewellen, ein Hitzesommer oder eben aktuell die Coronakrise.
Wichtig zu wissen: «Die Anzahl Todesfälle wird anhand der bis zum Vortag gemeldeten Fälle für die aktuelle Periode hochgerechnet, unter Berücksichtigung der zeitlichen Verzögerung für die Erstattung einer Meldung», wie das BFS schreibt (genaue Methodik hier).
Die Hochrechnung zeigt: In den letzten drei Wochen lagen die Todesfälle bei Ü65-Jährigen in der Schweiz deutlich über der erwarteten maximalen Grenze.
Mit hochgerechnet 1673,8 Toten über 65 Jahren in der Kalenderwoche 14 (30. März bis 5. April) haben wir einen Höchstwert seit den Erfassungen im Jahr 2010 erreicht. Die zuvor höchste Anzahl Toter innert einer Woche lag im Winter 2015 während der starken Grippewelle bei 1572. In der Woche vom 6. bis 12. April sank die Zahl 2020 wieder auf 1494,4 Fälle.
Bei den Unter-65-Jährigen wirkt sich die Coronakrise wie erwartet wenig auf die Todesfälle aus, sie bleibt praktisch immer im erwarteten Bereich.
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Schauen wir das Ganze etwas genauer an. Wie entwickelten sich die wöchentlichen Todesfälle in Kantonen, welche stark oder weniger stark vom Coronavirus betroffen sind bis zur Kalenderwoche 15, welche am 12. April endete? Aktuellere Zahlen sind aktuell nicht verfügbar.
Wir berechneten dafür die «normalen» Todesfälle mit der blauen Linie, die rote Linie am Schluss zeigt die insgesamte Zunahme durch die Covid-19-Opfer.
Hier wird deutlich: Das Tessin, die Waadt und der Kanton Genf zeigen eine deutliche Zunahme an Todesfällen durch das Covid-19-Virus:
Auch mit Blick auf die ganze Romandie (GE, VD, VS, FR, NE, JU, FR) zeigt sich, dass Covid-19-Tote einen deutlich höheren Ausschlag zeigen als beispielsweise die (starken) Grippewellen.
Weniger betroffen vom Coronavirus ist bekanntlich die Deutschschweiz. Das widerspiegelt sich auch in den Todesfällen. Hier erreichen die Covid-19-Toten die Werte der stärkeren Grippewellen von 2018 und vor allem 2017 nicht.
Wie sich die Coronakrise auf die jährlichen Todesfälle auswirkt, wird erst in einigen Monaten klar sein. Es ist anzunehmen, dass sich das den «erwarteten» Todesfällen angleicht. Denn viele Covid-19-Opfer litten an mindestens einer Vorerkrankung und hatten teilweise keine lange Lebenserwartung mehr.
Brechen wir die Toten auf den Anteil an 100'000 Einwohner herunter, bleiben das Tessin, Genf und die Waadt an der Spitze. Aus der Deutschschweiz kommt Basel-Stadt hinzu.
Insgesamt sind eher die südlichen Kantone stärker betroffen. Mit ein Grund dafür kann sein, dass sich das Virus in der Deutschschweiz später ausbreitete und die Massnahmen dadurch bei noch weniger Fallzahlen getroffen werden konnten. Im Tessin kommt noch die durchschnittlich ältere Bevölkerung hinzu.
Auffallend ist zudem, dass in den drei grossen Schweizer Sprachregionen pro 100'000 Einwohner ein ziemlich unterschiedlicher Anteil Menschen an Covid-19 stirbt.
Während dies im Tessin 60,8 Personen pro 100'000 Einwohner sind (total 215 Tote), liegt die Quote in der Romandie (FR, GE, JU, NE, VD, VS) bei 29,7 Toten (total 656 Verstorbene). Im Gegensatz dazu sterben in der Deutschschweiz nur 7,3 von 100'000 Personen am neuartigen Virus (total 422 Personen).
Warum das so ist, ist nicht geklärt. Was aber auch auffällt: Die Todesfälle pro 100'000 Einwohner passen sich dem benachbarten Ausland an.
Die 7,3 Toten pro 100'000 liegen mehr oder weniger auf dem Niveau von Deutschland (6,1) und Österreich (5,6). Die 29,7 von der Romandie korrespondieren mit den 31,8 von Frankreich. Und die 60,8 Toten pro 100'000 Einwohner des Tessins werden am ehesten von Italien mit 41,6 erreicht.
Na halleluja!
Können wir nun zur bewährten Gesellschaftsordnung mit Rechtsstaat, Demokratie und (sozialer) Marktwirtschaft zurückkehren? Das finde ich nämlich mittelfristig auch ziemlich wichtig...