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Credit Suisse: UBS-Integration, endgültiger Abschied naht

An activist of Scientist Rebellion cleans symbolically.the entrance of the Swiss Bank Credit Suisse at Paradeplatz during a protest against fossil fuel investments, in Zurich, Switzerland on Wednesday ...
Bald eine historische Kuriosität: Der Name «Credit Suisse» wird aus dem öffentlichen Raum verschwinden. (Archivbild)Bild: keystone

«Emotionen werden im laufenden Jahr noch einmal hochgehen»: Credit-Suisse-Abschied naht

2024 gehen die Emotionen in der Schweiz noch einmal hoch – wenn die Integration vollzogen wird.
16.01.2024, 10:3916.01.2024, 10:42
Daniel Zulauf / ch media
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Knapp zehn Monate ist es her, als die UBS ihre ewige Rivalin Credit Suisse in einer Nacht-und-Nebel-Aktion notfallmässig übernommen hat. Äusserlich hat sich für den langjährigen Credit-Suisse-Angestellten Hans Müller (der Red. unter dem richtigen Namen bekannt) nicht viel geändert. Wenn der Marketingfachmann nicht in seinem Zürcher Büro auftaucht, ist er zu Hause online mit seiner Bank verbunden.

Wie immer wird auch der Lohn pünktlich zum Monatsende seinem Konto gutgeschrieben. Doch Hans Müller, ein Familienvater im mittleren Alter, weiss, dass dieser Zustand nicht mehr lange andauern wird. Arbeit hat er schon länger fast keine mehr. Die Credit Suisse hat damit aufgehört, Produkte und Dienstleistungen unter dem eigenen Namen zu bewerben.

Die endgültige Tilgung der Marke ist schon länger beschlossene Sache. Ende August 2023, anlässlich der Bekanntgabe der Geschäftszahlen zum 2. Quartal hatte UBS-Chef Sergio Ermotti die vollständige Integration der Credit Suisse in die UBS angekündigt. Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet und wurde über die Sommermonate hinweg zunehmend zur allgemeinen Gewissheit.

Von der UBS bezahlte Stellensuche

Für die rund 50'000 Mitarbeitenden der 167-jährigen Bank war die Nachricht trotzdem ein Schock – vor allem für die Beschäftigten in der Schweiz. «Wir wissen nicht erst seit März 2023, dass sich die hiesigen Mitarbeitenden der Schweizer Grossbanken sehr stark mit ihrem Institut und dessen Marke identifizieren», sagt Michael von Felten, Präsident des Schweizerischen Bankenpersonalverbandes, im Gespräch. Er gehe deshalb davon aus, «dass die Emotionen im laufenden Jahr noch einmal hochgehen werden».

Der Weg zur Übernahme der CS durch die UBS
Bild: Screenshot chmedia

Der 63-Jährige, der nebst seinem Mandat als Personalvertreter auch als selbstständiger Unternehmensberater tätig ist, glaubt, dass es dann noch einmal richtig emotional werden könnte, «wenn sich alle Credit-Suisse-Angestellten im Zug des formalrechtlichen Fusionsvollzuges offiziell und ganz auf die Farben der UBS einschwören müssen.»

Viele der Ende 2022 noch rund 16'000 Credit-Suisse-Mitarbeitenden in der Schweiz werden ihren Job bei der UBS fortsetzen können und dabei wahrscheinlich von der weit grösseren finanziellen Stabilität der neuen Arbeitgeberin profitieren. Viele werden aber intern oder extern einen neuen Arbeitsplatz finden oder früher als geplant in Pension gehen müssen. Immerhin gibt die UBS gibt diesen Leuten bei ihrer beruflichen Neuorientierung viel Zeit.

Der Sozialplan umfasst ein Coaching-Programm, das de facto einer Verlängerung der Kündigungsfrist um 12 Monate gleichkommt. Hans Müller und Hunderte seiner Kollegen können ihre Stellensuche am bisherigen Arbeitsplatz auf Kosten der UBS durchführen, statt Arbeitslosengeld zu beziehen und die Strukturen der regionalen Arbeitsvermittlungszentren in Anspruch zu nehmen, erklärt von Felten.

Hohes Durchschnittsalter

Mit Prognosen zum Personalabbau hat sich UBS-Chef Ermotti bislang auffallend stark zurückgehalten. Ende August sagte er aber für die Schweiz voraus, dass es am Ende der Coachingperiode doch noch gegen 3000 Entlassungen in der Schweiz geben könnte. Von Felten glaubt, dass es sich bei der Zahl um eine eher grosszügige Schätzung handelt.

Einige von der Restrukturierung betroffene Angestellte könnten schon selbst eine Anschlusslösung gefunden haben, warten mit der Kündigung aber ab, um den zwischen Ende Februar und Anfang März zur Auszahlung fälligen Bonus nicht zu verlieren. Boni sind nicht nur das Ding für Manager mit Millionensalären. Für gewöhnliche Bankangestellte in der Schweiz entspricht der Bonus einem aufgebesserten 13. Monatssalär, auf den viele Mitarbeitende anderer Branchen einen vertraglichen Anspruch haben.

Auch das relativ hohe Durchschnittsalter der Belegschaft könnte UBS in die Hände spielen und mehr Frühpensionierungen statt Entlassungen möglich machen. Und schliesslich hofft Ermotti natürlich, viele flüchtige Credit-Suisse-Kunden zurückzugewinnen. Es sei jedenfalls «sehr zu begrüssen», dass die UBS den Stellenabbau über mehrere Jahre verteile, sagt von Felten. «Aus dem anfänglichen Misstrauen nach Bekanntgabe der Übernahme hat sich ein gutes sozialpartnerschaftliches Verhältnis zwischen uns und der UBS gebildet.»

Im Ausland geht es viel schneller

In den ausländischen Betriebseinheiten schreitet die Restrukturierung viel schneller voran. In der Credit-Suisse-Investmentbank bleibe nur etwa ein Drittel des Personals an Bord, hatte Ermotti bereits im November gesagt. Viele sind seit der Übernahmeankündigung schon freiwillig gegangen, in anderen Fällen seien die Abgänge aber auch «proaktiv vonseiten der Bank» erwirkt worden, sagte der CEO in Schweizer Medien. Am «One Cabot Square», dem Sitz der Credit Suisse Investmentbank in London, seien schon vor der Übernahme mehrere Etagen untervermietet worden.

Durch die Integration würden nun vermehrt Mitarbeitende an den UBS-Standort 5 Broadgate im Zentrum Londons verschoben. «Die Konsolidierung des Real-Estate-Footprint», wie es eine UBS-Sprecherin formuliert, geht in New York in die umgekehrte Richtung. Am imposanten CS-Standort Eleven Madison Avenue, den die Bank längst auch mit zahlungskräftigen Untermietern teilen muss, ziehen jetzt vermehrt UBS-Leute ein.

Bis 2026 will Ermotti mit diesen und anderen Massnahmen die Kostenbasis der neuen UBS um 10 Milliarden Dollar verringern. Das ist der Plan, der die Kursfantasien von Investoren wie Cevian beflügelt. Hans Müller kommt die Börsenbegeisterung derzeit gerade etwas eigenartig vor. Er ist froh, dass er in der Weihnachtszeit nicht arbeitslos war. (aargauerzeitung.ch)

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Am Anfang war der Eisenbahn- und Gotthard-Pionier: Am 16. Juli 1856 nimmt die von Alfred Escher gegründete Schweizerische Kreditanstalt (SKA), Vorgängerin der heutigen Credit Suisse, ihre Geschäftstätigkeit auf. Der Politiker und Wirtschaftsführer leitete die SKA als erster Verwaltungsratspräsident von 1856-1877 und von 1880-1882.
quelle: alfred-escher-stiftung / alfred-escher-stiftung
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