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Wahlkampf-Initiative leicht gemacht: Eine Anleitung in 7 Schritten für Bäumle und Darbellay 

GLP-Präsident Martin Bäumle und CVP-Präsident Christophe Darbellay sind mit ihren Wahlkampf-Initiativen gescheitert. 
GLP-Präsident Martin Bäumle und CVP-Präsident Christophe Darbellay sind mit ihren Wahlkampf-Initiativen gescheitert. Bild: KEYSTONE

Wahlkampf-Initiative leicht gemacht: Eine Anleitung in 7 Schritten für Bäumle und Darbellay 

Die CVP und die GLP sind mit ihren Wahlkampf-Initiativen glatt bis grandios gescheitert. Sie haben sieben Fehler gemacht, die die SVP gezielt vermeidet. 
09.03.2015, 13:2309.03.2015, 16:07
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Die SVP hat es vorgemacht, die CVP und die GLP wollten es nachmachen: Die «Permanenter-Wahlkampf-Initiative», die Wähler für die National- und Ständeratswahlen im Herbst mobilisieren soll. Die SVP war mit der Ausschaffungsinitiative und der Masseneinwanderungs-Initiative erfolgreich. Die GLP und die CVP sind gestern brutal abgeschifft. 

Das war zu erwarten, denn GLP und CVP haben Fehler gemacht. Folgende sieben Punkte sind zwingend zu beachten, wenn man eine wirksame Wahlkampf-Initiative lancieren, bewerben und gewinnen will. 

1. Latentes Unbehagen finden

Eine Wahlkampf-Initiative darf nicht auf dem Reissbrett entstehen. Sie muss eine Lösung für ein Problem versprechen, dass breite Kreise auch wirklich als Problem empfinden oder wenigstens für ein Problem halten, das das weitere Prosperieren der Nation schädigt, wenn nicht etwas unternommen wird. Man muss also im Fussballstadion, an Schwingfesten, an Parteianlässen anderer Parteien, an Stammtischen und in Leserbriefspalten herausfinden, was die Menschen beschäftigt. 

Hätten CVP und GLP das seriös getan, hätten sie gemerkt, dass es dem Mittelstand offenbar nicht so schlecht geht, dass er unbedingt entlastet werden muss und dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sich noch nicht so sehr um die Umwelt sorgen, dass sie 23 Milliarden Franken für einen Liter Benzin zahlen würden. 

2. Simple Botschaft formulieren

Am Anfang einer erfolgreichen Durchführung von Wahlkampf-Initiativen steht die Erkenntnis: Die Aufmerksamkeitsspanne des Stimmbürgers ist kurz, sein Gemüt einfach. Er hat keine Zeit, sich mit komplizierten Vorlagen auseinanderzusetzen, weshalb solche zwingend zu vermeiden sind. Im Idealfall transportiert jede Initiative einer Partei die gleiche Botschaft, dann kann sich der Wähler einfacher merken, wofür eine Partei steht.  

«Ausländer raus!» funktioniert, weil die Botschaft simpel ist und keine Fragen zur Umsetzung aufwirft. «Weniger Bürokratie!» (FDP), «Teures Benzin!» (GLP) oder «Mittelstand entlasten!» (CVP) funktionieren als Botschaften nicht. Entweder weil die Botschaften immer nur bei einer Initiative eingesetzt werden, Lösungen für ein Problem versprechen, das nicht als Problem wahrgenommen wird oder zuviel Folgefragen aufgeworfen werden, mit denen sich niemand befassen will. Etwa «Wie genau entlastet man einen Mittelstand?», «Wie kann man eine Steuer durch eine andere einfach ersetzen?» oder «Wem liegen die Bürokraten auf der Tasche, wenn man sie entlässt?»

3. Nicht an Momentum binden

Permanenter Wahlkampf sollte wirklich möglichst permanent geführt und über viele Legislaturperioden geführt werden. Deshalb muss man bei der Auswahl des Problems, das man zu lösen vorgeben will, darauf achten, dass dieses zeitlos ist und eigentlich nicht gelöst werden kann. Die SVP ist erfolgreich, weil sie auf Angst vor Fremdem setzt. Sowohl Angst als auch das Fremde sind immer vorhanden. Besser geht's nicht. 

Die GLP hingegen hat die Energiesteuer-Initiative im energiewandel-euphorisierten Umfeld von Fukushima ausgeheckt. Von Fukushima redet aber niemand mehr und Fessenheim oder Mühleberg sorgen für zuwenig Schlagzeilen. Die Angst vor Atomunfällen fluktuiert also zu stark. 

Die CVP hat versucht, auf die Verarmungsangst von Mittelstandsfamilien zu setzen, die es leider nicht gibt. Das hätte man bei einem einzigen Besuch in der Zürcher Bahnhofstrasse feststellen können. 

4. Keine zusätzlichen Kosten

Ein Wähler ist ein Steuerzahler. Jedenfalls viele davon. Deshalb darf die vorgeschlagene Lösung nichts kosten, denn dies müsste man begründen, was die Aufmerksamkeitsspanne der meisten anvisierten Wähler übersteigt. Eine gute Wahlkampf-Initiative gibt vor, Kosten einzusparen und zwar für alle, insbesondere «den Steuerzahler». 

Die CVP-Familieninitiative war gebodigt, nachdem die kantonalen Finanzdirektoren Steuerausfälle (Kosten) bezifferten. Die Energiesteuer-Initiative war gebodigt, nachdem die Gegnerschaft ausgerechnet hatte, dass der letzte Liter Benzin 23 Milliarden Franken kosten würde. Das ist zwar nur ein hypothetischer Wert. Aber die Botschaft ist angekommen. 

5. Keine Details

Wichtig ist, dass man Detailfragen konsequent ausklammert. Ausländer müssen raus, ob das völkerrechtlich möglich ist oder nicht, darum gehts nicht, damit sollen sich andere rumschlagen. Es geht um Wahlkampf. Deshalb muss die Argumentation simpel sein. Excel-Tabellen mit Steuerersparnissen für verschiedene Familiengrössen und –einkommen nach Kantonen (CVP) oder Abgleichberechnungen Mehrwertsteuer vs. Energiesteuer (GLP) sind im Abstimmungskampf für eine Wahlkampf-Initiative tödlich. 

6. Nahkampf, Blut

Christoph Blochers Bruder Gerhard hat es richtig gesagt. Politik, «das bedeutet Nahkampf, Blut!». Im Abstimmungskampf für eine Wahlkampf-Initiative müssen die Exponenten der Initiativpartei Durchsetzungsvermögen und den Willen zur rhetorischen Vernichtung des Gegners demonstrieren. Warum soll man die sonst wählen? Wenn die Gegnerschaft einem in einer «Arena» vorwirft, man wolle für den letzten Liter Benzin 23 Milliarden Franken verlangen, muss man genau so unfair zurückschlagen. Auf Off-Topic-Schwachpunkte der Gegner zielen, verunglimpfen, lächerlich machen, der Lüge bezichtigen. Die Angst, danach im Parlamentsbetrieb geschnitten zu werden, ist unbegründet. Wahlkampf ist Wahlkampf, Tagesgeschäft ist Tagesgeschäft.  

7. Journalisten ins Boot holen

Die zuvorkommende Bedienung von verbreitungsstarken Publikumsmedien mit Exklusiv-Informationen ist frühzeitig zu koordinieren. Wenn man es sich nicht leisten kann, Zeitungen zu kaufen oder grosse Plakat- und Inseratekampagnen zu schalten, bleibt nur die redaktionelle Berichterstattung, um Publizität zu schaffen. 

«20 Minuten» und «Blick» erreichen in urbanen und ländlichen Gebieten eine breite Leserschaft. Man muss sicherstellen, dass deren Journalisten in regelmässigen Abständen über die eigene Wahlkampf-Initiative berichten. Ob positiv oder negativ spielt keine Rolle. Wie die SVP seit 20 Jahren demonstriert, kann kontinuierliche negative Berichterstattung sogar nützlicher sein als positive Berichterstattung. 

Falls die Wahlkampf-Initiative so langweilig geraten ist, dass die Journalisten nicht von sich aus darüber berichten wollen, sollte man «brandheisse» und exklusive Informationen aus allen Vorgängen rund um die Bundesratswahlen in Aussicht stellen. Selbstverständlich kann man diese aber nur liefern, wenn man wieder gewählt wird, was bedingt, dass über die Wahlkampf-Initiative berichtet wird, so langweilig sie auch sei. 

Auf das Gegenlesen von Zitaten oder Interviews sollte man verzichten, den Austausch mit den Redaktionen möglichst unkompliziert gestalten. 

Auch hier gilt: Es ist eine Wahlkampf-Initiative, falsche Skrupel sind auszuräumen. 

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