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Bundesanwalt Michael Lauber: Die CVP stellt sich gegen, die FDP hinter ihn

Bundesanwalt Lauber erhält von FDP einen Persilschein – das sagt die CVP

Der Bundesanwalt trat gestern bei zwei Fraktionen zu Hearings an – erneut unter Polizeischutz im Bundeshaus. Nur die FDP unterstützt ihn grossmehrheitlich.
11.09.2019, 05:1911.09.2019, 08:33
Henry Habegger / ch media
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ARCHIBILD ZUR RUEGE DES BUNDESSTRAFGERICHTS ZUM TREFFEN VON LAUBER UND INFANTINO, AM DIENSTAG, 18. JUNI 2019 - Michael Lauber trifft am Montag, 13. Mai 2019 zur Anhoerung der vereinigten Geschaeftspru ...
Bundesanwalt Lauber wird von der CVP nicht mehr empfohlen.Bild: KEYSTONE

Die Szene gestern am frühen Nachmittag war bemerkenswert. Bundespräsident Ueli Maurer (SVP) marschierte ohne Begleitung und mit einer Mappe unter dem Arm ins Bundeshaus. Ein einsamer Demonstrant sprach ihn an, Maurer liess sich von ihm ein Flugblatt übergeben, das die Überschrift «Postfinance boykottiert Kuba».

Drinnen im Bundeshaus, in zehn Metern Luftdistanz, wartete Bundesanwalt Michael Lauber, abgeschirmt von Polizisten, einige in Zivil, vor Zimmer 3 auf seinen Auftritt vor der FDP-Fraktion. Er wolle nicht von Journalisten angesprochen werden, so die Begründung für den Personenschutz laut einem Eingeweihten.

FDP «deutlich» für Lauber

Die FDP entschied «deutlich», Lauber zur Wiederwahl zu empfehlen. «Unter anderem aus Respekt gegenüber der Unabhängigkeit der Institutionen», wie die FDP in einer Mitteilung festhielt. Lauber habe «alle Fragen überzeugend beantworten» können. Allerdings bekam der Bundesanwalt dem Vernehmen nach auch keine heiklen Fragen vorgesetzt.

Lauber ist seit seinen nicht protokollierten Treffen mit Fifa-Boss Gianni Infantino umstritten. Das Bundesstrafgericht hatte ihn deswegen in Fifa-Verfahren in den Ausstand geschickt. Die Gerichtskommission des Parlament empfiehlt ihn nicht zur Wiederwahl, sie wirft ihm unter anderem ein grobfahrlässige Verletzung der Amtspflichten vor.

Die FDP, die als Heimbasis Laubers gilt, begnügte sich damit, einzig und allein den Bundesanwalt anzuhören.

CVP hörte auch die andere Seite an

Auch die CVP hörte Lauber auf dessen Wunsch an, sie hatte allerdings als Gegengewicht auch Hanspeter Uster eingeladen, den Präsidenten der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) eingeladen, sowie Jörg Zumstein, ebenfalls Mitglied der AB-BA und Berner Rechtsanwalt. Die Aufsicht führt gegen Lauber ein Disziplinarverfahren.

Die CVP beschloss, keine Wahlempfehlung abzugeben. «Der CVP ist es ein Anliegen, die Glaubwürdigkeit der Bundesanwaltschaft zu stärken und ihre Unabhängigkeit weiter zu stützen», so die Partei. «Eine «Politisierung» der Wahl des Bundesanwaltes ist der Institution Bundesanwaltschaften unwürdig. Darum wird die CVP-Fraktion keine Wahlempfehlung abgeben und ihre Mitglieder werden sich auf das persönliche Wahlgeheimnis berufen.»

CVP will Wahlprozedere überprüfen

Die CVP-Fraktion halte aber fest, dass sowohl die Rolle der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft wie auch das Wahlprozedere des Bundesanwalts grundsätzlich zu überprüfen sind.

Bis zum Wiederwahl-Termin dauert es noch zwei Wochen, er ist für den 25. September angesetzt. Bis dann wird sich Lauber noch weiteren Fraktionen präsentieren. Stand jetzt ist die SP sehr deutlich gegen ihn, die SVP mehrheitlich, die Grünen praktisch einhellig. Es wird also ganz eng für ihn.

Lauber betreibt einen Wahlkampf und hat eine PR-Agentur angestellt. Der Bundesanwalt hat sich zudem mit dem Zürcher Strafverteidiger Lorenz Erni einen Anwalt für das Disziplinarverfahren genommen. Erni ist auch der Anwalt von Sepp Blatter, dem ehemaligen Fifa-Chef, gegen den Lauber ein Verfahren führt. (mim/aargauerzeitung.ch)

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Michael Lauber gibt PK zum Fifa-Treffen
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Michael Lauber gibt PK zum Fifa-Treffen
Bundesanwalt Michael Lauber will trotz des zunehmenden Drucks Bundesanwalt bleiben.
quelle: epa/keystone / peter klaunzer
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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bokl
11.09.2019 06:41registriert Februar 2014
Polizeischutz wegen Journalisten? Da sagt man in der Schweiz einfach "Kä Luscht!" und gut ist.

Die Eskorte war eher für sein Ego. Ein weiteres Indiz, dass Herr Lauber des Amtes nicht würdig ist.
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Happy_Warbird
11.09.2019 06:31registriert Juli 2019
Somit ist die FDP definitiv nicht wählbar.
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Leader
11.09.2019 06:07registriert September 2018
Ein Theater, bereits seit Monaten, in mehreren Akten.
Eines Landes wie der Schweiz grundsätzlich unwürdig, jedoch wette ich hier:
Am Schluss wird Herr Lauber wiedergewählt.
Im Theater gibt es ja am Schluss ja auch Applaus.
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