Beat Rieder, 57, ist Anwalt und Strafverteidiger. So argumentiert er auch, wenn es um das C der CVP geht: klar, logisch, konsequent, kompromisslos.
Der Walliser Ständerat ist Vizepräsident der CVP Oberwallis. Die C-Familie umfasst dort drei Parteien: CVP Oberwallis (die Schwarzen), CSP Oberwallis (die Gelben) und die CVP Unterwallis.
Weshalb sind Sie so stark dagegen, dass die CVP das C aufgibt?
Beat Rieder: Wenn eine Partei derart starke Selbstzweifel hat, dass sie sogar den Namen wechseln will, dann ist diese Partei nicht mehr stabil. Den Namen zu wechseln, ist für eine Partei die letzte aller möglichen Massnahmen.
Das Präsidium macht dazu eine Umfrage bei der Basis.
Die CVP Oberwallis muss keine Umfrage machen. Wir wissen, dass unsere Basis das C im Namen will. Die Alternative ist die Verwässerung des Wesens der CVP. Der Ruin der Partei.
Sie sprechen wirklich von Ruin?
Die CVP hat nur eine Zukunft mit dem C. Oder sie hat keine Zukunft!
Beat Rieder ist der meistunterschätzte Parlamentarier der Schweiz. 2015 wurde er nach über 20 Jahren Politik im Wallis in den Ständerat gewählt. Er machte sich aus dem 565-Seelen-Dorf Wiler im Lötschental auf, in Bern politische Arbeit für das Gemeinwohl in der Schweiz zu leisten, wie er selber sagt.
Er fasste schnell Fuss. Schon in den ersten beiden Jahren brachte er beim Geldspielgesetz die Idee durch, dass Lotteriegewinne bis zu einer Million Franken steuerfrei sind. 2019 stimmte das Parlament seiner Motion zu einer «Lex China» zu: Die Schweiz soll im Ernstfall rasch eine staatliche Kontrolle für Firmenübernahmen durch Ausländer schaffen können. Vor allem im Visier: Investoren aus China.
Eine Art «Umsturz» («Tages-Anzeiger») scheint ihm in der Parlamentsarbeit zu gelingen. Er will Lobbypolitiker aus den Kommissionen ausschliessen. Seine parlamentarische Initiative für ein Mandatsverbot ging in beiden staatspolitischen Kommissionen durch.
Auch bei der Konzernverantwortungs-Initiative spielt Rieder eine «ganz wichtige Rolle», sagt FDP-Ständerat Ruedi Noser. «Weil er die separate Vorlage von Karin Keller-Sutter als indirekten Gegenvorschlag in die Kommission einbrachte.» Die Einigungskonferenz von National- und Ständerat hat sich vorläufig auf das Ständeratsmodell geeinigt.
Was bedeutet für Sie das C?
Das C ist nicht katholisch. Das ist ein Grundfehler. Das C ist christlich. Leider sind wir nicht in der Lage, dies unseren Wählern klarzumachen. Die CVP Oberwallis verlor in den letzten Jahrzehnten nicht. Die Jungen im Oberwallis gehen aber nicht öfter zur Kirche als ihre Kollegen in Luzern, Aarau oder St. Gallen. Die CVP mit dem C ist eine moderne Partei. Eine christliche Partei.
Modern inwiefern?
Für mich liegt der Ursprung der CVP in der christlichen Soziallehre. Sie hat die Werte der Partei geprägt. Das C bedeutet für mich: Freiheit, Demokratie, Subsidiarität und Solidarität. Subsidiarität heisst: Das Individuum muss zuerst selber seinen Weg finden. Schafft es das nicht, greift die Solidarität.
Das sind Werte der Aufklärung?
Ja. Man kann und muss sie sehr modern interpretieren.
Einige wichtige Vorstösse habe er in seinen knapp viereinhalb Jahren im Parlament durchgebracht, sagt Rieder. Was ist sein Geheimrezept? «Die Idee eingeben und sie laufen lassen.» Und sich selbst «nicht wichtig» nehmen. Auch über den eigenen Schatten springen, wenn jemand eine bessere Idee habe.
Was Rieder nicht explizit sagt: Er bringt seine Vorstösse regelmässig unter Ausschluss der Öffentlichkeit ins Ziel. Wo andere sich brüsten, scheut er die Kameras.
Rieder gilt als «exzellenter Jurist», der in der Rechtskommission sehr wichtig ist, sagt Noser. Er habe noch nie «ein so brillantes juristisches Plädoyer» gehört wie jenes von Rieder zur Konzernverantwortungs-Initiative.
Rieders Erfolge hätten zwei Gründe, sagt CVP-Nationalrat Philipp Matthias Bregy. Er begleitet ihn auf seinem politischen Weg und ist seit 16 Jahren Partner im Advokaturbüro Rieder Pfammatter Bregy. «Er ist er sehr verlässlich ? und sehr arbeitsam.» Das sieht Noser ähnlich. Rieder sei «ein hervorragender, korrekter und fairer Partner», sagt er. «Ein Kollege, den ich nur in den höchsten Tönen loben kann. Ich würde ihn jederzeit einstellen.»
«Wir halten die Schweiz zusammen», heisst der Slogan der CVP. Sie sehen ihn kritisch. Weshalb?
Der Slogan ist völlig falsch. Die CVP kann die Schweiz nicht mehr zusammenhalten. Wir haben für diese Herkulesarbeit einen hohen Preis bezahlt und unser Profil verloren. Die Schweiz als Staat hat davon aber reichlich profitiert.
Was sollte die CVP tun?
Eine klare Linie verfolgen und sagen, wo sie in wichtigen Themen steht. Und dann auch da bleiben! Die CVP versucht aber hektisch und betriebsam, nach einem Erfolg schon den nächsten Kompromiss zu zimmern. Das ist falsch. Wie beim Rahmenabkommen mit der EU. Das ist eine Krux für die CVP. Für mich, der eher am rechten Flügel politisiert, gibt es nur eines: Dieses Abkommen müssen wir ablehnen. Nicht irgendwas zu basteln versuchen.
Hat man die Inhalte vernachlässigt?
Ganz klar. Das liegt aber nicht an Gerhard Pfister. Die Fehler geschahen früher. Wenn du immer die Schweiz zusammenhalten willst, vernachlässigst du anderes. Pfister ist für mich ein hervorragender Analyst und Programmatiker. Aber jetzt hat er den Fokus verloren, weil die Wahlen wohl nicht wie erhofft ausgefallen sind. Das hat aber mit der Programmatik und Ausrichtung der Partei zu tun. In den Kantonen, in denen die CVP verlor, war sie oft Allianzen mit der Linken eingegangen. Beat Vonlanthen, ein hervorragender Ständerat, stand in Freiburg im gleichen Boot wie SP-Ständerat Christian Levrat – und wurde abgewählt.
Im Tessin wurde Ständerat Filippo Lombardi nicht wegen einerAllianz mit Links abgewählt.
Seine Abwahl hatte nichts mit dem C zu tun. Im Tessin heisst die CVP Partito Popolare Democratico.
SP-Nationalrätin Marina Carobbio holte Lombardis Sitz.
Die CVP verliert nie Wähler nach links. Sondern nach rechts. Die Abwahl unseres Fraktionschefs hatte mit der Ausländerproblematik und den Migrationsströmen im Tessin zu tun. Beide Abwahlen waren aber sehr unglücklich und fast schon schmerzlich knapp.
Wenn es Vorbehalte gibt gegenüber Beat Rieder, ist es seine politische Positionierung. «Er ist meiner Ansicht nach ab und zu etwas zu konservativ», sagt Ruedi Noser. Rieder selbst sieht sich als bürgerlichen CVP-Politiker des rechten Flügels, der auch sozial ist. «Wegen des Mandatsverbots für Parlamentarier kommen nun alle Bürgerlichen», erzählt er, «und sagen: Du bist ein linker Hund.»
Rieder sei «kein Karrierist», kenne «keinen Rechenschieber», sagt Advokatur-Partner Bregy. Sei er von etwas überzeugt, lasse er sich nicht unter Druck setzen, ziehe die Position durch.
Macht Ihnen das Zusammengehen von CVP und BDP Probleme?
Ich habe überhaupt kein Problem mit der BDP, kann gut mit ihr zusammenarbeiten. Nur darf die CVP dafür ihr Selbstverständnis nicht aufgeben.
Zur Diskussion steht eine neue Dachmarke. Die Kantonalparteien könnten das C behalten.
Das ist kein Zusammengehen, keine Fusion zweier gleich starker Partner. Die BDP hat schwerste Niederlagen erlitten. Sie möchte mit uns zusammenarbeiten und ist bei uns willkommen. Das betone ich. Wir teilen politisch viel.
Die BDP muss sich bei der CVP eingliedern?
Ja. Dafür muss sie den Namen aber nicht aufgeben. Ich persönlich könnte auf eidgenössischer Ebene problemlos unter dem Namen CVP-BDP politisieren.
Als Dachname?
Das ist mir egal, das sollen dann die Marketing-Fachleute beurteilen. Ich will einfach das C behalten.
Beat Rieder blickt ernst. Wie immer, wenn Kameras und Journalisten in der Nähe sind. «Das wurde ihm schon vorgeworfen», sagt Bregy. «Sind aber die Kameras abgeschaltet, ist er sehr humorvoll, herzlich, gesellig und hilfsbereit.»
Das sieht auch Noser so. Er war bei Beat Rieder im Lötschental. «Er ist der einzige Ständerat», sagt der Zürcher, «mit dem ich je Ski fahren ging.» (bzbasel.ch)
Also muss man das C endlich abschneiden. Wäre eh das beste, Religion hat nichts in der Politik verloren.
Seit 20 Jahren erleben wir an der Urne, dass der Wähler das nicht kauft. Und die Jungen hat die CVP an die SVP, teils auch FDP und SP verloren im Wallis. Villeicht nicht vollständig, aber zu sehr grossen Teilen.
Gut dass auch Herr SR Rieder ein Ablaufdatum hat. Die Reformation ist schon am Laufen :-)