Am Morgen zuerst die Nachrichten auf dem Handy lesen, am Mittag essen, während man durch bedeutungslose Videos scrollt und am Abend mit dem Handy auf dem Nachttisch einschlafen. Solche Abläufe haben wir mittlerweile normalisiert. Nicht nur bei Erwachsenen, sondern immer öfter auch bei Jugendlichen und Kindern.
Obwohl viele denken, dass sie nicht handysüchtig sind, stimmt das nicht immer. Es sind kleine Anzeichen in unserem Alltag, die auf eine schwer überwindbare Handysucht hinweisen.
Wir wollten wissen, ob dies auch schon in der Unter- und Mittelstufe der Fall ist und fragten Schülerinnen und Schüler im Schulhaus Binzholz in Wald ZH, wie sie mit Handys umgehen.
Bei unserer nicht repräsentativen Umfrage auf dem Schulhausareal kristallisierte sich bei diesen 7- bis 12-Jährigen ein Durchschnitt von rund 2,5 Stunden Handygebrauch am Tag heraus.
Machen wir ein Gedankenexperiment. Stellen wir uns vor, ein 9-jähriges Kind hat pro Tag eine Handyzeit von zweieinhalb Stunden und eine Lebenserwartung von 85 Jahren. Zufolge unserer Berechnungen wäre dann das Kind 17,5 Stunden pro Woche am Handy, das sind im Jahr rund 38 Tage. Wenn wir davon ausgehen, dass die Handyzeit konstant bei zweieinhalb Stunden bleibt, würde das Kind bis zum Lebensende sagenhafte acht Jahre am kleinen Bildschirm verbringen.
Wie sieht es schweizweit aus? Die Mike-Studie der ZHAW 2021 hat gezeigt, dass 43 Prozent der beteiligten Kinder zwischen dem Alter von sechs und dreizehn Jahren schon ein eigenes Handy haben. Diese Angaben decken sich mit unseren Beobachtungen.
Das ist deutlich mehr, als was Pro Juventute empfiehlt. Für 9- bis 10-Jährige seien 60 bis maximal 100 Minuten Bildschirmzeit angemessen. Ab 11 Jahren lohnt sich ein abgemachtes Zeitkontingent. Beispielsweise als Faustregel pro Altersjahr eine Stunde wöchentlich. Eine 14-Jährige würde so also auf zwei Stunden pro Tag kommen.
Erhalten Kinder eine unlimitierte Handyzeit, wird dies voll und ganz ausgenutzt. Durch das Handy leiden die zwischenmenschlichen Beziehungen stark. Ein weiteres Problem ist die Langeweile, durch die dauernde Unterhaltung verlernt man damit umzugehen.
Wir haben mit Nina Meier, die Verantwortliche für digitale Medien bei der Suchtprävention Zürcher Oberland, gesprochen. Sie erklärt: «Das Handy ist nicht das, wonach man süchtig ist. Es ist vor allem das Mittel zum Zweck.» Das bedeutet: Man ist spielsüchtig oder hat eine Onlinesucht. Likes oder neue Levels in Games können Glücksgefühle auslösen, die süchtig machen. Meier: «Es kann sein, dass man süchtig wird, wenn man in grossen Ausmassen zu viel konsumiert.»
Durch die zu häufige Handy-Nutzung können sich gewisse Symptome entwickeln. Meier zählt auf: «Ans Handy denken, obwohl man offline ist oder gereizt sein, wenn man nicht ans Handy kann. Schulische Leistungen verschlechtern sich oftmals bei einem zu langen Handykonsum, weil das Handy an erster Stelle steht. Man kann die Kontrolle über sich selbst verlieren.»
Meier sagt aber auch: «Das Handy ist nichts Schlechtes.» Man muss es aber richtig verwenden. Wenn man eine Handysucht bei sich oder bei anderen Mitmenschen vermutet, sollte man dem unbedingt nachgehen und sich, wenn nötig, professionelle Hilfe holen.
Es ist hier durchwegs die Erwachsenenwelt verantwortlich:
- es sind Erwachsene, die sich dumm und dämlich verdienen daran, Kinder & Jugendliche möglichst effektiv süchtig machen mit dem Content auf dem Werkzeug Handy
- es sind Erwachsene, die das eigene Suchtverhalten Kindern und Jugendlichen vorleben
- es sind Erwachsene, die ihre Verantwortung gegenüber Kindern nicht wahrnehmen, z.B. mit einer informierten Begleitung / Regulierung des Handy-Konsums von Kindern.
To blame: infantile Erwachsene!
Wie schon damals bei TV, Video, Games...