Wearables wie beispielsweise die Apple Watch können den Puls messen, Schritte zählen, berechnen, wie viele Kalorien ein Mensch an einem Tag verbrannt und wie viel er geschlafen hat. Die Daten, die dabei erhoben werden, sind durchaus sensibel, machen sie uns alle doch mehr und mehr zum gläsernen Menschen.
Kritiker befürchten seit dem Aufkommen dieser Geräte, dass Krankenversicherungen diese Daten früher oder später dafür nutzen werden, um ihre Kunden in gesundheitsbewusste und gesundheitsunbewusste Patienten einzuteilen und die Prämien dahingehend anzupassen. Entsprechend laut ist der Aufschrei, der gerade in Deutschland durch die Medien geht, weil dort eine erste Krankenkasse den Kauf solcher Geräte subventioniert.
watson hat bei den zehn grössten Krankenkassen in der Deutschschweiz nachgefragt. Und dabei zeigt sich: Auch hierzulande nehmen die Wearables langsam, aber sicher ihren Platz im Gesundheitswesen ein. Am weitesten ist man diesbezüglich bei der CSS: Dort ist aktuell das Pilotprojekt «myStep» – in Kooperation mit der Universität St.Gallen und der ETH Zürich – am Laufen. Kunden, die an diesem aktivitätsfördernden Projekt teilnehmen, haben einen Fitness-Tracker von Fitbit zu vergünstigten Konditionen erhalten.
Das befristete Angebot im Zusatzversicherungsbereich soll die Kunden zu mehr Bewegung animieren. Ziel ist es, täglich 10'000 Schritte zu gehen. «Zum ersten Mal haben wir die Möglichkeit, die Akzeptanz eines auf Selbstvermessung beruhenden Versicherungsangebots im Gesundheitsbereich zu untersuchen», sagt Projektleiter Tobias Kowatsch.
Die Richtung ist deutlich: Über kurz oder lang will das Unternehmen die Nutzung von Fitness-Trackern fest in seinen Angeboten verankern. «Die CSS setzt sich bereits heute dafür ein, dass ihre Kunden zu Vorzugskonditionen Wearable Devices erhalten, die sie in gesundheitsbewusstem Verhalten unterstützen. Darüber hinaus prüft die CSS Möglichkeiten, solche Geräte in Care-Management-Programme oder Produkte zu integrieren – und allenfalls zu subventionieren», so Pressesprecherin Carole Sunier.
Bei der SWICA sind es bisher nur die Mitarbeiter, die Fitbit-Armbänder zu vergünstigten Preisen erhalten. Doch das soll sich bald ändern: «Für 2016 ist die Lancierung einer umfassenden Online-Gesundheitsplattform geplant. Diese soll die Verwaltung von Gesundheitsdaten ermöglichen, Information zu Gesundheitsthemen, Coaching-Funktionen und spielerische Elemente – wie sportliche Wettkämpfe mit anderen Usern – enthalten», so Mediensprecherin Christina Wettstein.
Im Zuge dieser Lancierung sei auch geplant, den Kunden Fitbit-Armbänder oder Wearables anderer Anbieter vergünstigt anzubieten. Ausserdem sollen die gängigsten Sport-Apps mit in die Plattform integriert werden.
Doch was passiert mit den Daten, die erfasst werden? Schon heute können SWICA-Kunden auf einer bestehenden Plattform gewisse Gesundheitsdaten in Form eines elektronischen Patientendossiers hinterlegen. «Diese Informationen sind passwortgeschützt und nur für die Versicherten selbst einsehbar. SWICA hat keinen Zugriff und verpflichtet sich zur Einhaltung der Datenschutznormen», so Wettstein.
Die Kunden können ihre Daten aber freiwillig freigeben, beispielsweise dann, wenn sie an einem Bonusprogramm teilnehmen und von gewissen Prämienrabatten profitieren wollen. Dazu gehören neben Angaben zu sportlichen Aktivitäten auch Informationen zu Ernährung, Entspannung und Prävention.
Ähnlich soll dies bei der geplanten erweiterten Gesundheitsplattform ablaufen. Dort sollen die Kunden Gutscheine gewinnen können, wenn sie beispielsweise eine gewisse Anzahl von Kilometern in einem bestimmten Zeitraum erreicht haben: «In diesem Zusammenhang ist angedacht, die Daten der Tracker direkt zu verwenden. Es werden nur jene Informationen übermittelt, die für die Erreichung der Vorgabe benötigt werden, wie beispielsweise die Anzahl Schritte. Angaben zu Puls oder Schlafstunden werden nicht an uns weitergeleitet», erklärt Wettstein.
Bei dem von der CSS lancierten Pilotprojekt «myStep» bleiben die Daten laut Pressesprecherin Carole Sunier vollständig anonym: «Der CSS-Versicherung werden nur Schrittdaten übermittelt, die durch das Health-IS Lab der Universität St.Gallen und der ETH Zürich anonymisiert ausgewertet werden. Dies lässt keine Rückschlüsse auf Kunden und deren Gesundheitszustand zu. Die Daten werden für keine anderen Zwecke verwendet.»
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) sei über das Pilotprojekt im Vorfeld informiert worden und habe es wohlwollend zur Kenntnis genommen. Dies vor dem Hintergrund, dass es noch weitere solche Produkte gebe und geben werde.
Bei den übrigen acht Versicherungen, die watson angefragt hat, gibt es derzeit noch keine derartigen Angebote. Wie genau die verschiedenen Unternehmen dazu stehen, kannst du im Anschluss lesen:
Helsana: «Wir subventionieren bis auf weiteres keine Fitness-Wearables aus Prämiengeldern. Bisher fehlt für die meisten Apps im Markt ein transparenter und wissenschaftlicher Nutzenausweis sowie der Schutz der Kunden bezüglich Datenhaltung und Datenverwendung. Bevor ein Zuschuss für Software-Apps zum Thema werden kann, muss eine gute und neutrale Qualitätssicherung sichergestellt sein. Der Präventions- und Gesundheitsnutzen entsteht primär aus Bewegung und Verhalten. Dies fördert Helsana zum Beispiel durch Zuschüsse an die Gebühren von uns anerkannter Fitnesscenter.» (Pressesprecher Stefan Heini)
CONCORDIA: «Wir vergüten aktuell keine Beiträge an solche Wearables wie Schrittzähler und Smartwatches. Konkrete Förderungsmassnahmen sind derzeit auch nicht geplant. Je nach Marktentwicklung werden wir zu einem späteren Zeitpunkt die Aufnahme dieser Leistungen in unseren Leistungskatalog prüfen. Selbstverständlich wäre es für uns auch in diesem Fall zentral, alle Datenschutz-Richtlinien einzuhalten, denn der Datenschutz hat für die CONCORDIA einen hohen Stellenwert.» (Pressesprecherin Esther Schmid)
Visana: «Aktuell bezahlen wir keine Beiträge an Wearables. Wir beobachten die weitere Trend-Entwicklung jedoch genau und werden entsprechend darauf reagieren. Auch wenn wir uns dereinst vorstellen könnten, die positiven Resultate von Schrittzählern etc. zu belohnen (zum Beispiel über ein Punktesystem à la Cumulus-Card), so hat gerade die Datenschutzfrage für uns oberste Priorität.» (Pressesprecher David Müller)
Sanitas: «Wir gewähren aktuell keine finanziellen Beiträge an den Kauf von Fitness-Trackern oder ähnlichen Wearables. Generell fördert Sanitas die Bewegung bei Kundinnen und Kunden und gewährt aus Zusatzversicherungen Beiträge an Fitnessabos und Prävention. Sanitas beobachtet die Trends rund um Wearables sehr eng und prüft laufend, welche neuen Angebote und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Digitalisierung in einem modernen Gesundheits- und Krankenversicherungsmarkt für Kundinnen und Kunden interessant sein könnten. Dem Bereich Bewegung und Fitness kommt dabei eine hohe Bedeutung zu. Es ist noch offen, wie ein mögliches neues Angebot ausgestaltet wäre und wann es eingeführt werden könnte.» (Pressesprecherin Claudia Jenni)
KPT: «Bei Schadenfreiheit im Vorjahr erhalten KPT-Kundinnen und -Kunden mit der Krankenpflege-Comfort-Versicherung einen Scheck im Wert von 200 Franken für Fitnessaktivitäten. Leistungen an Fitness-Tracker sind jedoch nicht enthalten und in naher Zukunft auch nicht vorgesehen. In unserer Kundenzeitschrift «Inform» erhalten KPT-Kunden jeweils attraktive Angebote zu Spezialpreisen. So konnten sie in der Vergangenheit beispielsweise ein Fitbit-Armband zu einem vergünstigten Preis erwerben.» (Pressesprecher Erich Wiederkehr)
Atupri: «Leistungen an solche Gadgets sind zurzeit in unseren Versicherungsbedingungen nicht vorgesehen. Sportliche Tätigkeiten unterstützen wir in anderen Formen (zum Beispiel Kurse oder Fitnesscenter). Wir verfolgen die Entwicklung aber laufend. Ob zukünftig auch solche Produkte unterstützt werden und in welcher Form, können wir heute noch nicht abschätzen.» (Pressesprecher André Zangger)
ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG: «Eine Förderung der Nutzung solcher Geräte ist nicht direkt in Planung. Aber wir verfolgen die Digitalisierung im Gesundheitsbereich aufmerksam. Grundsätzlich spricht nichts gegen derartige Zuschüsse. Wichtig ist für ÖKK aber, dass das Sammeln von Gesundheitsdaten einen konkreten Sinn hat. Das heisst: Die gesammelten Daten müssen der Kundin oder dem Kunden direkt helfen, den Lebensstil und das Gesundheitsverhalten zu verbessern. Für uns wäre es zentral, dass alle Versicherten, die ein Gerät zur Messung der persönlichen Gesundheitsparameter verwenden würden, sich der Folgen bewusst wären. ÖKK macht die Versicherten stets darauf aufmerksam und verlangt von ihnen eine Einverständniserklärung.» (Pressesprecher Reto Frick)
EGK-Gesundheitskasse: «Im Bereich von Versicherungslösungen sind bei der EGK keine solchen Zuschüsse geplant.» (Pressesprecherin Ursula Vogt)