Genf, Zürich, Bern, Basel, Winterthur und Biel. Das sind die Städte, die sich in den letzten Monaten für eine versuchsweise Legalisierung von Cannabis eingesetzt haben. Zusammen vereinen sie über eine Million Menschen. Noch bevor ein konkretes Gesuch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) eingereicht wurde, winkt dieses gegenüber der Aargauer Zeitung ab: «Wir sind der Ansicht, dass sich ein Cannabis-Club nicht mit dem Betäubungsmittelgesetz vereinbaren lässt».
Die Städte zeigen sich unbeeindruckt. Das Netzwerk, das ein konkretes Projekt formulieren will, hat sich bereits gebildet. Bisher fehlen Winterthur und Biel, doch könnte sich dies bald ändern, Kontakte haben bereits stattgefunden. Das nächste Treffen der Gruppe, die sich aus Polizeikommandanten und Gesundheitsverantwortlichen zusammensetzt, ist für Ende September geplant. Daran ändert sich nichts, auch wenn Berset schon mal vorsorglich abgewunken hat.
Die Stadt Zürich betonte bereits zu einem früheren Zeitpunkt, dass sich Fortschritte in der Drogen-Liberalisierung nur gemeinsam mit anderen Städten, Kantonen und dem Bund erzielen liessen. «Wir verfolgen genau, was Genf macht. Im Moment liegt aber noch kein konkretes Gesuch vor», betont Vera Schädler vom Zürcher Gesundheits- und Umweltdepartement.
Weil das Projekt beim Bundesamt für Gesundheit noch nicht eingereicht ist, könne Bundesrat Alain Berset diesem auch keine Absage erteilen. Zürich bleibe auf jeden Fall weiterhin in der Arbeitsgruppe mit den anderen Städten. In den Worten von Frau Schädler: «Wir sind grundsätzlich an einem Pilot interessiert.»
Die grüne Gesundheitsdirektorin von Bern, Franziska Teuscher, will ebenfalls nichts von einem gescheiterten Projekt wissen. Auf Anfrage von watson schreibt sie, dass die Städte die drogenpolitischen Pioniere und Motoren seien und «daher auch bei der Regulierung des Cannabiskonsums eine Vorreiterrolle einnehmen müssen». Teuscher ist optimistisch, dass der Bundesrat den Städten eine Bewilligung erteilen wird. Dies, weil die nationale Arbeitsgruppe Suchtpolitik im April zum Schluss kam, dass die repressive Drogenpolitik gescheitert sei.
Auch Winterthur arbeitet trotz den Äusserungen von Berset weiter an der Cannabis-Legalisierung. Bis in einem Jahr muss der Stadtrat berichten, was in Winterthur möglich und machbar ist. «Wir sind etwas weniger weit als andere. Und wir müssen erst die Grundfragen klären, bevor wir entscheiden können, ob wir an einem Projekt mitmachen werden», sagt Winterthurs Sozialvorsteher Nicolas Galladé.
Kanton Genf, der Vorreiter in der ganzen Geschichte, kündigte Anfang des Jahres an, die «Cannabis Social Clubs» auch ohne Einwilligung des Bundes mit zivilem Ungehorsam durchsetzen zu wollen. Soweit soll es aber nicht kommen, wie Sandro Cattacin gegenüber watson erklärt. Der Leiter der Genfer Arbeitsgruppe ist weiterhin optimistisch, dass der Bund die Sonderbewilligung erteilen wird. Falls der politische Wille in Bern vorhanden sei, reiche «eine breite Auslegung des Betäubungsmittelgesetzes», um den Pilot-Versuch zu bewilligen, ist Cattacin überzeugt. Eine Machbarkeitsstudie über den Vorschlag von Cattacins Arbeitsgruppe wurde vom Regierungsrat in Auftrag gegeben und liegt momentan bei der kantonalen Suchtkommission. Im November 2014 soll für den Pilot entschieden werden.
Was, wenn es tatsächlich keine bundesrätliche Bewilligung für die Kiffer-Städte gibt, diese aber trotzdem den Verkauf und Konsum von Cannabis erlauben? Dann müssten die kantonalen Staatsanwaltschaften entscheiden, ob sie eingreifen wollen. «Die Kantone dürfen ein Auge zudrücken, aber sie dürfen nicht gewisse Bundesregeln schlicht nicht anwenden», sagt Staatsrechtler Martin Killias auf Anfrage.
Zurzeit hat der Kanton Genf die besten Chancen, «Cannabis Social Clubs» zu eröffnen: Das Bedürfnis ist überparteilich breit abgestützt und weil der Kanton fast nur aus der Stadt besteht, dürfte die Absprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft leichter fallen.